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USA/1373: E-Mail-Affäre gefährdet Hillary Clintons Politkarriere (SB)


E-Mail-Affäre gefährdet Hillary Clintons Politkarriere

Präsidentenwahl 2016 - Stolpert die Favoritin über ihre eigene Hybris?


Das politische Leben in den USA steht seit Neujahrsbeginn vollends im Zeichen der Präsidentenwahl am 8. November. Bereits am 1. und 9. Februar finden in Iowa respektive New Hampshire die ersten Vorwahlen statt. Bei Umfragen unter republikanischen Wählern führt seit Monaten der New Yorker Baumagnat und Fernsehentertainer Donald Trump die Umfragen an, gefolgt von Marc Rubio, Senator aus Florida, und Ted Cruz, Senator aus Texas. Beim Kampf um die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten der Demokraten gilt Hillary Clinton nach wie vor als haushohe Favoritin, auch wenn Bernie Sanders, der selbsternannte Sozialist aus Vermont, Amerikas linke Wählerschaft regelrecht elektrisiert. Was den endgültigen Einzug ins Weiße Haus betrifft, so werden Clinton beste Chancen zugesprochen. Im Vergleich zu der ehemaligen US-Außenministerin gelten Trump als zu populistisch, Rubio und Cruz als zu unerfahren und Sanders als zu links. Im Grunde genommen verkauft sich die ehemalige First Lady recht gut als Stabilitätsgarantin mit Herz für soziale Belange. Sie ist für Wall-Street-Jongleure und einfache Angestellte genauso wählbar wie für neokonservative Kriegstreiber und humanitäre Interventionisten.

2008 hat das politische Wunderkind Barack Obama Hillary Clinton die von ihr lange ersehnte Wahl zum ersten weiblichen Präsidenten in der Geschichte der USA gekostet. Gegen den jungen, schwarzen Parteikollegen aus Illinois, der Amerika die Befreiung von der Katastrophenära des Antiterrorkriegers George W. Bush versprach, kam sie nicht an und scheiterte bereits bei den demokratischen Vorwahlen. Diesmal muß sich Clinton vor keinem der anderen Kandidaten, auch nicht vor The Donald mit seinem losen Mundwerk und seinen Hetztiraden gegen Muslime und lateinamerikanische Einwanderer, fürchten. Der Unterstützung der wichtigsten Wahlkampfspender auf Seiten der Demokraten und der größten Gewerkschaften sicher, dürfte ihr Sieg im kommenden November bereits jetzt eine ausgemachte Sache sein - wäre da nicht die E-Mail-Affäre, die wie ein Damoklesschwert über dem Kopf der Gattin Bill Clintons schwebt.

Seit Frühjahr 2015 ermittelt das FBI gegen Clinton wegen des Verdachts, als Obamas Außenministerin von 2009 bis 2013 gegen die Geheimnisschutzbestimmungen für vertrauliche Regierungsdokumente verstoßen zu haben. Fest steht, daß die damalige Secretary of State nicht, wie eigentlich vorgesehen, ihren beruflichen E-Mail-Verkehr über ein Konto im eigenen Ministerium - www.state.gov -, sondern über einen Server in ihrem Privathaus in New York - clintonemail.com - abgewickelt hat. Clinton behauptet, kein vertrauliches Regierungsmaterial über letzteres Konto empfangen oder an unbefugte Dritte weitergeleitet zu haben. Die bisher bekannten Fakten lassen diese Behauptung als wirklichkeitsfremd erscheinen. Seit vergangenen August sind Computerexperten des FBI dabei, die mehr als 30.000 E-Mails, die Clinton vor der per Gerichtsbefehl erzwungenen Übergabe des fraglichen Servers an das Justizministerium notdürftig gelöscht hat oder hat löschen lassen, wiederherzustellen.

Nach Meinung nicht weniger Juristen, darunter auch des Bundesrichters Emmet O'Sullivan, hat sich Clinton - völlig unabhängig vom Inhalt der E-Mails - allein durch die Verwendung eines privaten Rechners statt eines staatlichen für amtliche Geschäfte einen klaren Verstoß gegen die gesetzlichen Geheimnisschutzbestimmungen geleistet und muß entsprechend bestraft werden. Zur Jahreswende hat das Außenministerium aufgrund von Medienanfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz mehr als 3000 E-Mails veröffentlicht, die FBI-Ermittler auf dem Clinton-Server bislang haben finden bzw. wiederherstellen können. Davon unterlagen 1340 - darunter sogar eine E-Mail mit einem US-Spionagesatellitenbild des nordkoreanischen Atombombentestgeländes - ursprünglich einer Art Vertraulichkeitsstufe. Zum Beispiel hat sich Clinton 2011 per E-Mail mit ihrem Freund Sidney Blumenthal, dem ehemaligen Berater ihres Mannes während seiner Zeit als Präsident, ausgiebig über das richtige Vorgehen der USA in der Libyen-Krise ausgetauscht und mit ihm zusammen die Regime-Wechsel-Strategie Washingtons, die zum Sturz und zur Ermordung Muammar Gaddhafis führen sollte, vorangetrieben.

Inzwischen hat das FBI eine zweite Ermittlung wegen Korruption im Amt gegen Clinton eröffnet. Dies meldete am 11. Januar die Onlinezeitung TheHill.com unter Verweis auf den Fernsehnachrichtensender Fox News. Demnach geht die US-Bundespolizei Hinweisen nach, wonach Hillary Clinton während ihrer Zeit im State Department die Außenpolitik der USA zugunsten von Staaten, die Spenden in Millionenhöhe an die familieneigene Clinton Foundation überwiesen, beeinflußte. Ungeachtet dieser Entwicklung ist es eigentlich die E-Mail-Affäre, welche das Aus für die politischen Ambitionen Clintons bedeuten könnte. Konservativen Medien in den USA zufolge steht eines von zwei Szenarien bevor, von denen sich beide fatal für die Wahlaussichten Clintons erweisen müßten. Entweder gibt Obamas Justizministerin Loretta Lynch dem Drängen der Ermittler nach und erhebt Anklage wegen Geheimnisverrats gegen Clinton, oder sie widersetzt sich dem, was eine Rücktritts- und Protestwelle seitens der an der Ermittlung beteiligten Beamten auslösen würde.

16. Januar 2016


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