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NAHOST/1289: Syriens Rebellen planen neue Offensive im Süden (SB)


Syriens Rebellen planen neue Offensive im Süden

Steht die Verhängung einer Flugverbotszone der NATO bevor?



In Syrien tobt der Bürgerkrieg weiterhin auf hohem Niveau. Erbittert versuchen die Rebellen die Kleinstadt Jabrud, ihre letzte Hochburg in der strategisch wichtigen Region Qalamun nahe der Grenze zum Libanon, zu halten. Im Nordwesten nahe Aleppo setzen die Regierungstruppen ihre Offensive fort, während sich im Nordosten kurdische und christliche Milizen gemeinsam gegen die radikalsunnitischen Salafisten der Gruppe Islamischer Staat im Irak und der Levante (ISIL) zur Wehr setzen. ISIL, der wegen ihrer Brutalität und mangelnder Kooperationsbereitschaft den anderen aufständischen Kampfverbänden gegenüber vor kurzem von Aiman Al Zawahiri die Zugehörigkeit zur Al Kaida aufgekündigt wurde, wird für den schweren Autobombenanschlag verantwortlich gemacht, der am 20. Februar in einem Lager für syrische Flüchtlinge nahe der türkischen Grenzstadt Kilis mehr als 50 Menschen tötete und Hunderte verletzte.

Nach dem Scheitern der sogenannten Genf-II-Gespräche vor wenigen Tagen machen sich die beiden Schirmherrn Rußland und die USA gegenseitig Vorwürfe. Die Amerikaner führen die fehlende Bereitschaft der Unterhändler aus Damaskus, die angebliche Notwendigkeit des Rücktritts von Präsident Baschar Al Assad und der Bildung einer Übergangsregierung einzusehen, auf die finanzielle und militärische Unterstützung der Russen zurück. Seinerseits bezichtigt Moskau Washington, kein ernsthaftes Interesse an einem Frieden zu haben, der nicht mit einem "Regimewechsel" einhergeht. Bei einem Besuch in der irakischen Hauptstadt Bagdad am 20. Februar erklärte Rußlands Außenminister Sergej Lawrow, die Syrien-Politik der USA "ermutigt Extremisten, die den Terrorismus finanzieren und terroristische Organisationen und Gruppen mit Waffen beliefern." "Am Ende kann dies zu keinem anderen Ergebnis als einer Eskalation des syrischen Konflikts führen", so Lawrow. Angesichts der unterschiedlichen Betrachtungsweisen der beiden UN-Vetomächte bestehen wenig Chancen, daß ein derzeit dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen vorliegender Resolutionsentwurf über Wege zur Linderung der humanitären Katastrophe unter der syrischen Zivilbevölkerung verabschiedet wird.

In den USA steht Präsident Barack Obama unter enormem Druck, in der Syrien-Krise militärisch aktiv zu werden. Der einflußreiche republikanische Senator und Vietnamkriegsveteran John McCain wird nicht müde, Obama in den US-Medien wegen Untätigkeit und Zaghaftigkeit anzuprangern. Neokonservative Publizisten behaupten, Rußlands Präsident Wladimir Putin habe Obama im vergangenen Herbst in eine diplomatische Falle gelockt, als er ihn dazu brachte, den Verzicht Assads auf sein komplettes Chemiewaffenarsenal zu akzeptieren und im Gegenzug die angedrohten Luftangriffe auf die syrischen Streitkräfte nicht durchzuführen. Obamas Kritiker, zu denen auch Israels Premierminister Benjamin Netanjahu und Saudi-Arabiens König Abdullah gehören, meinen, nur ein stärkeres militärisches Engagement des Westens könne Assad zum Rücktritt zwingen, die Lösung der Flüchtlingsproblematik herbeiführen und den "gemäßigten" Rebellen helfen, sich gegen die "Extremisten" von der ISIL durchzusetzen.

Am 14. Februar traf Obama in Kalifornien mit dem jordanischen König Abdullah II. zusammen. Offiziellen Angaben zufolge standen Maßnahmen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise in Jordanien im Mittelpunkt der Gespräche, weswegen Obama der Regierung in Amman eine Milliarde Dollar Finanzhilfe zugesprochen hat. Seit dem Treffen reißen jedoch die Berichte über eine bevorstehende Offensive der syrischen Rebellen in der Region nahe der Grenze zu Jordanien nicht mehr ab. In der südsyrischen Stadt Dar'a fingen vor drei Jahren die Proteste gegen das Assad-"Regime" an. Von der gleichnamigen Provinz aus soll die neue Rebellenoffensive angeblich ausgehen. Seit längerem bilden Spezialstreitkräfte der USA, Frankreichs, Großbritanniens und Jordaniens syrische Rebellen auf der jordanischen Seite der Grenze aus und schicken sie anschließend mit Waffen, Munition und Geld zurück nach Syrien.

Einem Bericht der Washington Post vom 22. Februar zufolge führt die syrische Luftwaffe seit einigen Tagen verstärkt Angriffe auf Rebellenpositionen in der Nähe von Dar'a-Stadt durch. Laut Washington Post, die sich auf Aktivisten vor Ort berief, bereiten die Aufständischen für die kommenden Tage einen "Vorstoß Richtung Damaskus" vor. In der Post hieß es wörtlich:

Die Rebellen haben mehrere Male in den vergangenen zwei Jahren versucht, die Hauptstadt zu erreichen, wurden jedoch von den syrischen Streitkräften zurückgeschlagen. Die Aktivisten, die sich unter der Bedingung der Anonymität äußerten, da sie über Militärpläne sprachen, behaupteten, daß sich Tausende von den USA ausgebildete Rebellen auf eine Offensive gegen Positionen der Regierungstruppen in der ganzen Provinz Dar'a vorbereiten.

Es ist davon auszugehen, daß die USA, Frankreich und Großbritannien für die Luftwaffe Assads eine Flugverbotszone für den Süden Syriens verhängen und durchsetzen werden, damit die bevorstehende Militäroperation diesmal zum Erfolg führen kann. Vor der zunehmenden Verwicklung Jordaniens in den Bürgerkrieg im Nachbarland hat am 20. Februar die regierungnahe syrische Tageszeitung Al Thawra König Abdullah II. und die Verantwortlichen in Amman gewarnt. "Wer mit dem Feuer spielt, kann sich die Finger verbrennen", umso mehr gelte dies für diejenigen, "die Feuer legen", so die Zeitungsmacher in Damaskus.

22. Februar 2014