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MILITÄR/934: US-Militär - neue Bündnisse, alte Methoden ... (SB)


US-Militär - neue Bündnisse, alte Methoden ...


Gemäß der 2018 National Defense Strategy wollen die USA die Zahl ihrer Streitkräfte, die weltweit mit der Terrorbekämpfung befaßt sind, erheblich reduzieren, um die für die "'Großmacht'-Konkurrenz" insbesondere mit Rußland und China erforderlichen Kapazitäten in den Bereichen Personal und Kriegsgerät freizusetzen. In Afrika werden die ersten Folgen des Kurswechsels sichtbar. Dort treten US-Militärs fast nur noch in leitender, beratender Funktion auf. Die Hauptlast des Kampfes gegen religiös oder ethnisch geprägte Rebellengruppen tragen Soldaten des jeweiligen Partnerlands, die häufig unterbezahlt und schlecht ausgebildet sind und in der Folge in Gegenden, wo die Bevölkerung der Zentralregierung kritisch bis ablehnend gegenübersteht, als Repressionsapparat und Todesschwadrone in einem auftreten.

Am 10. Februar erschien in der Online-Ausgabe der Pentagon-eigenen Military Times unter der Überschrift "Special operations launches 'secret surrogate' missions in new counter-terrorism strategy" ein aufschlußreicher Artikel darüber, wie die US-Streitkräfte mit Hilfe afrikanischer Militärs künftig auf dem schwarzen Kontinent die Aufgabe Terrorbekämpfung zu bewerkstelligen gedenken. In dem Artikel griff Autor Kyle Rempfer in nicht geringem Umfang auf aufschlußreiche Aussagen zurück, die Generalmajor James Hecker, Stellvertretender Operationsleiter im Büro der Vereinigten Stabschefs im US-Verteidigungsministerium, beim Auftritt vor dem Kongreß in Washington am 6. Februar gemacht hatte.

In diesem Zusammenhang lobte Hecker das sogenannte "Afrika-Optimierungsmodell", mittels dessen AFRICOM amerikanische Streitkräfte durch einheimische ersetzen und damit erstere für die sich zuspitzenden Konfrontationen in Osteuropa und Ostasien freisetzen konnte: "Genauso wie wir es in Afrika gemacht haben, werden wir es in der restlichen Welt tun. In dem Maße wie wir Soldaten abziehen, werden wir auf unsere Partnermächte und die bereits erwähnten 127-Echo-Programme zurückgreifen, um den Druck auf den Gegner aufrechtzuerhalten."

Bei den weitgehend geheimen 127-Echo-Programmen kann das Pentagon laut Hecker "zu niedrigen Kosten und bei reduziertem Risiko" für die eigenen Soldaten seine Anti-Terror-Operationen in Afrika durchführen. Interessant ist hierbei, was die US-Generalität unter "niedrigen Kosten" versteht. Im Military-Times-Artikel heißt es, der Etat für die 127-Echo-Operationen belaufe sich auf 100 Millionen Dollar jährlich. Nichtsdestotrotz schloß Hecker seine Ausführung mit dem positiv klingenden Fazit ab: "Der kleine Fußabdruck, der der Vorgehensweise der 127-Echo-Programme innewohnt, reduziert nicht nur den Bedarf an größeren Entsendungen amerikanischer Truppen, sondern trägt auch zu einer Situation bei, in der sich lokale Streitkräfte das Problem zu eigen machen."

Wie die Umsetzung solcher Absichten in der Realität ausfällt, läßt sich anhand jüngster Ereignisse in Burkina Faso erahnen, wo das amerikanische und das französische Militär seit 2017 zusammen mit den Truppen von Präsident Roch Marc Christian Kaboré Al Kaida im islamischen Maghreb (AQIM) bekämpfen. Der Kampf verläuft dort eher schlecht als recht. Wegen wiederholter Überfälle sah sich im vergangenen Dezember die Regierung in Ouagadougou genötigt, in mehreren nördlichen Provinzen den Ausnahmezustand zu verhängen. Am 1. Februar ist Burkina Faso als 76. Staat dem Partnerschaftsprogramm mit der U. S. National Guard, das sich über die Bereiche Ausbildung, Ausrüstung, Heimatschutz, Katastrophenschutz, Koordination staatlicher Stellen u. v. m. erstreckt, beigetreten.

Am 6. Februar berichtete die Nachrichtenagentur Reuters sowie der Angry Arab Blog von einem blutigen Vorfall im Norden Burkina Fasos, bei dem es sich allem Anschein nach um ein größeres Massaker gehandelt hat. Als Reaktion auf einen Überfall irgendwelcher Rebellen am 4. Februar nahe der Grenze zu Mali, bei dem 14 Menschen ums Leben kamen, haben zwei Tage später die Soldaten Kaborés mehrere Dörfer vom Boden sowie aus der Luft angegriffen und dabei nach eigenen Angaben "146 Terroristen neutralisiert". Ob die Truppen Ouagadougous hierbei die Unterstützung ausländischer Streitkräfte - etwa Luftunterstützung der Amerikaner oder Franzosen - erhielten, ging aus den beiden Meldungen nicht hervor. Auf Grundlage eigener Telefongespräche mit Augenzeugen vor Ort sprach Corinne Dufka, Leiterin der Abteilung Westafrika bei der New Yorker Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW), gegenüber Reuters jedoch offen von "Vergeltungsaktionen gegen die Zivilbevölkerung".

14. Februar 2019


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