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NAHOST/1592: Washington - Schurkenstaatsmobbing ... (SB)


Washington - Schurkenstaatsmobbing ...


Am 12. Mai läuft die Frist aus, die US-Präsident Donald Trump in bezug auf den Atomvertrag mit dem Iran gesetzt hat. Gibt es bis dann keine Korrektur an dem aus der Sicht des New Yorker Sprücheklopfers "schlechtesten Deals aller Zeiten", werden sich die USA praktisch vom Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) - so der offizielle Titel des Abkommens -zurückziehen. Formell wird Trump gegenüber dem Kongreß behaupten, daß die Iraner wortbrüchig geworden sind, woraufhin Repräsentantenhaus und Senat die früheren US-Wirtschaftssanktionen gegen die Islamische Republik erneut verhängen werden. Was dann passiert, weiß niemand. Befürchtet wird eine drastische Zunahme der Spannungen, die dann unweigerlich zum Ausbruch eines Kriegs rund um den Persischen Golf führen.

Seit Wochen versuchen die EU-3 - Deutschland, Frankreich und Großbritannien -, die den Atomvertrag mit dem Iran mit ausgehandelt haben, Trump davon abzubringen, mutwillig den wichtigsten außenpolitischen Erfolg seines Vorgängers Barack Obama auf den Müllhaufen der Geschichte zu werfen. Beim Besuch im Weißen Haus am 24. April hat der französische Präsident Emmanuel Macron den amerikanischen Amtskollegen quasi bekniet, ohne daß dies an der starrsinnigen Haltung Trumps auch nur das Geringste geändert hätte. Im Gegenteil mußte Macron in aller Öffentlichkeit Einsicht in die angeblichen Mängel des JCPOA demonstrieren und verständnisvoll nicken, als Trump den Iran für alles Unheil im Nahen Osten verantwortlich machte und dem Land damit drohte, "einen Preis zu bezahlen, den wenige Länder jemals bezahlt haben". Man kann davon ausgehen, daß die deutsche Kanzlerin Angela Merkel bei ihrem heutigen Besuch in Washington Trump ebenfalls nicht von seinem Kollisionskurs mit dem Iran wird abringen können. Deutschland steht selbst am Pranger wegen des Handelsüberschusses mit den USA und der aus der Perspektive Washingtons immer noch zu umfangreichen Geschäftsbeziehungen zu Rußland.

Interessant an der Berichterstattung über das Atomabkommen ist, daß sich die westlichen Medien in den letzten Tagen ausschließlich auf den Iran auf der einen, die USA und die EU-3 auf der anderen Seite fixiert haben. Völlig ignoriert wird die Tatsache, daß damals im Juli 2015 der JCPOA auch von den Außenministern der Russischen Föderation und von der Volksrepublik China unterzeichnet wurde. Moskau und Peking sind über die Drohung der USA, den Vertrag einseitig aufzukündigen, entsetzt und sehen darin die gezielte Torpedierung der internationalen Diplomatie und des Ansatzes der Krisenbeilegung mittels multilateraler Verhandlungen. Beim Treffen der Shanghai Cooperation Organization (SCO) im ostchinesischen Qingdao haben die Außenminister beider Länder, Sergej Lawrow und Wang Yi, jede Veränderung des JCPOA kategorisch abgelehnt.

Ein interessantes Ergebnis der SCO-Beratungen war das Bekenntnis Rußlands und Chinas zur verstärkten militärischen Zusammenarbeit. In Syrien unterstützten die Streitkräfte Rußlands und des Irans gemeinsam die Syrische Arabische Armee (SAA) im Kampf gegen islamistische Aufständische, die ihrerseits Waffen und Geld aus den USA, Großbritannien, Frankreich, der Türkei, Saudi-Arabien, Katar und Israel erhalten. Für Israels Premierminister Benjamin Netanjahu, der seit Jahren die vom "Mullah-Regime" in Teheran angeblich ausgehende, existentielle Bedrohung seines Staats beklagt und der den Iran zum "Hauptsponsor des internationalen Terrorismus" hochstilisiert, wäre es ein Zeichen der Bestätigung, wie mächtig die zionistische Lobby in den USA ist, sollte Trump, wie erwartet, das Iran-Abkommen aufkündigen. Gerade in den letzten Wochen haben israelische Kampfjets zweimal einen Stützpunkt in Syrien angegriffen, wo iranische Militärs stationiert sind, und einige von ihnen getötet. Der Iran hat wegen der Vorfälle seinerseits Vergeltung angekündigt.

Den Angaben Washingtons zufolge geht es Trump in seiner Kritik am JCPOA um drei Punkte: erstens, daß die Raketentests der Iraner nicht eingeschränkt sind, zweitens, daß Teheran mit der Urananreicherung ab 2025 wieder anfangen kann, und drittens, daß die Iraner den Nahen Osten destabilisieren, das heißt keinen Hehl aus ihrer Unterstützung für die Hisb Allah im Libanon, die Hamas in Palästina und die Huthis im Jemen machen. Über alle drei Punkte ließe sich sicher sprechen, würden die USA auf den Iran zugehen. Entsprechende Bereitschaft hat Teheran in der Vergangenheit signalisiert. Eigentlich sollte der Atomabkommen zu einer Verbesserung der Beziehungen führen. So war es ursprünglich geplant. Doch hierzu ist es nicht gekommen, weil sich die Amerikaner an das Abkommen nicht gehalten haben. Sie haben zwar die Wirtschaftssanktionen aufgehoben, jedoch eine derart feindliche Haltung gegenüber dem Iran aufrechterhalten, daß ausländische Konzerne vor Investitionen in der Islamischen Republik regelrecht abgeschreckt wurden. Beim Auftritt vor der UN-Generalversammlung am 24. April hat Außenminister Mohammad Javad Zarif, der vor zwei Jahren für den Iran den JCPOA unterzeichnete, die Schaffung eines "regionalen Dialogforums" vorgeschlagen, um die Spannungen im Nahen Osten abzubauen und die verschiedenen Krisen dort beizulegen. In Washington, Tel Aviv und Riad dürfte der sinnvolle Vorschlag auf taube Ohren stoßen.

27. April 2018


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