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USA/1252: Flughafenvorfall belastet die Beziehungen zu Pakistan (SB)


Flughafenvorfall belastet die Beziehungen zu Pakistan

Pakistanische Militärdelegation unter Terrorverdacht festgenommen


In den USA schüren rechtspopulistische Chauvinisten wie der Foxnews-Fernsehmoderator Glenn Beck und ihre neokonservativen Verbündeten wie Frank Gaffney den Streit um den Bau eines islamischen Kulturzentrums in der Nähe des früheren Standorts der bei den Flugzeuganschlägen vom 11. September 2001 zerstörten Zwillingstürme des New Yorker World Trade Center recht erfolgreich die Ängste vieler Amerikaner vor den Muslimen als Anhänger einer gewaltpredigenden Religion. Auf diese Weise wird der "globale Antiterrorkrieg", der Vorwand der US-Militaristen für eine globale "Pax Americana", am Leben erhalten. Doch gleichzeitig bekommt er immer mehr den Charakter eines Kampfs der jüdisch-christlichen Welt gegen die islamische, statt eines der friedliebenden Menschen aller Religionen gegen die "Terroristen".

Für diese bedauerliche Entwicklung spricht sowohl die steigende Anzahl der Menschen in den USA, die laut Umfragen glauben, daß Präsident Barack Hussein Obama kein Christ, sondern ein heimlicher Moslem ist, als auch ein bemerkenswerter Vorfall, der sich am Abend des 30. August am Washingtoner Flughafen Dulles zugetragen hat. Neun ranghohe pakistanische Militärs, die auf dem Weg zu einem wichtigen Treffen im Hauptquartier des US-Zentralkommandos (CENTCOM) in Tampa, Florida, waren, wurden bei einer Zwischenlandung in der US-Hauptstadt aufgrund eines einfachen Mißverständnisses als potentielle "Terroristen" festgesetzt. Die Vorgänge am Flughafen Dulles waren für die eingereisten Offiziere offenbar so erniedrigend, daß sie nach kurzer Rücksprache mit ihren Vorgesetzten in Islamabad bzw. Rawalpindhi, dem Standort des Hauptquartiers der pakistanischen Streitkräfte, auf den Weiterflug nach Tampa verzichteten und statt dessen unverzüglich die Heimreise antraten.

Die Mitglieder der Militärdelegation, die von einem Zwei-Sterne-Admiral angeführt wurde und zu der ranghohe Mitglieder aller drei pakistanischen Teilstreitkräfte Armee, Luftwaffe und Marine gehörten, hatten ihre Sitzplätze an Bord einer Maschine der United Airlines gerade eingenommen und warteten auf den Start Richtung Tampa. Vermutlich, weil sie schon länger unterwegs waren, soll sich der eine Brigadier zu einem Kollegen umgedreht und auf Englisch gesagt haben: "Ich hoffe, daß dies der letzte Flug bis zum Ziel ist." Ein Passagier, der diese Worte mitbekam, hat sie dahingehend interpretiert, daß es sich bei den südasiatisch aussehenden Männern eventuell um Selbstmordattentäter à la Mohammed Atta handelte. Er hat deshalb das Bordpersonal von United Airlines verständigt und erklärt, er fühle sich durch die Anwesenheit der Männer im Flugzeug bedroht.

Daraufhin hat der Kapitän der Maschine Beamten der Transport Security Administration kommen lassen. Eine Stewardeß und ein TSA-Vertreter gingen zu dem Brigadier, der die angeblich bedrohlichen Worte ausgesprochen hatte, und forderten ihn auf, das Flugzeug zu verlassen. Es kam zu einem rund zwanzigminütigen Streit. Ungeachtet des Versuchs des Delegationsleiters, durch Vorlage der Reisepässe, welche die Männer als ranghohe Militärs auswiesen, und der schriftlichen Einladung vom CENTCOM zu beweisen, daß sie als Gäste des US-Verteidigungsministeriums unterwegs nach Tampa waren, wurden sie schließlich allesamt vom Flugzeug zurück in den Flughafen beordert und dort mehr als zwei Stunden lang festgehalten. Sie haben dadurch natürlich ihren Flug nach Tampa verpaßt. Die United-Airlines-Maschine hob mit einer Verspätung von rund 40 Minuten ohne sie ab.

Natürlich hätten die Dokumente, welche die Männer vorzeigten, Fälschungen sein können. Deshalb stört sich die pakistanische Öffentlichkeit nicht daran, daß die Offiziere aus der Passagiermaschine heraus mußten, sondern in erster Linie an der Art, wie anschließend mit ihnen im Flughafen umgegangen wurde. Dort wurden die pakistanischen Offiziere nach eigenen Angaben wie "Terrorverdächtige" behandelt. Ihnen wurde weder der Grund richtig mitgeteilt, warum man sie für ein Sicherheitsrisiko hielt, noch wurde ihnen trotz mehrfacher Bitte die Möglichkeit gegeben, selbst mit der pakistanischen Botschaft in Washington und/oder ihren potentiellen Gastgebern beim CENTCOM zu telefonieren, um das vorliegende Mißverständnis schnell aus der Welt zu schaffen.

In einem Artikel der pakistanischen Zeitung Dawn vom 1. August schrieb der Reporter Anwar Iqbal, die "an den US-Flughäfen herrschende Paranoia" habe für einen "größeren diplomatischen Eklat" gesorgt. Beim pakistanischen Militär ist man laut Iqbal zusätzlich darüber verärgert, daß die Presseabteilung von United Airlines, um die Verantwortung für den Zwischenfall auf die Opfer zu schieben, über die US-Medien die Version verbreitet hatte, der Brigadier hätte im Streit mit der Stewardeß diese mit den Worten bedroht, das würde ihr "letzte Mission" für die Luftlinie sein. Gegenüber Dawn wies ein Sprecher der pakistanischen Regierung den Vorwurf als völlig absurd zurück: "Es handelte sich hier um eine Delegation ranghoher Offiziere, angeführt von einem Zwei-Sterne-Admiral, und nicht um Kapitäne oder Majore. Solche verantwortungsbewußten Offiziere geben sich einem solchen Verhalten nicht hin."

Hatte sich P. J. Crowley, Sprecher des US-Außenministeriums, am 1. August auf Fragen von Journalisten lediglich dazu bewegen lassen, das Bedauern der US-Regierung über den Vorfall zum Ausdruck zu bringen, so hatten sich die Dinge zwei Tage später geändert. Bei einem Telefonat mit dem pakistanischen Verteidigungsminister Syed Athar Ali hat sich Michelle Flournoy, Staatssekretärin im Pentagon, im Namen der Obama-Administration für die "Mißhandlung" der neunköpfigen Delegation am Flughafen Dulles entschuldigt. Dies gab Islamabad am 3. August bekannt. Die Entschuldigung ist nicht nur angebracht, sondern in Washingtons allerhöchstem Interesse. Schließlich gilt das pakistanische Offizierskorps als wichtigster Aktivposten des US-Verteidigungsministeriums im Kampf gegen Taliban und Al Kaida im Grenzgebiet zu Afghanistan.

3. September 2010