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BERICHT/133: Kapitalismus final - Korona und Kern (SB)


Monopole - Konzentration und Zentralisation des Kapitals

Vortrag von Beate Landefeld auf dem Symposium am 17. November 2012

Die Hamburger Veranstaltungsreihe "Kapitalismus in der Krise" gipfelte in einem Symposium, das am 17. November im Georg-Asmussen-Haus in Hamburg-St. Georg stattfand. Dabei nahmen Beate Landefeld, Lucas Zeise, Andreas Wehr, Dr. Werner Seppmann und Dr. Arnold Schölzel Stellung zu spezifischen thematischen Schwerpunkten und stellten sich einer lebhaften Diskussion mit den zahlreich erschienenen Teilnehmern. Beate Landefeld, eine langjährige Aktivistin in der DKP, die in der Marxistischen Abendschule (MASCH) Essen mitarbeitet und unter anderem für die Marxistischen Blätter und die junge Welt schreibt, sprach zum Thema "Strukturveränderungen in der Monopolbourgeoisie" [1].

Programm des Symposiums - Foto: © 2012 by Schattenblick

Foto: © 2012 by Schattenblick

Zum Abschluß des Symposiums hatten alle Vortragenden Gelegenheit, ihre Kernaussagen und Schlußfolgerungen aus der Diskussion in einer kurzen Stellungnahme zusammenzufassen. Zur Einführung der Leserinnen und Leser in das jeweils behandelte Thema bietet es sich an, in diesem Bericht entgegen dem Programmablauf das Schlußwort voranzustellen.

Beate Landefeld regte dort nachdrücklich dazu an, in der Diskussion der Krise die reine Bankenkritik durch eine Kritik am Monopolkapitalismus abzulösen. Sie erinnerte an ein Lied, das in den siebziger Jahren häufig auf Demonstrationen gesungen wurde: "Hoch vom Dach pfeift's jede Dohle, brecht die Macht der Monopole!" Davon sei man heute weit entfernt. Die Monopole seien das Machtzentrum des kapitalistischen Systems. Speziell in der Bundesrepublik habe man es damit zu tun, daß die Herrschenden gern den Eindruck erwecken, in unserem Lande gebe es nur wunderbare Familienunternehmen und einen fleißigen Mittelstand, die sich des angelsächsischen Finanzsystems erwehren müßten. Die einzelnen imperialistischen Staaten seien bestrebt, gegenüber ihrer eigenen Bevölkerung die Schuld an der Krise anderswo zu lokalisieren, um von den Interessen der eigenen herrschenden Klasse abzulenken.

Real verhalte es sich jedoch so, daß dort, wo sich die Akkumulationszentren befinden, auch die Finanzmächte sitzen, zu denen die Bundesrepublik gehört. Dies unterstreiche nicht zuletzt die Eurokrise, in der Deutschland in Vertretung von Gläubigerinteressen versuche, andere Länder auf Vordermann zu bringen. Von den 32 deutschen Konzernen, die zu den 500 größten weltweit gehören, sind sieben Banken oder Versicherungen. Beispielsweise ist die Allianz hundertprozentige Mutter des weltweit größten Staatsanleihehändlers PIMCO, und die Deutsche Bank läßt etwaige Probleme ihrer US-Tochter vom deutschen Steuerzahler absichern.

Doch nicht nur die Banken fordern einen Tribut vom Rest der Gesellschaft, auch die Monopole wälzen ihre Probleme wie Belastungen im Bankensektor über die Preise auf die gesamte Gesellschaft ab. Sie ziehen gegen eine stärkere Bankenregulierung mit dem Argument zu Felde, daß dann die Preise steigen müßten. Auch der Konflikt zwischen den Familienunternehmern und den Großkonzernen in Bezug auf die Euro-Rettung spiegelt das in gewisser Hinsicht wider: Die kleineren Unternehmen lehnen die Rettungsschirme ab, weil sie viel weniger Möglichkeiten als die Konzerne haben, die Folgen einer langgestreckten Euro-Rettung auf die Gesellschaft abzuwälzen.

Es gebe eben auch reaktionären Antimonopolismus wie jenen im Verband der Familienunternehmer. Antimonopolismus könne jedoch nur dann revolutionär-demokratisch werden, wenn die Arbeiterklasse für ihre eigenen Interessen eintritt und so zum Kristallisationspunkt für eine Alternative zu den Monopolen wird. Dies erfordere nicht nur eine ökonomische Interessenvertretung der Arbeiterklasse, sondern auch eine im Reproduktionsbereich Gesundheit, Kultur und Bildung. Andernfalls werde sich der Mittelstand immer an die Interessen der Großkonzerne anschmiegen.

Mit Mikrofon in der Hand - Foto: © 2012 by Schattenblick

Beate Landefeld
Foto: © 2012 by Schattenblick


Explosion des Reichtums an der Spitze der Gesellschaft

In ihrem inhaltlich anspruchsvollen und aufschlußreichen Vortrag war Beate Landefeld eingangs auf eine Aussage von Karl Marx eingegangen, der gelegentlich vom Kapital als automatischem Subjekt oder von geldheckendem Geld spricht. Geld könne indessen nur zu Kapital werden, wenn bestimmte historisch-soziale Voraussetzungen existierten. Die Natur produziere nicht auf der einen Seite Geld- oder Warenbesitzer und auf der anderen bloße Besitzer der eigenen Arbeitskraft. Vielmehr seien diese Klassen "das Resultat einer vorhergegangenen historischen Entwicklung, das Produkt vieler ökonomischer Umwälzungen, des Untergangs einer Reihe älterer Formationen". Marx nennt die privaten Produktionsmittelbesitzer personifiziertes Kapital. Als private Warenproduzenten sind sie der Anarchie des Marktes selbst ausgeliefert und an objektive ökonomische Gesetze gebunden. Doch sie sind zugleich deren Nutznießer. Mit der Akkumulation auf immer höherer Stufe reproduziert sich ihre Herrschaft und wächst ihre Macht, während die Arbeiterklasse vom Lohn abhängig bleibt.

Zur historischen Tendenz der kapitalistischen Akkumulation gehöre die Konzentration und Zentralisation, die zu Großunternehmen führt. Das verschärfe den Grundwiderspruch zwischen der Vergesellschaftung der Produktion und dem Privateigentum an den entscheidenden Produktionsmitteln. Die Anfälligkeit des Kapitalismus für Krisen steige mit der Größe der Unternehmen, mit ihrer Systemrelevanz, wie man heute sagt. Solange der Grundwiderspruch nicht durch den Sozialismus gelöst wird, entwickelt die herrschende Klasse systemimmanente Lösungen, so die Referentin. Sie heben den Grundwiderspruch nicht auf, verschaffen ihm aber neue Bewegungsformen, die die Schranken, die das Privateigentum der Vergesellschaftungstendenz auferlegt, hinausschieben. Diese neuen Bewegungsformen gehen jeweils auch mit Veränderungen in den Eigentumsstrukturen und in der Zusammensetzung der herrschenden Klasse einher. So setzt sich z.B. das Gesellschaftskapital in Form der Aktiengesellschaft durch, weil Großunternehmen die Kapitalmobilisierungsfähigkeit des Einzelkapitalisten übersteigen. Marx sah in der Aktiengesellschaft "die Aufhebung des Kapitals als Privateigentum innerhalb der Grenzen der kapitalistischen Produktionsweise selbst".

Der Monopolkapitalismus, der sich um 1900 auf breiter Front durchsetzt, repräsentiert eine höhere Stufe der Vergesellschaftung wiederum mit Folgen für die Struktur der herrschenden Klasse. Dazu Lenin: "Zum typischen Herrscher der Welt wurde nunmehr das Finanzkapital, das besonders beweglich und elastisch national wie international besonders verflochten ist, das besonders unpersönlich und von der direkten Produktion losgelöst ist, das sich besonders leicht konzentriert und bereits stark konzentriert hat, so daß buchstäblich einige hundert Milliardäre und Millionäre die Geschicke der ganzen Welt in ihren Händen halten." Und er definiert das moderne Finanzkapital als "Konzentration der Produktion, daraus erwachsende Monopole, Verschmelzen oder Verwachsen der Banken mit der Industrie - das ist die Entstehungsgeschichte des Finanzkapitals und der Inhalt dieses Begriffs". In Lenins Monopoltheorie bleibt also das Finanzkapital trotz seiner Loslösung von produktiven Funktionen an die Monopolisierung aus dem Akkumulationsprozeß gebunden.

Lenins Verständnis des Verschmelzens oder Verwachsens von Industrie- und Bankkapital grenzt sich ausdrücklich von Hilferdings These einer Dominanz des Bankkapitals über das Industriekapital ab. Vielmehr geht es um Verflechtungen in den Eigentumsstrukturen und in der Unternehmenskontrolle, wobei es je nach Aktionärsstruktur unterschiedliche Typen von Kontrolle gibt. Der Begriff der Finanzoligarchie, der heute wieder in Gebrauch ist, meint die führende Gruppe des Finanzkapitals, die sogenannten Entscheider, wie heute gern gesagt wird.

In der Bundesrepublik ist eine klare Strukturdifferenzierung des Gesamtkapitals gegeben. Es gibt insgesamt 3 Millionen steuerpflichtige Unternehmen. Davon sind 99,7 Prozent kleine und mittlere Unternehmen, die etwa 38 Prozent aller Umsätze erbringen. Nur 0,3 Prozent sind Großunternehmen, die aber 62 Prozent der Umsätze erbringen. Im Schnitt kommen also auf 1000 Unternehmen drei, die Zweidrittel der Umsätze dieser 1000 erwirtschaften. Diese 0,3 Prozent kann man als Konzerne betrachten, die Monopole sind oder deren Konkurrenz sie dicht an das Monopol herangeführt hat.

Nach der marxistischen Definition sind Monopole Produkt der Erhöhung des Vergesellschaftungsgrads der Produktion, die notwendig zur Beherrschung bestimmter Zusammenhänge des gesellschaftlichen Reproduktionsprozesses führt und dadurch die Aneignung von Monopolprofit ermöglicht. Hauptformen sind heute nicht mehr Kartelle oder Trusts, obwohl es die auch gibt, sondern Konzerne und Kooperationen zwischen Konzernen. Konzerne sind rechtlich selbständige Unternehmen unter einheitlicher Finanzkontrolle, ausgeübt über das Beteiligungssystem durch Großaktionäre oder andere Arten von Stimmrechtehaltern. Die finanzkapitalistischen Verflechtungen zwischen den größten Konzernen zeigen sich unter anderem darin, daß 2008 von den 100 größten Konzernen der Bundesrepublik in Handel und Gewerbe 32 Töchter inländischer Konzerne der gleichen Liste der 100 größten waren und 14 Töchter ausländischer Monopole.

Die international tätigen Konzerne steigern ihre Profite unter anderem durch Nutzung von Wechselkursschwankungen, Unterschieden in Steuersystemen und Löhnen, durch Gewinntransfers auf der Basis von Intrafirmenpreisen, durch Devisen- und Rohstoffspekulationen. Autokonzerne bieten Kredite, Versicherungen und andere Finanzdienstleistungen an. Dazu braucht jeder Konzern seinen eigenen Finanzüberbau und zugleich die Kooperation mit den ebenfalls international tätigen Großbanken. Entsprechend tritt der Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Keitel, auch gegen eine allzu rigide Regulierung der Banken auf und zwar mit dem Argument, die deutsche Industrie brauche nicht nur einheitliche Kasseninstitute um die Ecke, sondern auch starke Banken, die das internationale Geschäft der Unternehmen bedienen könnten.

Referentin am Rednerpult - Foto: © 2012 by Schattenblick

Blick in die Eingeweide der Bourgeoisie
Foto: © 2012 by Schattenblick

Dreiviertel der 500 größten Konzerne der Welt kommen aus sieben Staaten. Die Bundesrepublik ist mit 32 Konzernen dabei, an vierter Stelle nach den USA, China und Japan, gleichauf mit Frankreich, vor Großbritannien und der Schweiz. Die Zentren der Kapitalakkumulation sind also zugleich die größten Finanzmächte, die über die Fähigkeit verfügen, in der Krise ihre Banken und die Vermögenswerte ihrer Bourgeoisien zu retten.

Die Monopolbourgeoisie der Bundesrepublik setzt sich nach 1945 aus drei großen Gruppen zusammen: Die erste sind die Kapitalistenclans, die sogenannten Unternehmerdynastien, die zweite die privaten Spitzenmanager und die dritte die staatlichen Spitzenmanager. Die privaten Spitzenmanager von Aktiengesellschaften in Streubesitz wie Daimler, Siemens, Deutsche Bank oder Allianz kontrollieren sich faktisch gegenseitig. Sind mehrheitsfähige Großaktionäre vorhanden wie etwa bei VW, BMW, Beiersdorf oder Merck, müssen die Spitzenmanager sich die Macht mit den Vertretern der Milliardärsclans teilen. Vom Staat beauftragte Manager sind zur Zeit vor allem bei Bahn und Post, bei Staatsbanken wie der Kreditanstalt für Wiederaufbau - mittlerweile die drittgrößte Bank der BRD - den Landesbanken und Sparkassen, bei Regulierungsinstitutionen wie Bundesbank, Bundesaufsicht für Finanzdienstleistungen, bei dem nationalen Rettungsschirm, bei Wettbewerbsbehörden und als Abgesandte der Bundesregierung in Gremien der internationalen Regulierung wie EZB, EU-Kommission, EMS, IWF, Bank für Internationalen Zahlungsausgleich und anderen zu finden.

Die Zusammensetzung der deutschen Bourgeoisie aus den drei Gruppen hat es in der gesamten Geschichte der Bundesrepublik gegeben. Es gab jedoch Verschiebungen zwischen den Gruppen, die es erlauben, von zwei Phasen zu sprechen. In der ersten Phase 1945 bis 1975, der Zeit der Systemkonkurrenz oder des Fordismus, wächst die Rolle des Staates bei der Regulierung ökonomischer Prozesse. Der staatsmonopolistische Kapitalismus setzt sich auf breiter Front durch. Die Staatsquote erreicht ein Vielfaches des Werts des Jahrhundertbeginns. In der Aktionärsstruktur, bei den Eigentümern und fungierenden Kapitalisten der 100 größten Konzerne wächst bis in die achtziger Jahre der Einfluß staatlicher und privater Manager, während die Unternehmerdynastien vor allem in und mit der Schwerindustrie auszusterben scheinen. Erkennbar ist eine Verschiebung zu mehr Staat und weniger privat.

In Phase zwei, den 30 Jahren Neoliberalismus, erfolgte hingegen eine Verschiebung zu mehr privat und weniger Staat. Der Umsatzanteil clankontrollierter Unternehmen bei den 100 größten Konzernen verdoppelte sich bis 2008 im Vergleich zu 1985. Dagegen sank der Staatsanteil etwa auf das Niveau von 1958. Der Umsatzanteil der Konzerne in Streubesitz und daher unter Managerkontrolle unterlag nur kleinen Schwankungen. Der Anteil ausländisch kontrollierter Unternehmen blieb in beiden Phasen in der Bundesrepublik nahezu konstant bei etwa 20 Prozent. Mit dem Wiedererstarken großer Privateigentümer in den Konzernen korreliert die Explosion des Reichtums an der Spitze der Gesellschaft. Mindestens ein Prozent der Deutschen und damit über 800.000 Personen sind Millionäre, davon ca. 125 Milliardäre.

Der angestellte Topmanager, Chefarzt oder Investmentbanker bildet unter Deutschlands Millionären eher die Ausnahme. Von den 100 reichsten Deutschen haben 34 ihren Reichtum durch die Gründung eines eigenen Unternehmens verdient. Die übrigen Zweidrittel sind vor allem deshalb so reich, weil sie ein Familienunternehmen oder Anteile daran geerbt haben. Im Jahr 2008 bezogen 82 der 122 Milliardäre ihr Vermögen als Großaktionäre oder Mehrheitseigner mindestens eines der 500 größten Konzerne der Bundesrepublik.

Anhänger der These vom Finanzmarktkapitalismus sprechen gern von einer Machtverschiebung zugunsten von Finanzinvestoren, wobei meist große Pensionsfonds aus den USA als Beispiel genannt werden. Auch in der Bundesrepublik vervielfachte sich die Zahl der Publikums- und Spezialfonds von Banken und Versicherungen sowie diverser Investmentgesellschaften. Der größte US-Investor und - mit einer Anlagesumme von 3200 Milliarden Dollar - weltgrößte Vermögensverwalter BlackRock ist an vielen deutsche Firmen mit meldepflichtigen Anteilen um die 5 Prozent vertreten. Er ist der am stärksten vertretene Fonds bei deutschen Aktiengesellschaften. Kontrollmacht ergibt sich aus diesen etwa 5 Prozent allein allerdings nicht. Dort, wo es kontrollierende Großaktionäre gibt, sind das in der Regel Mutterkonzerne oder die Beteiligungsgesellschaften, Stiftungen und Erbengemeinschaften von Clans oder in manchen Konzernen auch der Staat. In managerkontrollierten Konzernen, die überwiegend in Streubesitz sind, sind arabische Staatsfonds und russische Oligarchen als sogenannte Ankeraktionäre gerngesehen, da sie Schutz gegen feindliche Übernahmen bieten können, aber nur solange sie nicht selbst die Kontrolle anstreben.

Sitzend mit Mikrofon - Foto: © 2012 by Schattenblick

Sonderheit der Monopole
Foto: © 2012 by Schattenblick


Objektive Voraussetzungen und subjektiver Faktor

In Beantwortung mehrerer Fragen des Vorbereitungskreises der Veranstaltungsreihe ergänzte Beate Landefeld ihren vorangegangenen Vortrag. Wie sie ausführte, gebe es im Kapitalismus der freien Konkurrenz grundsätzlich das Phänomen des Extraprofits, den die Unternehmen an der Spitze, die die höchste Arbeitsproduktivität aufweisen, erzielen können. Der Extraprofit werde jedoch durch die freie Konkurrenz ausgeglichen, weil die anderen Unternehmen diesen Vorsprung im Laufe der Zeit einholen können. Davon zu unterschieden sei der Monopolprofit, der auf der Beherrschung bestimmter Reproduktionszusammenhänge basiere, wodurch es möglich werde, höhere Profite dauerhaft der Ausgleichsbewegung zu entziehen.

Die Bandbreite der dabei verwendeten Methoden sei sehr groß: Überdurchschnittlich günstige Einkaufs- und Beschaffungsmöglichkeiten beim Erwerb von Rohstoffen, Maschinen und Arbeitskräften wie bei Finanzierungsquellen. Der Konkurrenzdruck anderer Kapitale bleibe aus, weil die höhere Arbeitsproduktivität aufgrund des wissenschaftlich-technischen Niveaus, wegen eines Monopols auf Patente oder eines zu hohen Kapitalminimums nicht imitiert werden könne. Daher erfolge keine Verallgemeinerung der Senkung der Arbeitskosten, so daß der Monopolist keinem Preissenkungsdruck unterliegt. Hinzu komme die Fähigkeit, durch Marktstrategien Kaufkraft auf die eigenen Produkte zu ziehen, mithin Nachfrage und Preise hochzuhalten, wofür sich die Produkte von Apple als anschauliches Beispiel anführen ließen. Zudem können Monopole wegen ihrer hohen Marktanteile Preisführerschaft ausüben. Sie können bei Bedarf das Angebot verknappen oder umgekehrt die Kapazitäten voll auslasten.

Aus diesen Gründen überstehen Monopole Krisen besser als die normalen Kapitale, weshalb die Kapitalvernichtung vor allem zu Lasten der nichtmonopolistischen Akteure erfolgt, so daß die Monopole gestärkt aus der Krise hervorgehen, selbst wenn sie Verluste erleiden. Monopolprofit bedeutet nicht unbedingt höherer Profit, es kann sich auch um eine Vermeidung von Verlusten handeln, an denen andere zugrunde gehen. Konkurrenz existiert natürlich auch im Monopolkapitalismus, doch ändert sie ihre Formen. Es gibt die freie Konkurrenz bei den nichtmonopolistischen Kapitalen, die monopolistische Konkurrenz zwischen Monopolen und innerhalb von Monopolen um die Macht im Konzern sowie zwischen monopolistischen und nichtmonopolistischen Kapitalen.

Die Steuerung der Kapazitäten zur Vermeidung von Überkapazitäten stehe im Widerspruch zum unbegrenzten Akkumulations- und Expansionszwang des Kapitals, der ebenso wie die Konkurrenz weiterhin existiert. Dadurch entsteht im Monopolkapitalismus notwendig ein relativer Kapitalüberschuß, die berühmte Überakkumulation. Diese tritt nicht nur zyklisch in der Krise in Erscheinung, sondern auch chronisch. Seit der Krise 1974/75 herrsche wieder chronische Überakkumulation und diese wiederum sei die Grundlage dafür, daß Kapital exportiert werden muß, so Beate Landefeld.

Auch in der anschließenden Podiumsdiskussion unter Einbeziehung des Publikums hatte die Referentin Gelegenheit, eine Reihe an sie gerichteter Fragen dezidiert zu beantworten. Was die Schrumpfung des Finanzsektors angehe, entließen in fast allen reichen kapitalistischen Ländern die Banken Zehntausende von Mitarbeitern. Die Krise dauere indessen auch deshalb so lange, weil der Finanzsektor nicht schnell genug schrumpfe. Die weithin erhobene Forderung, der Finanzsektor solle schrumpfen, müsse ihres Erachtens ergänzt werden: Wie ein künftiger Finanzsektor aussehen sollte, müsse Gegenstand des Klassenkampfs sein. Man dürfe nicht nur diskutieren, was aus Sicht der Bourgeoisie vernünftig wäre, sondern müsse insbesondere erörtern, was aus Sicht der Arbeiterklasse erforderlich ist.

Hat die Bourgeoisie Kontrolle über die Produktion? Über die Produktion nicht, aber über das einzelne Unternehmen, so die Referentin. Der gesellschaftliche Charakter dessen, was die Unternehmen hervorbringen, sei aufgrund des privaten Eigentums vermittelt über den Markt. Marx und Engels benutzten dafür die Formel Organisation und Planung im einzelnen Betrieb auf der einen und Anarchie in der Gesellschaft auf der anderen Seite. Dieser Anarchie ist auch die Bourgeoisie unterworfen. Durch die zunehmende Vergesellschaftung im Monopolkapitalismus zeichneten sich andererseits die Monopole dadurch aus, daß sie über bestimmte Reproduktionszusammenhänge Elemente der Planung verwirklichen können. Das seien Widersprüche, die innerhalb des Kapitalismus nicht aufgehoben werden könnten. Sie könnten nur dann aufgehoben werden, wenn der Vergesellschaftung der Produktion und Arbeitsorganisation auch die Vergesellschaftung des Eigentums unter demokratischer Kontrolle der Produzenten nachfolge. Nötig sei also der Übergang zum Sozialismus.

Befinden wir uns in einer Übergangsgesellschaft oder unter einer prosperierenden Kapitalmacht? "Ich denke, beides trifft zu", antwortete Beate Landefeld. Objektiv bildeten sich die Voraussetzungen des Sozialismus in Form der zunehmenden Vergesellschaftung und des Zwangs zur Kooperation, die sich unter kapitalistischen Verhältnissen nur in Konkurrenz, also gegen Dritte, entwickeln könne. Es kommt aber auch der subjektive Faktor ins Spiel. Gegenwärtig sei die Arbeiterklasse organisatorisch, politisch und in ihren theoretischen und strategischen Diskussionen äußerst schwach. Dieses Problem lasse sich nicht durch Willensakte überwinden, sondern erfordere langwierige Bewußtseinsprozesse.

Abschließend bedankte sich Beate Landefeld für die sehr gute Organisation der Veranstaltungsreihe, die wohl nur möglich sei, wenn sie in einem Kollektiv wie der MASCH vorbereitet und strukturiert werde. Wie der rege Besuch zeige, könne marxistische Bildungsarbeit trotz aller Schwierigkeiten attraktiv sein. Wenn auch nur im Kleinen trage man dennoch dazu bei, die eigene Qualifizierung zu befördern, mit der alles anfange.


Fußnote:

[1] Siehe dazu auch:
INTERVIEW/147: Kapitalismus final - Monopole brechen? (SB)
http://www.schattenblick.de/infopool/politik/report/prin0147.html

4. Dezember 2012