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NAHOST/1276: Ägypten und Israel machen den Gazastreifen zur Hölle (SB)


Ägypten und Israel machen den Gazastreifen zur Hölle

Die PLO unterstützt die Drangsalierung der eigenen Landsleute in Gaza



Seit 2007 versucht Israel mit einer drastischen Wirtschaftsblockade die Regierung der islamischen Hamas-Bewegung im Gazastreifen zu stürzen. 2011 wendeten sich die Dinge für die 1,8 Millionen Menschen in dem 360 Quadratkilometer großen Küstenstreifen zwischen Israel und Ägypten zum Besseren, als in Kairo Hosni Mubarak durch eine demokratische Protestwelle von der Macht weggefegt wurde und es dadurch am Grenzübergang Rafah zu Erleichterungen bei Ein- und Ausreise sowie im Handel kam. Als im Sommer 2012 Mohammed Mursi von der Moslembruderschaft der erste frei gewählte Präsident Ägyptens wurde, versprachen sich die Menschen im Gazastreifen eine deutliche Verbesserung ihrer Lage. Schließlich ist die palästinensische Hamas vor rund vierzig Jahren aus der Moslembruderschaft Ägyptens hervorgegangen. Doch seit dem Putsch des ägyptischen Militärs am 3. Juli verschlechtern sich die Lebensbedingungen im Gazastreifen rapide. Die ägyptischen Streitkräfte haben seitdem mehr als 90 Prozent der mehreren Hundert Tunnel zerstört, durch die seit Jahren ein Großteil der Güter des alltäglichen Lebens in den Gazastreifen geschmuggelt werden.

Bereits letztes Jahr hatte das UN-Flüchtlingshilfwerk in einem umfassenden Bericht die unerträglichen Zustände im Gazastreifen beklagt und prognostiziert, daß eine Fortsetzung der israelischen Blockade Gazastadt und Umland bis 2020 unbewohnbar machen würde. Durch die Machtübernahme der mit Israel kooperierenden Militärs in Ägypten hat sich der negative Trend im Gazastreifen in einem fast unvorstellbaren Ausmaß beschleunigt. Die Zerstörung der meisten Tunnel hat die Einfuhr von Diesel in den Gazastreifen stark gedrosselt. Dadurch mußte das einzige Kraftwerk dort, das 30 Prozent des Energiebedarfs deckt, vom Netz genommen werden. Dies wiederum hat nicht nur dazu geführt, daß der Betrieb in den Krankenhäusern stark eingeschränkt ist, sondern auch, daß die 13 Klärwerke des Gazastreifens überlaufen. Wie die New York Times am 21. November berichtete, fließen 325.000 Quadratmeter unbehandeltes Abwasser jeden Tag ins Mittelmeer, während Teile des dichtbewohnten Gazastreifens von der giftigen Brühe überschwemmt sind. Es besteht akute Seuchengefahr.

Von der im Westjordanland regierenden Autonomiebehörde, die derzeit auf Druck der USA Friedensverhandlungen mit Israel führt, haben die Gazabewohner keine Hilfe zu erwarten. Seit die Hamas 2006 die Fatah-Bewegung bei den palästinensischen Parlamentswahlen klar besiegt hat und ein Jahr später im Gazastreifen dem versuchten Putsch der einstigen palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) zuvorgekommen ist, stehen beide Formationen miteinander auf Kriegsfuß. Während Israel weiterhin die jüdischen Siedlungen im Westjordanland und im arabischen Ostjerusalem kräftig ausbaut, gehen die Sicherheitskräfte von PLO-Chef Mahmud Abbas, der von der "internationalen Gemeinschaft" als palästinensischer "Präsident" anerkannt wird, gegen alle Gegner der Friedensverhandlungen zwischen Ramallah und Tel Aviv mit Repressalien vor. Dies berichtete am 29. November Ola al-Tamimi in der arabischen Zeitung Al-Akhbar.

Statt die Not der eigenen Landsleute im Gazastreifen zu lindern, erhöht die palästinensische Autonomiebehörde sie. Vor wenigen Tagen hat die Regierung in Ramallah die bisherige Steuerbefreiung für Diesel, der von Israel legal nach Gaza eingeführt wird, gestrichen. Dadurch hat sich der Preis für den Liter Diesel in Gaza von 79 Cent auf 1,62 Dollar quasi über Nacht mehr als verdoppelt. Hinter der perfiden Entscheidung der Abbas-Clique steckt die Absicht, den Druck auf die Hamas-Regierung zu erhöhen und sie in den Augen der Bewohner des Gazastreifens für die unerträgliche Misere verantwortlich zu machen. Meldungen der Zeitschriften Economist und Al-Monitor zufolge hat sich in den letzten Tagen der ehemalige palästinensische Sicherheitschef Mohammed Dahlan in Kairo mit dem ägyptischen Putschführer General Abdul Fattah Al Sisi getroffen. Die spektakuläre Nachricht hat in der Region Spekulationen ausgelöst, daß demnächst eine Brigade der PLO mit Hilfe der ägyptischen Streitkräfte versuchen könnte, von Al Arish aus in den Gazastreifen einzumarschieren und das Hamas-"Regime" gewaltsam zu stürzen.

30. November 2013