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USA/1419: FBI - systembedingt ... (SB)


FBI - systembedingt ...


"Schlimmer als Watergate" - so hat Donald Trump das geheimdienstliche Ausspionieren seines Wahlkampfs 2016, das dank der tatkräftigen Unterstützung großer "liberaler" Medien wie der New York Times weitere zwei Jahre als "Russiagate"-Affäre seinen Fortgang nahm, immer wieder bezeichnet. Trump ist bekanntlich ein notorischer Lügner, weshalb die meisten Menschen geneigt sind, seinen Protest angesichts der damaligen FBI-Ermittlung mit dem an das Rolling-Stones-Lied "Jumpin' Jack Flash" angelehnten reißerischen Titel "Crossfire Hurricane", als eine weitere maßlose Übertreibung des New Yorker Immobilienhais abzutun. Tatsächlich aber erweist sich das, was dem Team Trump wegen des fadenscheinigen Verdachts einer Zusammenarbeit mit dem Kreml damals widerfahren ist, als ein Polizeistaat außer Rand und Band.

Zwei Jahre lang hat sich der ehemalige FBI-Chef Robert Mueller als Sonderermittler im Auftrag des US-Justizministeriums mit dem Russiagate-Komplex befaßt. Im April 2019 veröffentlichte er den Abschlußbericht seiner Untersuchung. Dort stand schwarz auf weiß, daß es niemals irgendeine Form der Zusammenarbeit oder Konspiration zwischen dem New Yorker Trump Tower und Wladimir Putins Rußland gegeben habe. Im Dezember 2019 präsentierte Michael Horowitz, Generalinspekteur des Justizministeriums, seinen eigenen Sonderbericht bezüglich der Vorgehensweise des FBI in Sachen Russiagate der Öffentlichkeit. Daraus geht hervor, daß "der Fall" - mögliche illegale Zusammenarbeit einiger Mitarbeiter Trumps mit russischen Regierungsstellen - über alle Maßen aufgebauscht war und die damaligen Ermittlungen, die sich weit in das Jahr 2017 hinein erstreckten, keineswegs gerechtfertigt waren.

Im Mittelpunkt von "Crossfire Hurricane" stand der junge Bankier Carter Page aus Minneapolis, der ab 2000 einige Jahre lang für das Finanzhaus Merrill Lynch auf dem Sektor Öl und Gas mit Schwerpunkt ehemaliger sowjetischer Raum tätig war und ab 2008 mit einer eigenen Firma geschäftlich viel mit Rußland zu tun gehabt und auch einige Zeit in Moskau gelebt hat. Im März 2016 schloß sich Page, der bei Vorträgen und Fernsehinterviews für bessere Beziehungen zwischen den USA und Rußland eingetreten war, Trumps Wahlkampfteam an. Im Oktober 2016 beantragte das FBI beim Foreign Intelligence Surveillance Court die Genehmigung für eine Überwachungsaktion gegen Page, die sie erhielt danach mehrmals verlängern ließ. Inzwischen steht fest, daß die Verdachtsmomente, mit denen das FBI die Anträge begründet hat, absolut dürftig und stark einseitig zuungunsten des Beschuldigten ausgerichtet waren. Die an der Operation beteiligten FBI-Agenten haben nachweislich die Richter des FISA-Gerichts - benannt nach dem Foreign Intelligence Surveillance Act von 1978, der eine Wiederholung von Watergate, das geheimdienstliche Ausspionieren politischer Gegner durch die Regierung, verhindern sollte - in die Irre geführt, um ihre Überwachungsanträge genehmigt zu bekommen.

Die von Horowitz aufgedeckten Fehltritte des FBI wiegen schwer. Die an der Crossfire-Hurricane-Ermittlung beteiligten Bundespolizisten haben in ihren Anträgen an das FISA-Gericht nirgendwo die Tatsache erwähnt, daß Carter Page während seiner Zeit in Moskau mit der CIA in Verbindung stand, den US-Auslandsgeheimdienst über mögliche Anwerbeversuche russischer Spionagestellen auf dem Laufenden hielt und somit dem Profil eines möglichen Landesverräters ganz und gar nicht entsprach. Sie erwähnten außerdem nicht, daß fast alle Hinweise auf eine mögliche Verbindung zwischen Trump und Putin aus einer vermeintlichen Expertise stammten, die der ehemalige britische Diplomat und MI6-Agent Christopher Steele im Sommer 2016 im Auftrag des Wahlkampfteams Hillary Clintons aus allerlei Hörensagen und Gerüchten aus Rußland zusammengebastelt hatte. Und sie haben den FISA-Richtern im Verlauf der Ermittlungen Informationen, die Carter Page entlastet und sein Bild als potentieller "Überläufer" entkräftet hätten, gezielt vorenthalten. Insgesamt fand man 17 Formfehler bei den FISA-Anträgen gegen Carter Page.

Wegen all dieser Verstöße hat Horowitz in den letzten Monaten zum Vergleich stichprobenartig 29 andere FISA-Anträge des FBI untersucht und ist zu einem verheerenden Ergebnis gekommen. Der Generalinspekteur des Justizministeriums hat zwar das FBI vom Vorwurf, eine politisch motivierte Ermittlung gegen Trumps Wahlkampfteam verfolgt zu haben, entlastet - aber nur weil er feststellen mußte, daß eine Irreführung des FISA-Gerichts durch die Bundespolizei die Regel und nicht eine Ausnahme ist. Dies geht aus einem spektakulären Memorandum hervor, das Horowitz am 31. März veröffentlicht hat. Die untersuchten FISA-Anträge wiesen im Schnitt 20 Formfehler auf. Bei dem fehlerhaftesten Antrag waren ganze 65 Regelverstöße - Auslassungen, falsche Angaben et cetera - zu bemängeln. Die Richtigkeit und Gesetzmäßigkeit von vier der 29 ausgewählten FISA-Anträge konnte nicht untersucht werden, weil die verantwortlichen FBI-Beamten entgegen allen Vorschriften keine schriftliche Dokumentation ihrer Ermittlungsarbeit hinterlassen hatten. In der New York Times hieß es am 1. April zum jüngsten Horowitz-Bericht: "Der Befund systemischer Inkompetenz ist für das FBI vernichtend." Nun ja, die vom Kommunistenfresser J. Edgar Hoover geschaffene Geheimpolizei hat Schlimmeres überstanden.

4. April 2020


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