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USA/1198: US-Administration holt den Krieg der Kartelle ins Land (SB)


Schwerer Schlag gegen Verteilernetz des Sinaloa-Kartells in den USA


Der Schulterschluß der US-amerikanischen und mexikanischen Sicherheitskräfte hat eine neue Stufe erreicht. Justizminister Eric H. Holder jr. bezeichnete die Drogenkartelle Mexikos als Bedrohung der nationalen Sicherheit seines Landes und gab zugleich den bislang härtesten Schlag gegen eines der mächtigsten mexikanischen Kartelle bekannt. Mit diesem seit langem erwarteten Schritt instrumentalisieren die beiderseitigen Administrationen den sogenannten Antidrogenkampf für einen grenzübergreifenden Ausbau des Sicherheitsapparats, der mit Blick auf künftige Migrantenströme und Hungerrevolten von außerordentlicher Bedeutung für die Herrschaftssicherung ist.

Die "Operation Xcellerator" war vor fast zwei Jahren von der Bush-Regierung auf den Weg gebracht worden und richtete sich gegen das Sinaloa-Kartell, dessen Aktivitäten in den USA und in Kanada observiert und infiltriert wurden. Nach Angaben der Bundesbehörden ging man gegen ein Netzwerk gut organisierter Distribution von Drogen vor, das eine ernste Gefahr für die Sicherheit US-amerikanischer Bürger und Gemeinden darstellte. Wie die Antidrogenbehörde Drug Enforcement Administration (DEA) hervorhob, habe man die gesamten Operationen dieses Kartells von Washington bis Maine ausgehebelt.

Man hatte das Sinaloa-Kartell ins Visier genommen, das im gleichnamigen Bundesstaat des nordwestlichen Mexiko seine Hochburg hat, weil es zu den ältesten und blutrünstigsten Komplexen des dortigen Drogengeschäfts gezählt wird. Die mehr als 6.000 Toten des Kriegs der Kartelle allein im vergangenen Jahr gehen zu einem beträchtlichen Teil auf das Konto der einflußreichen Drogenbande aus Sinaloa. Laut einem Bericht der Bundesbehörden erstreckte sich das Verteilernetz des Sinaloa-Kartells in nicht weniger als 230 US-amerikanische Städte.

Die Ermittlungen in den USA und in Kanada führten zu einer großangelegten Razzia in mehreren Bundesstaaten, deren Resultat das Ausmaß dieses Zugriffs ahnen läßt. Offiziellen Angaben zufolge wurden 755 Personen festgenommen, die Drogen transportierten, verteilten und verkauften, darunter zahlreiche Bosse der regionalen Zellen. Die Behörden konfiszierten Bargeld in Höhe von 59,1 Millionen Dollar, mehr als 13 Tonnen Kokain, 8 Tonnen Marihuana, über eine halbe Tonne Amphetamine sowie weitere illegale Drogen. Zudem wurden 149 Fahrzeuge, drei Flugzeuge, drei Schiffe und 169 Waffen beschlagnahmt (New York Times 26.02.09).

Gegen die Festgenommenen wurde Anklage wegen verschiedener Delikte erhoben, darunter Geldwäsche, Beteiligung an dauerhaften kriminellen Geschäften und Verschwörung zur Einfuhr verbotener Substanzen. Dabei beeilten sich Behördenvertreter zu versichern, daß sämtliche verhafteten Personen auf die eine oder andere Weise in das Drogengeschäft verwickelt seien.

Die mexikanische Regierung wird mit diesem Auftakt im nördlichen Nachbarland sehr zufrieden sein, zumal sie unmittelbar vor dem abschließenden Höhepunkt der "Operation Xcellerator" einmal mehr den ungebrochenen Nachschub von Geld und Waffen aus den USA beklagt hatte. Schwer zu glauben, daß Mexikos Justizminister Eduardo Medina-Mora nicht im Bilde war, was am folgenden Tag in den USA geschehen sollte. So ist denn die Klage, daß das Nachbarland der weltweit größte Absatzmarkt für Drogen sei, doch Mexiko den Preis dafür allein zahlen müsse, endlich erhört worden.

Daß es so kommen würde, hatte sich seit Monaten wenn nicht gar Jahren abgezeichnet. Vor allem in grenznahen US-Bundesstaaten beschwor man immer wieder die düstere Vision eines Drogenkriegs herauf, der aus Mexiko herüberkommen und die Städte in Schlachtfelder verwandeln werde. Allen apokalyptischen Vorhersagen zum Trotz ist das bislang nicht geschehen, wofür sich durchaus handfeste Gründe auf Seiten der mexikanischen Kartelle verorten lassen. Um ihren gegenseitigen Vernichtungsfeldzug zu führen und überdies Armee und Polizei zu bekämpfen und zu bestechen, benötigen sie immense finanzielle Mittel, die sie in erster Linie mit dem ungestörten Transport in die USA und der dortigen Distribution erwirtschaften. Krieg an allen Fronten wäre ihr Untergang, weshalb sie das Schlachten mit äußerster Brutalität zu Hause austragen, es aber im nördlichen Nachbarland bislang tunlichst vermieden haben.

Inzwischen hat die US-Administration mit der "Operation Xcellerator" nachgeholfen und jene Eskalation provoziert, welche die mexikanischen Kartelle nicht von sich aus herbeizuführen wünschten oder wagten. Sollten sie die Kriegserklärung auf dem Boden der USA annehmen, droht dort ein ähnliches Blutbad wie zuvor in Mexiko.

Jedenfalls war der Schlag gewaltig und machte deutlich, wozu US-amerikanische Sicherheitskräfte inzwischen in der Lage sind. Hält man sich vor Augen, daß heute an Drogenkartellen erprobt und durchgesetzt wird, was morgen gegen aufständische Bewegungen und Organisationsstrukturen zum Einsatz kommen wird, welche die Verelendung im Gefolge der kapitalistischen Systemkrise und weltweiten Hungersnöte nicht länger hinzunehmen bereit sind, kann man sich ausmalen, welches Potential der Repression in Stellung gebracht wird.

12. März 2009