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LATEINAMERIKA/2293: Staatenbündnis ALBA beschließt Sanktionen gegen Honduras (SB)


Putschisten unnachgiebig - Gespräche der Konfliktparteien festgefahren


Bei einem Treffen des lateinamerikanischen Staatenbündnisses der "Bolivarischen Alternative für unser Amerika" (ALBA) im bolivianischen Cochabamba haben die Mitgliedsländer in Reaktion auf die Krise in Honduras Sanktionen gegen das Putschregime beschlossen. Wie Präsident Evo Morales als Gastgeber der Konferenz mitteilte, sei die Entscheidung über eine Verhängung von Wirtschafts- und Handelssanktionen einstimmig gefallen. Um welche Sanktionen es sich im einzelnen handelt, wurde zunächst nicht bekannt. [1]

Um Präsident Manuel Zelaya zu schützen, der Ende September heimlich in die honduranische Hauptstadt zurückgekehrt war und sich seither in der brasilianischen Botschaft aufhält, wollen die ALBA-Länder die UNO anrufen, damit diese die Unverletzlichkeit der diplomatischen Gesandtschaft Brasiliens in Tegucigalpa gewährleistet. Neben den beiden Gründungsmitgliedern Venezuela und Kuba gehören der ALBA auch Bolivien, Ecuador, Nicaragua und Honduras an. [2]

Unterdessen sind die Gespräche der Konfliktparteien in Honduras über eine Lösung der Krise festgefahren, da das Putschregime nach Angaben von Zelayas Außenministerin Patricia Rodas eine Rückkehr des gestürzten Präsidenten in sein Amt nach wie vor unnachgiebig ablehnt. Während dem Vernehmen nach über die meisten anderen Fragen Einmütigkeit zwischen den Verhandlungsdelegationen erzielt werden konnte, bleibt damit die zentrale Kontroverse weiter ungelöst.

Im Lager des sogenannten Übergangspräsidenten Roberto Micheletti fordert man, den Obersten Gerichtshof des Landes anzurufen, der über eine mögliche Rückkehr Zelayas entscheiden soll. Dieser hingegen verlangt eine diesbezügliche Abstimmung im honduranischen Kongreß. Wenngleich das Parlament Ende Juni die Absetzung Zelayas unterstützt hatte, haben mehrere Abgeordnete inzwischen signalisiert, sie seien bereit, jedes Verhandlungsergebnis zu billigen. Eine solche Stellungnahme seitens des Gerichts liegt hingegen nicht vor, zumal sich die höchsten Richter des Landes bislang als entschiedene Gegner Zelayas erwiesen haben. Dessen Unterhändler Victor Meza wies den Vorschlag als "absolut inakzeptabel" zurück. Da die Putschisten wie schon so oft auf eine Verzögerungstaktik setzen und Zelaya die Zeit davonläuft, will dieser nach den Worten seines Sprechers Ricardo Martinez dem Dialog noch ein Frist von zwei Tagen geben. Sollte es bis dahin zu keiner Einigung gekommen sein, will der honduranische Staatschef die Gespräche abbrechen.

Eigenen Angaben zufolge sind sich die Unterhändler in den meisten Punkten des Vermittlungsplans einig, der vom costaricanischen Präsidenten Oscar Arias vorgelegt worden war. Demnach soll nach den Präsidentschaftswahlen vom 29. November eine Regierung der nationalen Einheit gebildet werden. Für politische Vergehen in der Zeit vor und nach dem Putsch soll es keine Amnestie geben. Als schwerwiegendste Einbuße zu Lasten des Widerstands gegen das Regime gilt Zelayas Verzicht auf eine Verfassungsreform und die Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung, die vor allem von sozialen Bewegungen gefordert wird.

Die Widerstandsbewegung verlangt neben der Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Wiedereinsetzung Manuel Zelayas ins Präsidentenamt die Wahl einer verfassunggebenden Versammlung, um dem angestrebten Reformprozeß eine greifbare Struktur zu verleihen. Sollten die Putschisten Zelayas Rückkehr weiterhin verhindern, will man zum Boykott der für den 29. November angesetzten Wahlen aufrufen. Die Putschisten hatten von Anfang an vor, ihren Staatsstreich mit Hilfe dieser Wahl nachträglich zu legitimieren. Unter den Bedingungen der Repression kann es keine freien Wahlen geben.

Dies hat auch Präsident Zelaya vor wenigen Tagen in einem Interview unterstrichen, der dabei den von den Putschisten geplanten Wahlgang mit jenen in Afghanistan oder im Irak verglich. [3] Wenn die Menschen vor den Gewehrläufen abstimmen müßten, wären solche Wahlen eine betrügerische Befragung des Volkes, da in einer Demokratie nicht Angst und Schrecken herrschen dürften. Freie Wahlen setzten einen ehrlichen und freien Wettbewerb und eine gleichberechtigte Beteiligung aller, die bei diesen Wahlen antreten, voraus. Würden die Wahlen jedoch unter einer totalitären Regierung durchgeführt, hätten sie keinerlei Gültigkeit und würden vom Volk nicht anerkannt.

Anmerkungen:

[1] Festgefahrene Gespräche über Zukunft von Honduras. Zelaya gibt noch zwei Tage Zeit für Verhandlungen (17.10.09)
NZZ Online

[2] ALBA-Länder erlassen Sanktionen gegen Honduras wegen Zelaya (17.10.09)
http://www.google.com/hostednews/afp/article/ALeqM5g- T91EWLky2yMM32xiyxORcAdGtw

[3] "Das Volk ist nicht aufzuhalten" (16.10.2009)

junge Welt 16.10.2009

17. Oktober 2009