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USA/1288: Neue Hinweise auf mißachtete Spuren in Sachen 9/11 (SB)


Neue Hinweise auf mißachtete Spuren in Sachen 9/11

"Iron Man" berichtet von Vorabkenntnissen des Pentagons


Am 11. September jähren sich die Flugzeuganschläge auf das New Yorker World Trade Center und das Pentagon in Arlington zum zehnten Mal. Der Medienrummel um den "Tag, der die Welt veränderte", kündigt sich jetzt schon an, beziehungsweise es sind dessen Vorläufer am Horizont spätestens seit der angeblichen Erschießung von Osama Bin Laden am 2. Mai im pakistanischen Abbottabad zu erkennen. Die Bild-Zeitung zum Beispiel will rechtzeitig ihre Redaktion über den großen Teich fliegen, damit sie zum 10. Jahrestag des angeblich "feigen" Selbstmordangriffs irgendwelcher Moslemextremisten auf die "freie Welt" demonstrativ, gar uneingeschränkt solidarisch von Ground Zero in Südmanhattan aus eine Sonderausgabe des meisterverkauften Boulevardblatts Europas per Mausklick zum Druck in Deutschland freigeben können. Zu soviel Medienkompetenz kann man nur sagen "Wow!".

Eines der größten Rätsel in Verbindung mit den Flugzeuganschlägen ist die Frage, wie die 19 mutmaßlichen Flugzeugattentäter am gigantischen Sicherheitsapparat der USA vorbei in das "Home of the Brave" reisen, dort über Monate den Anschlag vorbereiten und schließlich erfolgreich durchführen konnten. In den nächsten Wochen dürfte es daher auch um diese Frage in der Öffentlichkeit eine erneute Diskussion geben. Zwei Jahre nach der Veröffentlichung des Abschlußberichts der 9/11-Untersuchungskommission von 2004 beschwerte sich deren Kovorsitzender, der ehemalige republikanische Gouverneur von New Jersey, Thomas Keane, gegenüber der Washington Post über die mangelhaften, "von der Wahrheit entfernten" Erklärungsversuche des Pentagons, warum die US-Luftverteidigung am 11. September 2001 so kläglich versagt hatte. Hinzu kommen all die Hinweise, wonach rechtzeitige Warnungen der US-Geheimdienste vor einem großen Anschlag von der Regierung George W. Bush in den Wind geschlagen wurden - siehe die eidesstattlichen Aussagen der FBI-Agenten Coleen Rowley aus Minneapolis, Robert Wright in Chicago und Kenneth Williams in Phoenix oder die Kontroverse um das am 6. August 2001 Bush auf dessen Ranch in Crawford, Texas, vorgelegte Daily Presidential Briefing (DFB) mit der Überschrift "Bin Laden determined to strike in US".

In einem Eklusivbericht, der am 13. Juni bei der linken US-Website Truth-out.org unter der Überschrift "New Documents Claim Intelligence on Bin Laden, al-Qaeda Targets Withheld From Congress' 9/11 Probe" erschienen ist, warteten Jeffrey Kaye and Jason Leopold mit den Aussagen eines Informanten auf, der unerkannt bleiben wollte und den sie deshalb "Iron Man" nannten, demzufolge die Voraberkenntnisse des Pentagons im Vorfeld der Flugzeuganschläge weit umfassender waren, als bislang bekannt. Nach eigenen Angaben handelt es sich bei "Iron Man" um ein Mitglied des Naval Criminal Investigative Service (NCIS), das von 1998 bis 2001 als Analytiker bei der Asymmetric Threats Division - auch DO5 genannt - des Joint Forces Intelligence Command (JFIC) gedient hat. Laut "Iron Man" war es in der Zeit vor den Anschlägen vor allem die JFIC/DO5, die im Auftrag des United States Joint Forces Command (USJFCOM) "mit dem internationalen Terrorismus gegen die USA, einschließlich der Operationen von Al Kaida und den 9/11-Attentätern" befaßt war. Er behauptet zudem, daß das Pentagon 2002 diesen Umstand den Vertretern der Geheimdienstausschüsse von Repräsentantenhaus und Senat bei deren Untersuchung der Versäumnisse rund um den 11. September verschwiegen hat.

"Iron Man" glaubt, daß die Anschläge auf die WTC-Zwillingstürme und das Pentagon hätte verhindert werden können, da man sie bei der JFIC/DO5 längst als potentielle Ziele identifiziert hatte, und führt seine Bereitschaft, sein Insider-Wissen Truth-out.org preiszugeben, auf eine von ihm als ungerecht empfundene Ermittlung wegen Verstoßes gegen die Vorschriften im Umgang mit vertraulichen Materialien zurück. Dem Noch-Geheimdienstler wird vorgeworfen, 2002 Dokumente aus seiner Zeit bei der JFIC/DO5 behalten bzw. per E-Mail an sich selbst bei seiner neuen Arbeitsstelle bei der Defense Intelligence Agency (DIA) geschickt zu haben. Gegen den Vorwurf setzt sich "Iron Man" mit einer eigenen Beschwerde beim Inspector General des US- Verteidigungsministeriums aktuell zur Wehr.

Was man damals genau bei der JFIC/DO5 über die bevorstehenden Flugzeuganschläge wußte, geht nicht besonders deutlich aus dem vor militärischen Akronymen nur so strotzenden Artikel Kayes und Leopolds hervor. Daß die Experten dort das Pentagon und das World Trade Center als potentielle Ziele bereits identifiziert haben sollen, beeindruckt wenig. Schließlich hatte die Gruppe um Ramsi Jousef bereits Anfang 1993 vergeblich versucht, per Lastwagenbombe die Zwillingstürme zum Einsturz zu bringen. Zwei Jahre später, nach einer Razzia der philippinischen Polizei in Manila, soll Khalid Sheikh Mohammeds "Plan Bojinka", mehrere Passagiere gleichzeitig zu kapern und entweder in der Luft zu sprengen oder gegen irgendwelche Ziele zu fliegen, dem FBI und der CIA in die Hände gefallen sein.

Auf der Titelseite eines 1998 im Auftrag des New Yorker Council on Foreign Relations, Amerikas mächtigster Denkfabrik, verfaßten Berichts Philip Zelikows, des späteren Exekutivdirektors der 9/11-Kommission, mit dem Titel "Catastrophic Terrorism - Imagining the Transformative Event" sind die Zwillingstürme sogar im Fadenkreuz zu sehen. Ende Oktober 2000 führte das US-Militär eine mehrtägige "Mass Casualty Exercise" durch, bei der es unter anderem um einen Flugzeuganschlag auf das Pentagon ging und es zur Veranschaulichung sogar ein aus Holz gebautes Modell des Pentagon samt brennender Wrackteile eines Modell-Passagierflugzeugs im Innenhof des fünfseitigen Gebäudekomplexes gab. Nichtsdestotrotz wollte nach den Flugzeuganschlägen George W. Bushs Nationale Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice der traumatisierten amerikanischen Bevölkerung weismachen, "niemand" hätte "sich vorstellen können", daß die nicht-staatlichen Feinde der USA Flugzeuge "als Waffe benutzen" würden. 2005 sorgte der Militärgeheimdienstler Anthony Schaffer mit der Aussage vor dem Kongreß für Schlagzeilen, das Joint Special Operations Command (JSOC) habe bereits 2000 Mohammed Atta und andere Teilnehmer des 9/11-Komplotts im Rahmen eines Data-Mining-Programms namens "Able Danger" unter Beobachtung gehabt. Ein Jahr später wollte der Inspector General des US-Verteidigungsministeriums für die spektakuläre Behauptung Schaffers keine Bestätigung finden können.

Wie dem auch sei. Interessant am Bericht Kayes und Leopolds ist die Tatsache, daß er die offizielle Version - man habe genügend Informationen, um die Anschläge zu verhindern, gehabt, nur habe es an der Ziehung der richtigen Schlußfolgerung aus dem ganzen Datenwust gefehlt - zu einem Zeitpunkt stützt, als es unter den Autoren der linken, einflußreichen US-Onlinepostille Counterpunch zu krassen Positionsunterschieden in Sachen 9/11 gekommen ist, die nicht zuletzt mit dem publizistischen Erfolg der Vorträge erstens des dänischen Chemikers Niels Jarrit über den Fund des Sprengstoffs Nanothermit im WTC-Staub rund um Ground Zero und zweitens des US-Architekten Richard Gage über eine kontrollierte Sprengung als wahrscheinlichste Ursache des Zusammensturzes der Zwillingstürme und des 47stöckigen WTC 7 zu tun zu haben scheinen. Schließlich hat Leopold in den letzten Jahren, bevor er zu Truthout ging, für Counterpunch geschrieben.

In der Ausgabe vom 20./22. Mai witzelte der Counterpunch-Herausgeber Alexander Cockburn hämisch, die Behörden hätten im Bin-Laden-Versteck in Abbottabad noch kein Nanothermit gefunden, aber es sei nur eine Frage der Zeit, während in der Ausgabe vom 10./12. Juni John Feffer von der demokratischen Denkfabrik Institut for Policy Studies in Washington zu einem großen Rumdumschlag gegen die angeblich paranoiden "Verschwörungstheoretiker" ausholte. Dagegen ist der frühere Stellvertretende US-Finanzminister Paul Craig Roberts, der ebenfalls über die Jahre viel für Counterpunch geschrieben hat, in einem Artikel, der am 21. Mai diesmal bei Information Clearinghouse erschien, unter Verweis auf die Stringenz, mit der die US-Medien über die 9/11-Erkenntnisse Harrits und Gages nicht berichten, zu dem ernüchternden Schluß gekommen, daß es in Obamas Amerika keine Pressefreiheit mehr gibt.

16. Juni 2011