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USA/1383: Das FBI ebnet den Weg Hillary Clintons ins Weiße Haus (SB)


Das FBI ebnet den Weg Hillary Clintons ins Weiße Haus

In Washington will es sich niemand mit der neuen Chefin verscherzen


Nach der wenig überraschenden, weil politisch opportunen Entscheidung des FBI, dem Justizministerium keine Anklage gegen Hillary Clinton in der Email-Affäre zu empfehlen, steht der Weg für die ehemalige First Lady zurück ins Weiße Haus an der Seite ihres Gatten, Ex-Präsident Bill Clinton, frei. Ihr linker, innerparteilicher Gegner bei den Demokraten, Senator Bernie Sanders aus Vermont, hat inzwischen die Segel gestrichen. Der voraussichtliche Kandidat der Republikaner, der New Yorker Baumagnat Donald Trump, hat bei den Vorwahlen mit seinen beleidigenden Äußerungen über Muslime, schwarze Bürgerrechtler, Frauen und mexikanische Einwanderer zwar Millionen weißer Männer der Mittel- und Unterschicht für sich mobilisieren können, gleichzeitig aber sich selbst um jede Chance gebracht, bis kommenden November eine gesellschaftliche Mehrheit hinter sich zu vereinen.

Gleichwohl läßt das Fehlen jeglicher juristischer Konsequenzen für Hillary Clinton in der Email-Affäre einen bitteren Nachgeschmack zurück. Der Rechtsstaat scheint ausgehebelt worden zu sein; das Prinzip der Gleichheit vor dem Gesetz endgültig auf dem Müllhaufen der Geschichte entsorgt. Schließlich ist die Administration von Barack Obama, der Clinton von 2009 bis 2013 als Außenministerin angehörte, strenger als jede andere Regierung der US-Geschichte gegen Verstöße gegen die US-Geheimnisschutzgesetze und -richtlinien vorgegangen. Darum verbüßt die Whistleblowerin Chelsea Manning eine 30jährige Haftstrafe, während Wikileaks-Gründer Julian Assange aus Angst vor einer Aushändigung an das FBI seit vier Jahren in der ecuadorianischen Botschaft in London sitzt - um nur einige Namen zu nennen.

Die schonende Sonderbehandlung Clintons wurde offensichtlich, als die Nachricht von ihrer lang erwarteten Befragung durch das FBI am 1. Juli - dem Freitag des verlängerten Wochenendes in den USA wegen des Nationalfeiertags am 4. Juli - bekannt wurde. An keinem Wochenende im Jahr dürfte das Interesse von Medien und Bürgern an innenpolitischen Angelegenheiten niedriger gewesen sein. Als dann am selben Tag publik wurde, daß Bill Clinton am 27. Juni auf dem Rollfeld des Flughafens von Phoenix, Arizona, seinen eigenen Privatjet verlassen hatte, um in die nahestehende Maschine von Justizministerin Loretta Lynch einzusteigen und rund 25 Minuten lang mit ihr ein Vieraugengespräch zu führen, schien die Angelegenheit beigelegt zu sein. Dieser Verdacht bestätigte sich, als am 5. Juli FBI-Chef James Comey vor die Presse trat und die Entscheidung seiner Behörde auf Anklageverzicht in der Email-Affäre bekanntgab. Die durchsichtige Choreographie fand ihren traurigen Höhepunkt am selben Abend, als Präsident Obama in Charlotte, North Carolina, erstmals gemeinsam mit Hillary Clinton bei einer Wahlkampfverstaltung auftrat und sie als die Person bezeichnete, die mit Abstand am geeignetsten sei, nächster Staatsoberhaupt der Vereinigten Staaten von Amerika zu werden. Nicht umsonst sprach Kolumnistin Maureen Dowd am 10. Juli in der New York Times von der "Clinton Contagion", mit der sich Obama, Lynch und Comey besudelt hätten.

Republikanische Politiker, namhafte Rechtsgelehrte und ehemalige Geheimdienstsleute zeigen sich wenig überzeugt von der Argumentation Comeys, die FBI-Ermittler hätten keine Beweise für eine Absicht zum Gesetzesverstoß auf seiten Clintons und ihrer engsten Mitarbeiter gefunden, also läge auch nichts zu ahnden vor. Alle Beobachter fragen sich, wie sich Comeys Vorwurf an Clinton - "extreme Sorglosigkeit" - im Umgang mit geheimen Informationen vom eigentlichen Tatbestand - "grobe Fahrlässigkeit" - unterscheidet. Hinzu kommt, daß für eine Anklageerhebung, wie zahlreiche Fälle in der Vergangenheit gezeigt haben, keine Absicht nachgewiesen werden muß. Normalerweise reicht der einfache Verstoß aus. Als Comey vor dem Kongreß in Washington am 7. Juli auftrat, um die jüngste Entwicklung in der Email-Affäre zu erläutern, mußte er deshalb folgende Beschwere seitens Jason Chaffetz, dem republikanischen Abgeordneten aus Utah und Vorsitzenden des Aufsichtsausschusses, anhören: "Hätte der Durchschnittsamerikaner das gemacht, was Sie hier dargelegt haben, befände er sich in Handschellen auf dem Weg ins Gefängnis ... Es scheint, als herrsche hier eine Doppelmoral: Wenn man nicht Clinton heißt und nicht zur Elite gehört, wird man von Justitia anders behandelt."

Die Republikaner im Kongreß, die mit ihren Anhörungen zum Thema des Überfalls auf das US-Konsulat im libyschen Benghazi im September 2012, der für Botschafter Christopher Stephens und drei seiner Mitarbeiter tödlich endete, die Email-Affäre ins Rollen brachten, wollen die Sache nicht auf sich beruhen lassen. Sie beabsichtigen, das FBI erneut anzurufen, damit die Bundespolizei gegen Hillary Clinton wegen Meineid und Justizbehinderung ermittelt. Tatsächlich widersprechen die Angaben des FBI diametral den Schutzbehauptungen, mit denen Clinton seit über einem Jahr öffentlich die Email-Affäre als Lappalie abzutun versucht. Hinzu kommen Ermittlungen, deren Existenz Comey gegenüber dem Kongreß nicht bestätigen wollte, gegen das Ehepaar Clinton in Verbindung mit deren Stiftung. Es besteht der Verdacht, daß Hillary Clinton deshalb ihre beruflichen Emails als Außenministerin über einen Server im Keller ihres Privathauses in New York abwickelte, um nicht nur mit dem langjährigen Vertrauten Sidney Blumenthal eine eigene Außenpolitik am Weißen Haus vorbei zu verfolgen - Stichwort: Libysche Waffenlieferungen an salafistische Dschihadisten in Syrien -, sondern auch um sich und ihren Mann zu bereichern.

Wie die International Business Times am 7. Juli berichtete, stiegen die Waffenexporte an Staaten, meistens im Nahen Osten, die zu den Großspendern der Clinton Foundation gehören, während Hillarys Zeit als US-Chefdiplomatin um 143 Prozent im Vergleich zur zweiten Amtszeit von George W. Bush als Präsident. Ansonsten hatten die US-Rüstungsexporte in den ersten vier Jahren der Präsidentschaft Obamas um lediglich 80 Prozent weltweit zugenommen. Insgesamt hat unter Hillary Clinton das State Department Waffendeals in Höhe von insgesamt 151 Milliarden Dollar an 16 Länder genehmigt, darunter solch leuchtende Beispiele für die Einhaltung der Menschenrechte wie Saudi-Arabien, deren Regierungen ihrerseits die Clinton Stiftung großzügig unterstützen.

11. Juli 2016


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