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USA/1302: Michelle Bachmann warnt vor Hisb-Allah-Raketen auf Kuba (SB)


Michelle Bachmann warnt vor Hisb-Allah-Raketen auf Kuba

Für Amerikas Kriegspropagandisten ist jeder Schwachsinn nützlich


Den Befürwortern der globalen Vormachtstellung der USA in militärischen Angelegenheiten bietet der große "Antiterrorkrieg", den George W. Bush nach den Flugzeuganschlägen vom 11. September 2001 ausrief und der seit dem Einzug Barack Obamas ins Weiße Haus im Januar 2009 weniger bombastisch "Overseas Contingency Operations" heißt, Aktions- und Interventionsanlässe ohne Ende - in Afghanistan, im Irak, in Pakistan, Somalia, Jemen, auf den Philippinen usw. Wie die Gegner heißen und was sie bewegt, ist unwichtig, denn sie sind böse "Terroristen" und stehen "Frieden" und "Stabilität" im Wege.

Zur Riege der Schreckensfiguren in diesem durchsichtigen Schau(er)spiel gehören Personen wie Osama Bin Laden, Saddam Hussein, Muammar Gaddhafi, Mahmud Ahmadinedschad, Bashar Al-Assad und Organisation wie Al Kaida, Abu Sayyaf und das Hakkani-Netzwerk, wobei die Festlegung auf Boshaftigkeit niemals endgültig ist. Bin Laden und Saddam Hussein zum Beispiel dienten in den achtziger Jahren als Verbündete der USA im Kampf jeweils gegen die sowjetischen Streitkräfte in Afghanistan und die Truppen Ajatollah Khomeneis im Iran-Irak-Krieg. Die pakistanischen Hakkanis wurden während des Kampfes gegen die Sowjets mit den amerikanischen Gründervätern um George Washington in Sachen Freiheitsidealismus verglichen, in letzter Zeit wird ihnen jedoch zu einem nicht geringen Teil die Verantwortung für das Scheitern der Aufstandsbekämpfungsstrategie des Pentagons in Afghanistan angelastet. Gaddhafi, von Ronald Reagan als "tollwütiger Hund" beschimpft, verwandelte sich 2003 in einen treuen Verbündeten im "Antiterrorkampf" und hat im Auftrag für London und Washington Islamisten in seinen Gefängnissen foltern lassen. Doch als er aus Sicht der USA, Großbritanniens und Frankreichs die Sünde des "Ressourcennationalismus" beging, wurde er mit Hilfe derselben Islamisten - inwzwischen "demokratisch" geläutert, versteht sich - gestürzt.

Eine Gruppe, die jedoch für den Durchschnittsamerikaner und die Politelite in Washington gleichermaßen das Schreckgespenst des "Terrorismus" schlechthin verkörpert, ist die libanesische Hisb Allah. Dies hängt mit der Schmach zusammen, die die USA erlitten, als sich Reagan, das Idol republikanischer Hurrah-Patrioten, 1983 nach verheerenden Bombenanschlägen auf die amerikanische Botschaft und einen Stützpunkt der US-Marineinfanterie in Beirut zum Abzug aller Truppen aus dem Libanon gezwungen sah. Das haben die Verantwortlichen in Washington bis heute genauso wenig wie die Geiselnahme der US-Botschaftsangehörigen 1979 in Teheran verwunden. Dieser Umstand erklärt, warum die USA immer noch auf dem Kriegsfuß mit dem Iran stehen und nach dem Sturz der Mullahs trachten und weshalb im September 2002 der damalige Stellvertretende Außenminister Richard Armitage die Hisb-Allah-Miliz als "A-Team" des weltweiten "Terrorismus" bezeichnete. Damals stieß Armitage, der in Vietnam bei den Marines diente, folgende Drohung aus: "Ihre Zeit wird kommen. Das steht außer Frage. Sie haben uns gegenüber eine Blutschuld, die wir nicht vergessen werden. Wenn es soweit ist, werden wir uns mit diesem Problem befassen."

Angesichts solcher Rachegelüste wundert es nicht, daß immer wieder irgendwelche haarsträubenden Hisb-Allah-Geschichten durch die US- Medien geistern, seien es ihre "Schläfer", die als Arbeitsmigranten illegal über die mexikanische Grenze in die USA reisen, oder ihre Ausbilder, welche den mexikanischen Drogenkartellen, kolumbianischen FARC-Rebellen oder den venezolanischen Streitkräften Unterricht im Bombenbau erteilen. Das jüngste Beispiel solcher Abstrusitäten lieferte am 26. September Michelle Bachmann bei einem Auftritt in Cedar Rapids, Iowa, anläßlich ihrer Bewerbung um die Nominierung zur offiziellen Kandidatin der Republikaner für die Präsidentenwahl im kommenden Jahr. Der Liebling der rechtsgerichteten Tea-Party-Fraktion bei den Republikanern, die als Kongreßabgeordnete aus Minnesota wenig Erfahrung auf dem Feld der Außenpolitik aufzuweisen hat, wollte offenbar dieses Defizit ausgleichen.

Wie man weiß, ist das kommunistische Kuba für Amerikas Rechte bis heute ein rotes Tuch. Erfolgreich haben sie sich seit Jahrzehnten gegen die Aufhebung der von Präsident John F. Kennedy verhängten diplomatischen und wirtschaftlichen Sanktionen gesperrt. Sie laufen deshalb Sturm gegen die Bemühungen des Demokraten Barack Obama um eine Entspannung in den amerikanisch-kubanischen Beziehungen. Beim Auftritt in Cedar Rapids hat Bachmann nach Angaben der Onlinezeitung The Hill ein ganz originelles, wenn auch völlig überzogenes Argument zur Aufrechterhaltung der bisherigen Kuba-Blockade geliefert:

Warum sollte man die Handelsbeziehungen mit einem Land, das den Terrorismus unterstützt, normalisieren? Jüngsten Berichten zufolge arbeitet Kuba mit einer weiteren terroristischen Organisation namens Hisbollah zusammen. Und Hisbollah schickt sich eventuell an, sich dem Raketenarsenal des Irans anzuschließen. Also wenn man nur 90 Meilen entfernt in Florida sitzt, dann kommt die Möglichkeit von Basen oder Anlagen auf Kuba, wo die Hisbollah Ausbildung betreiben, Raketen aufstellen oder Munitionsdepots anlegen könnte, nicht in Betracht. Das wäre doch dumm.

Die Adressaten Bachmanns für solchen Schwachsinn sind weniger diejenige US-Wähler, die zu faul sind, um sich ausreichend über internationale Politik zu informieren, und ihr deshalb auf dem Leim gehen könnten, als vielmehr die großen zionistischen Geldgeber, denen sich Barack Obama mit seiner pro-israelischen Rede vor wenigen Tagen auf der 66. UN-Generalversammlung in New York demonstrativ an den Hals geworfen hat. In den letzten Wochen ist Bachmann beim Kampf um die Nomierung zur republikanischen Präsidentschaftskandidatin in den Umfragen hinter ihre beiden Hauptkonkurrenten, den texanischen Gouverneur Rick Perry und den ehemaligen Gouverneur von Massachusetts Mitt Romney zurückgefallen. Durch das Aufbauschen der Hisb Allah zu einer Bedrohung für die USA übt sie den Schulterschluß mit Israel, dem eigentlichen Hauptfeind der libanesisch-schiitischen Miliz, und hofft so offenbar, ihre Attraktivität für die pro-israelischen Kräfte zu erhöhen, die bekanntlich bei Kongreß- und Präsidentenwahlen in den USA mit ihren Spenden den von ihnen bevorzugten Kandidaten meistens zum Erfolg verhelfen.

29. September 2011