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NAHOST/924: Heuchlerische Aufregung um iranischen Satelliten (SB)


Heuchlerische Aufregung um iranischen Satelliten

Obama will Dialogbereitschaft aber auch Härte gegenüber Teheran zeigen


Rechtzeitig zu den Feierlichkeiten um den 30. Jahrestag der Islamischen Revolution hat der Iran in der Nacht auf den 3. Februar erstmals mit einer eigenen Rakete vom Typ Safir einen ebenfalls eigenen Telekommunikationssatelliten in eine Umlaufbahn um die Erde befördert und dort erfolgreich ausgesetzt. Diese technische Meisterleistung ist für die Führung in Teheran und das iranische Volk Grund zum Stolz, ist doch der Iran erst die neunte Nation der Erde nach Rußland, den USA, Frankreich, Großbritannien, China, Japan, Indien und Israel, der so etwas gelungen ist. Im Westen dagegen gönnt man den Iranern den technologischen Fortschritt offenbar nicht. Führende Regierungsmitglieder aus den größten NATO-Mitgliedsländern fühlten sich veranlaßt, die gelungene Aussetzung und Inbetriebnahme des iranischen Himmelkörpers mit dem Namen "Omid" ("Hoffnung") zum unverschämten Schlag gegen die internationalen Bemühungen um Frieden im Nahen Osten aufzubauschen.

Am 3. Februar zeigte das iranische Staatsfernsehen Bilder, wie Präsident Mahmud Ahmadinedschad, der im Juni wiedergewählt werden will, den Befehl zum Raketenstart gab. Etwas später erklärte Ahmadinedschad seinen Landsleuten, mit der Aussetzung des Satelliten in einer Umlaufbahn sei Irans "Anwesenhenheit im All in die Geschichtsbücher offiziell eingetragen worden". In Washington, wo am selben Tag Hillary Clinton, Außenministerin der neuen Regierung Barack Obamas, zum erstenmal die Amtskollegen David Milliband aus Großbritannien und Frank-Walter Steinmeier aus Deutschland im State Department empfing, gaben sich alle besorgt und konsterniert angesichts der jüngsten Nachrichten vom Persischen Golf. Einstimmig mißbilligten Clinton, Milliband und Steinmeier den iranischen Satellitenstart vor der Presse als etwas, das unweigerlich zu "Spannungen" in der Region zwischen Mittelmeer und Indischem Ozean führen würde.

Den Äußerungen der drei Außenminister zufolge stand bei deren Beratungen die Iran-Politik ganz oben auf der Tagesordnung. Gemäß Wahlkampfversprechen will Obama Gespräche mit der Regierung in Teheran aufnehmen, ohne sich jedoch allzusehr dem Vorwurf der US-Neokonservativen auszusetzen, er gehe mit dem vermeintlichen "Schurkenstaat" und "Terrorförderer" Iran zu leichtfertig um. Seit langem werfen Kriegsfalken in den USA und Israel den Iranern vor, unter dem Vorwand ihres Kernenergieprogramms heimlich die Entwicklung und den Bau eigener Atombomben zu betreiben. Die Tatsache, daß die Experten der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO), die für die Überwachung der iranischen Nuklearanlagen zuständig sind, bis heute keinen stichhaltigen Beweis für die Existenz eines iranischen Atomwaffenprogramms gefunden haben, hat der künstlich erzeugten Hysterie um dieses Thema keinen Abbruch getan.

Das Gegenteil ist der Fall. Die USA und mit ihnen ihre europäischen NATO-Verbündeten verlangen von den Iranern, daß sie die Urananreicherung einstellen, und haben sogar diese vom Atomwaffensperrvertrag nicht gedeckte, eigentlich unzulässige Forderung an eine Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen koppeln können. Vor diesem Hintergrund soll es bei den Gesprächen Clintons mit Milliband und Steinmeier darum gegangen sein, wie Washington Teheran einerseits Dialogbereitschaft signalisieren kann, während es gleichzeitig jedoch mit weiteren schärferen Sanktionen für den Fall droht, daß die Islamische Republik der Forderung nach Einstellung der Urananreicherung nicht nachkommt. In Washington haben die beiden Europäer der neuen Obama-Regierung größtmögliche Unterstützung in der Iran-Politik versprochen und sich notfalls zur Verhängung und Durchsetzung weiterer diplomatischer und wirtschaftlicher Sanktionen gegen den Iran bereiterklärt.

Vor diesem Hintergrund bot der Start vom Omid den Verfechtern einer harten Haltung gegenüber Teheran eine perfekte Gelegenheit, die iranische "Bedrohung" an die Wand zu malen. In einer offiziellen Stellungnahme erklärte Obamas Pressesprecher Robert Gibbs, "diese Aktion" erwecke bei der neuen US-Administration nicht den Eindruck, "daß der Iran verantwortungsvoll" handele, "um Stabilität und Sicherheit in der Region" Nahost/Zentralasien "voranzutreiben". In einem Artikel der New York Times vom 4. Februar mit der entsprechenden Überschrift "For Obama's Iran Plan, Talk and Some Toughness" war davon die Rede, daß der Satelliten-Start der Iraner die ohnehin vorhandenen "Impulse" der Obama-Regierung, gegenüber Teheran einen harten Kurs einzuschlagen, "verstärken" könnte.

Konkreten Ausdruck dürfte dieser harte Kurs in den nächsten Tagen erhalten, wenn Obama wie erwartet Dennis Ross, den ehemaligen Nahost-Sondergesandten Bill Clintons, zu seinem Iran-Beauftragten, und Gary Samore, der unter Clinton im Bereich der Rüstungskontrolle arbeitete, zu seinem Beauftragten für die Bekämpfung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen ernennt. Beide Männer gehören - Ross als Mitbegründer, Samore als Mitglied des Beratergremiums - der pro-israelischen Lobby-Gruppe United Against Nuclear Iran an, die ihre Aufgabe darin sieht, dafür zu sorgen, daß der Iran niemals in den Besitz der Atombombe gelangt.

5. Februar 2009