Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → REDAKTION

USA/1275: Wikileaks enthüllt mißachtete Spuren im Fall 9/11 (SB)


Wikileaks enthüllt mißachtete Spuren im Fall 9/11

Laufen vier Mitverschwörer der Flugzeuganschläge noch frei herum?


Durch die laufende Berichterstattung aller Medien über das Aufbegehren des ägyptischen Volks gegen das Regime Hosni Mubaraks ist eine spektakuläre Meldung über bislang unbekannte Spuren in Verbindung mit den Anschlägen vom 11. September 2001 auf das New Yorker World Trade Center und das Pentagon in Arlington untergegangen, ohne von der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Vielleicht ist das auch gewollt, schließlich handelte es sich um mutmaßliche Beteiligte des 9/11-Komplotts, die bis heute, fast zehn Jahre danach, immer noch frei herumlaufen, was natürlich im krassen Widerspruch zu dem erklärten Ziel Washingtons, aller Verantwortlichen für den damaligen Massenmord an rund 3000 Zivilisten habhaft zu werden bzw. sie zu liquideren, steht. Überraschend ist dieser Umstand jedoch nicht, schließlich haben die USA trotz des Einmarschs in Afghanistan und ständiger Raketenangriffe auf Ziele in Pakistan den mutmaßlichen Drahtzieher der Flugzeuganschläge, den Al-Kaida-Chef Osama Bin Laden, ebenfalls immer noch nicht zur Strecke gebracht.

Die neuen Einzelheiten über signifikante Spuren in Sachen 9/11, denen die amerikanischen Behörden nicht ausreichend nachgegangen sind, gehen aus einer von Wikileaks enthüllten, auf den 11. Februar 2010 datierten Depesche der stellvertretenden US-Botschafterin in der katarischen Hauptstadt Doha, Mirembe Nantongo, an das Büro von Außenministerin Hillary Clinton, an das Heimatschutzministerium und das FBI in Washington sowie an die CIA in Langley, Virginia, hervor. In der Mitteilung empfiehlt Nantongo, einen Mann namens Mohamed Al Mansoori, der aus den Vereinigten Emiraten stammt, auf die internationale Terroristenliste zu setzen, weil er "eine Bedrohung für den Luftverkehr in den USA und im Ausland darstellen könnte". Mansoori lebte früher in Long Beach, Kalifornien, und steht im Verdacht, drei mutmaßlichen "Terroristen" aus Katar mit Namen Meshal Alhajri, Fahad Abdulla und Ali Alfehaid, die eventuell an den Anschlägen vom 11. September teilnehmen sollten, jedoch einen Tag vorher abgereist sind, während ihres Aufenthaltes in den USA geholfen zu haben.

Von der Existenz der Depesche berichtete am 1. Februar die konservative britische Zeitung Daily Telegraph unter der Überschrift "WikiLeaks: FBI hunts the 9/11 gang that got away". Am darauffolgenden Tag steuerte die Washington Post unter der Überschrift "Leaked cable tells of 3 previously undisclosed members of 9/11 plot" weitere Einzelheiten bei. Demnach flogen die drei Kataris am 15. August 2001 von London nach New York. In ihren ersten Tagen in den USA besuchten sie in New York das World Trade Center und die Freiheitsstatue, in Washington das Weiße Haus und in Virginia, wo sowohl das Verteidigungsministerium als auch die CIA ihre Hauptquartiere haben, mehrere Orte. In der Mitteilung wird etwas, was zunächst wie das harmlose Verhalten von Touristen klingt, gegen die Männer als "Aufklärung" ausgelegt.

Aus dem auf der Wikileaks-Webseite einzusehenden Dokument geht hervor, daß die Männer am 24. August nach Los Angeles weiterreisten, wo sie in einem nahe dem internationalen Flughafen gelegenen Hotel ein Zimmer nahmen. Obwohl sie einen Flug nach Washington für den 10. September gebucht hatten, sind sie an jenem Tag nach New York und anschließend nach London weitergeflogen. Dort nahmen sie eine Maschine nach Doha. Wann genau das FBI auf die drei Kataris aufmerksam wurde, läßt sich nicht aus der Depesche entnehmen, wenngleich Daily Telegraph und Washington Post beide suggerieren, daß es nach den Anschlägen war. Doch das muß nicht sein. Bekanntlich hielten FBI-Agenten in Minnesota den am 16. August 2001 festgenommenen Zacarias Moussaoui für einen potentiellen Flugzeugattentäter und befürchteten einen Anschlag auf das New Yorker World Trade Center, wurden jedoch von den Vorgesetzten in Washington beim Versuch, die Hintergründe des Franzosen marokkanischer Herkunft zu beleuchten, wiederholt wie mutwillig gehindert - und das ungeachtet der Tatsache, daß der Fall so wichtig war, daß sogar der CIA-Chef George Tenet extra nach Texas reiste, um ihn mit dem dort urlaubenden Präsident George W. Bush zu besprechen.

Im nachhinein kam jedenfalls dem Hotelpersonal das Verhalten der Männer, die für ihr Zimmer bar bezahlt hatten, verdächtig vor. Die Hotelmitarbeiter erinnerten sich im Gespräch mit FBI-Ermittlern, bei der Reinigung des Zimmers "pilotähnliche Uniformen, mehrere Laptops, mehrere für Syrien, Jerusalem, Afghanistan und Jordanien adressierte Kartons ... ein zerschmettertes Mobiltelefon und ein per Draht mit einem Computer verbundenes Mobiltelefon ... ausgedrucktes Computerpapier mit Überschriften, Listen mit Namen von Piloten, Luftlinien, Flugnummern und Startzeiten" gesehen zu haben. Ebenfalls wurde im Hotel mit Argwohn der Wunsch der Männer aufgenommen, gegen Ende ihre Aufenthaltes nicht mehr das Zimmer gesäubert zu bekommen. Doch vielleicht waren es unschuldige Gäste, die ihrerseits die Neugier des Reinigungspersonals mitbekommen und sich ihr entziehen wollten.

Wie dem auch sei. Mansoori steht im Verdacht, die Männer während ihrer Zeit in Kalifornien herumgeführt zu haben. In diesem Zusammenhang verweist der Daily Telegraph auf Nawaf Al Hasmi und Chalid Al Midhar, zwei der 19 mutmaßlichen Flugzeugattentäter, die ihrerseits während ihres Aufenthalt in Kalifornien in den Monaten vor den Anschlägen laut dem offiziellen Bericht der 9/11-Untersuchungskommission Hilfe von "freundlichen Kontakten" hatten. Unerwähnt bleibt dagegen, was sich hinter dieser harmlos klingenden Wortwahl verbirgt, nämlich daß in San Diego Al Hasmi und Al Midhar zur Untermiete bei Abdusattar Scheich, dem wichtigsten Informanten in der muslimischen Gemeinde dort, wohnten, von Omar Al Bayoumi, einem Mitarbeiter des saudischen Konsulats in Los Angeles und mutmaßlichen Spion, betreut wurden und daß ihre Unterhaltskosten zum Teil von Prinzessin Haifa, Ehefrau des damaligen saudischen Botschafters in Washington, Prinz Bandar, der bekanntlich ein großer Freund der Familie Bush ist, bestritten wurden.

Im Daily-Telegraph-Bericht heißt es, das FBI ermittle noch gegen Mansoori und seine drei katarischen Freunde. In der Depesche selbst ist nirgendwo von einer laufenden Ermittlung die Rede. Im Artikel der Washington Post wird dagegen ein nicht namentlich genannter Vertreter der US-Regierung zitiert, der den Inhalt des von Wikileaks enthüllten Dokuments und die Interpretation des Daily Telegraph herunterspielt. Unter Verweis auf diese Person heißt es im Post-Artikel: "... innerhalb von Tagen habe man den Fall der drei Männer 'angeschaut', und Ermittler seien zu der Schlußfolgerung gekommen, daß eine Anklage gegen sie keine Chance auf Erfolg hätte. 'Es gibt keine Verfolgung. Es gibt keinen laufenden Fall. Man hat sie in Augenschein genommen, aber es ergab nichts'."

Das sonderbare Desinteresse an diesen einst als mutmaßliche 9/11-Mitverschwörer gehandelten Männern, über die man später herausgefunden hat, daß ihre Flugkarten von einem "verurteilten Terroristen" bezahlt wurden, läßt erneut Zweifel über die Verläßlichkeit der offiziellen Version von den Flugzeuganschlägen und deren Hintergründe aufkommen. In den Jahren nach 9/11 hat die CIA eine nicht geringe Anzahl unschuldiger Moslems verschleppt und in irgendwelchen Geheimgefängnissen gefoltert. Also hätten die US-Behörden das Mysterium um Mansoori und Konsorten längst aufklären können, wenn sie es gewollt hätten.

4. Februar 2011