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MILITÄR/795: Söldnerunternehmen im Kriegs- und Geldrausch (SB)


Söldnerunternehmen im Kriegs- und Geldrausch

ArmorGroup fliegt aus Kabul raus - und landet wieder sanft in Bagdad


Der globale Antiterrorkrieg, den die US-Regierung nach den Flugzeuganschlägen vom 11. September 2001 entfesselte, hat - von den Tausenden getöteter und verletzter Soldaten und Aufständischer einmal abgesehen - Hundertausende Zivilisten das Leben gekostet und Millionen von Irakern, Afghanen und Pakistanern zu Flüchtlingen gemacht. Der Irak liegt am Boden. In Afghanistan ist vom versprochenen Wiederaufbau wenig bis gar nichts zu merken. Pakistan droht vollends ins Chaos zu stürzen. Mehr als acht Jahre danach ist der Krieg der USA und ihrer Verbündeten gegen das Schreckgespenst des "islamischen Extremismus" zum Selbstzweck geworden. Fest steht, daß er jene "Sicherheit", deren "Bürde" der Aufrechterhaltung die USA laut ihrem Präsidenten Barack Obama bei seiner Rede am 10. Dezember anläßlich der Annahme des Friedensnobelpreises seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges in beispielloser Selbstaufgabe allein tragen, in keiner Weise erhöht. Im Gegenteil treiben die Anwesenheit und die Aktivität westlicher Streitkräfte in den Ländern der islamischen Welt immer mehr junge Männer in den Aufstand. Nutznießer dieser fatalen Entwicklung sind vor allem die neuen Sicherheitsunternehmen, die nicht nur im Kriegsgebiet, sondern auch an der Heimatfront in den Industrieländern immer mehr Armee- und Polizeiaufgaben übernehmen und dafür Geld in schwindelerregender Höhe verlangen.

Führender Vertreter dieser Branche ist das US-Unternehmen Blackwater des ehemaligen Kampfschwimmers Erik Prince, das sich in etwas mehr als zehn Jahren von einem Schießübungsplatz für Soldaten, Polizisten und Privatleute in North Carolina zur größten Privatarmee der Welt mit eigener Luftwaffe und Geheimdienstabteilung sowie besten Verbindungen zum Pentagon, zum State Department und zur CIA entwickelt hat. Der Wert der Aufträge, die Blackwater seit 2001 vom Auslandsgeheimdienst, Außenministerium und Verteidigungsministerium der USA an Land hat ziehen können, wird auf mehr als 1,5 Milliarden Dollar geschätzt. 2004 wurde Blackwater weltweit bekannt, als vier seiner Mitarbeiter bei einer Fahrt durch die irakische Stadt Falludscha überfallen, getötet und ihre teilweise schwerverbrannten, verstümmelten Leichen aufgehängt zur Schau gestellt wurden. 2007 haben sich die Leute von Blackwater revanchiert, als fünf von ihnen, die einen Konvoi des US-Außenministeriums durch Bagdad begleiteten, sich den Weg durch einen Stau auf dem Nisour-Platz einfach freischossen und dabei 17 umbewaffnete Verkehrsteilnehmer töteten.

Seit diesem Vorfall, der Empörung in der ganzen Welt, allen voran im muslimischen Teil, auslöste, hat sich Blackwater weitestgehend aus dem Irak zurückgezogen. Die Firma, die sich inzwischen in Xe Services umbenannt hat, verdient inzwischen um so mehr am Krieg der USA in Afghanistan. In den letzten Wochen sorgten Berichte der US-Presse für Schlagzeilen, wonach Blackwater-Leute nicht nur auf einem geheimen Stützpunkt in Pakistan die Predator- und Reaper-Drohnen der CIA mit Hellfire-Raketen bestücken, sondern sich dort auch an Operationen der US-Spezialstreitkräfte zum Aufspüren und zur Liquidierung von "Terroristen" beteiligen. Enthüllt wurde dieses Treiben von Jeremy Scahill in einem am 23. November in der linksliberalen Zeitschrift The Nation unter der Überschrift "Blackwater's Secret War in Pakistan" erschienenen Bericht. Teilweise Bestätigung für die Angaben Scahills lieferten am 11. Dezember in einem Artikel der New York Times James Risen und Mark Mazzetti unter der Überschrift "Blackwater Guards Tied to Secret Raids by the C.I.A."

Wie weit das Outsourcing beim US-Militär vorangeschritten ist, zeigt eine Angabe aus einer vor kurzem veröffentlichten Congressional Research Study, derzufolge im vergangenen März in Afghanistan den dort stationierten 48.000 US-Soldaten 70.000 Mitarbeiter ausländischer Sicherheitsunternehmen gegenüberstanden. Und daß dieses Phänomen noch lange nicht seinen Zenit überschritten hat, möglicherweise ganz am Anfang seiner Entwicklung ist, lassen zwei Meldungen über den angloamerikanischen Söldnerdienst ArmorGroup erahnen. 2007 hatte dieser einen Auftrag in Höhe von 189 Millionen Dollar zum Schutz der US-Botschaft in Kabul erhalten. Im vergangenen September kam es zum Skandal, als bekannt wurde, die ArmorGroup-Mitarbeiter feierten in ihren Wohnquartieren in der afghanischen Hauptstadt regelmäßig wilde Sauforgien, bei denen die amerikanischen Söldner ihre ausländischen Kollegen sexuell erniedrigten und mißhandelten. In Reaktion auf die peinliche Enthüllung gab am 8. Dezember das Außenministerium in Washington die Aufkündigung des Vertrages mit ArmorGroup bekannt. Lange dürfte die Enttäuschung bei der Konzernleitung nicht gewährt haben. Nur vier Tage später gab die staatliche irakische Luftlinie ihrerseits bekannt, den Auftrag zum Schutz und zur Sicherung des internationalen Flughafens von Bagdad an ArmorGroup vergeben zu haben. In der entsprechenden Meldung der Nachrichtenagentur Aswat Al Iraq wurde der finanzielle Umfang des Auftrages nicht erwähnt. Man kann jedoch davon ausgehen, daß er als Ausgleich für den Rauswurf aus der US-Botschaft in Kabul mehr als ausreichen wird.

13. Dezember 2009