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MILITÄR/844: US-Militaristen lehnen Kürzungen im Wehretat ab (SB)


US-Militaristen lehnen Kürzungen im Wehretat ab

Panetta und McCain halten am aufgeblähten Verteidigungsapparat fest


Die aktuelle Wirtschaftskrise in den USA zwingt die Regierung in Washington zu einem drastischen Sparkurs. Die Blockadehaltung der oppositionellen Republikaner im Kongreß hat jedoch eine Einigung mit der demokratischen Administration von Präsident Barack Obama über den optimalen Weg, die Ausgaben des Staates zu verringern und die Einnahmen zu erhöhen unmöglich gemacht. Deshalb haben sich beide Seiten vor einigen Wochen auf die Einrichtung eines von Kongreßabgeordneten und Senatoren der Demokraten und Republikaner paritätisch besetzten "Superkomitees" geeinigt, das hinter verschlossenen Türen die schwierigen Entscheidungen fällen soll, die dann später vom Kongreß verabschiedet und vom Präsidenten unterzeichnet werden. Die Lösung des großen fiskalischen Streits zwischen Weißem Haus und Kapitol hat jedoch einen Haken. Die Militaristen beider Parteien lehnen Kürzungen im Wehretat kategorisch ab und kündigen bereits jetzt an, ihre Verabschiedung im Kongreß zu verhindern.

Mit Leon Panetta sitzt der profilierteste Gegner einer Beschneidung der US-Militärausgaben, die derzeit rund eine Billion Dollar im Jahr betragen, im Kabinett. Der neue US-Verteidigungsminister, der in den vergangenen zweieinhalb Jahren das Amt des CIA-Direktors bekleidete, hat vor kurzem für Schlagzeilen mit der Äußerung gesorgt, jede Verringerung des Pentagonhaushalts, die über die im Frühjahr vereinbarten Kürzungen von 350 Milliarden Dollar über die kommenden zehn Jahre hinausginge, hätte "katastrophale" Auswirkungen auf die Fähigkeit der US-Streitkräfte, für "Frieden" und "Stabilität" auf dem Globus zu sorgen. Unterstützung erhält Panetta von der Generalität, die das strategische Konzept der USA, stets gleichzeitig zwei mittelgroße Kriege im Ausland führen zu können, gefährdet sehen.

Bei einem Auftritt am 13. Oktober vor dem Verteidigungsausschuß des Repräsentantenhauses hat sich Panetta, der der Kammer selbst lange Jahre als Kongreßabgeordneter aus Kalifornien angehörte, erneut gegen Einschitte im Wehretat ausgesprochen. Ohne im Einzelnen auf die eventuellen Auswirkungen eines verkleinerten Pentagonhaushalts einzugehen, erklärte er einfach, weitere Kürzungen würden es dem US-Militär "schwierig" machen, seine mehr als 700 Stützpunkte in Übersee weiterhin zu unterhalten. Und da man sich im Pentagon am weltumspannenden Basenimperium der USA klammert, schlug Panetta statt dessen Steuererhöhungen vor. Mit weniger Geld auskommen zu müssen, wäre für das US-Militär ein "vernichtender Schlag", so Panetta, der damit gezielt das Szenario eines Untergangs der USA als Supermacht an die Wand malte.

Die hysterischen Warnungen Panettas scheinen ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben. Als am selben Tag ein Reporter John McCain zu seiner Meinung über den Haushaltsstreit fragte, stellte sich der langjährige republikanische Senator aus Arizona voll auf die Seite des demokratischen Pentagonchefs. Der Vietnamkriegsveteran und ehemalige Bomberpilot, der seit Jahren im Verteidigungsausschuß des Senats sitzt und sich dort als Politiker mit dem meisten militärischen Sachverstand aufspielt, erklärte unumwunden, er und seine Gesinnungsgenossen würden keine Entscheidung des Superkomitees zur Verkürzung der Ausgaben des Pentagons akzeptieren, sondern sie gegebenenfalls bei den Abstimmungen im Repräsentantenhaus und Senat zu Fall bringen. Offenbar hat die Politelite in Washington größte Schwierigkeiten, mit der wirtschaftlichen Realität und der Vorstellung einer bescheideneren Rolle der USA auf der internationalen Bühne klarzukommen.

15. Oktober 2011