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FRAUEN/431: Malaysia - Für mehr lokale Mitbestimmung, Wahlexperiment bindet verstärkt Frauen ein (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 1. Oktober 2012

Malaysia:
Für mehr lokale Mitbestimmung - Wahlexperiment bindet verstärkt Frauen ein

Von Anil Netto

Wählerstimmen in Penang werden gezählt - Bild: © Anil Netto/IPS

Wählerstimmen in Penang werden gezählt
Bild: © Anil Netto/IPS

Penang, Malaysia, 1. Oktober (IPS) - Ein bisher einzigartiges Experiment im malaysischen Bundesstaat Penang, das auf eine gleichberechtigte Einbindung von Frauen in die Entscheidungsfindung auf der Graswurzelebene abzielte, könnte den Kommunalwahlen in dem südostasiatischen Land neuen Schwung geben.

Penang besteht aus zwei Teilen: der Insel, auf der die Regierung ihren Sitz hat, und Seberang Perai auf der Malaiischen Halbinsel. Mit einer Bevölkerung von 1,5 Millionen Menschen ist Penang ein wirtschaftlich wichtiger Bundesstaat mit einer florierenden Tourismusindustrie und einem Hafen.

An drei aufeinander folgenden Tagen stimmten Ende September einkommensschwache Hochhausbewohner in der River Road auf der Insel Penang über ihre Prioritäten ab. Vor den Wahlen hatten die Organisatoren einen Zensus aller 530 Familien durchgeführt. Dabei wurden 1.667 'Wähler' im Alter von mindestens zehn Jahren ermittelt.

Die Menschen wurden in fünf Gruppen unterteilt und berieten über sechs Themen, die bei der Abstimmung im Vordergrund stehen sollten: die Wartung der Gebäude, die Sauberkeit von Gemeinschaftsflächen, Erholungseinrichtungen, Parkplätze, bessere Sicherheit und Programme zur Bewusstseinsbildung.

Mindestens die Hälfte der 'Fokus-Gruppen' bestand aus Frauen, denen eine Schlüsselrolle zukam, andere Personen zur Stimmabgabe zu motivieren. Letztlich nahmen 70 Prozent der Bewohner des Viertels an der Wahl teil.

Norjan Ibrahim, die Leiterin der Anwohnervereinigung, zeigte sich optimistisch. Sie sei zuversichtlich, dass der Gemeinderat der Insel Penang aktiv würde, weil "wir uns sehr bemüht haben, ein öffentliches Feedback zu erhalten. Ich vertraue darauf, dass die Frauengruppe das Programm umsetzt."

Ibrahim bezog sich damit auf die 'Penang Women's Development Corporation' (PWDC), die sich für die Gleichstellung der Geschlechter und Gerechtigkeit einsetzt. Die Organisation wird vom Bundesstaat Penang unterstützt, der seit 2008 von einer Koalition aus Parteien regiert wird, die auf Bundesebene der Opposition angehören.


Bürger partizipieren kaum auf lokaler Ebene

Die Zentralregierung hatte 1960 die Wahlen zu den lokalen Räten ausgesetzt und den Bürgern damit die Beteiligung an Entscheidungsprozessen erschwert. Die Mitglieder der Gremien werden seither ernannt. Die Regierung in Penang setzt sich vehement für die Wiedereinführung der Kommunalwahlen ein, um die Demokratie zu stärken, für die der Staat einst bekannt war.

Das Wahlverfahren in dem Hochhausviertel war Teil eines Projekts zur frauengerechten Budgetplanung, das von der PWDC in Zusammenarbeit mit zwei lokalen Gremien durchgeführt wurde. Während des dreijährigen Pilotprojekts nutzen alle Räte das Budgetmodell, um die Bedürfnisse aller Menschen, auch von Frauen, Kindern und Behinderten, zu berücksichtigen.

Ein Jugendlicher gibt seine Stimme ab - Bild: © Anil Netto/IPS

Ein Jugendlicher gibt seine Stimme ab
Bild: © Anil Netto/IPS

"Der Prozess hat unsere Erwartungen übertroffen", sagte Aloyah Bakar von der PWDC hinsichtlich der hohen Wahlbeteiligung. Auch Kinder und Teenager gaben zahlreich ihre Stimme ab. "Ich habe für die Wartung der Gebäude gestimmt", sagte der 15-jährige Fareezuan Yusof. "Das Licht muss repariert werden, es fehlen Feuerlöscher. Ich möchte, dass alles schön hell und sauber ist." Der ein Jahr ältere Arash Fauwaz Asri votierte hingegen für bessere Parkmöglichkeiten, da Autos und Motorräder bisher gedrängt vor den Häusern abgestellt werden können.

Ibrahim, die als Supervisorin in einem Krankenhaus tätig ist, kritisierte die Defizite bei der Müllsammlung, die unzureichende Instandhaltung der Fahrstühle und das Parkproblem. Die Ergebnisse der Wahlen waren keine Überraschung, weil die meisten für den Erhalt der Gebäude gestimmt hatten. Weitere Themen, die auf großes Interesse stießen, waren Sicherheit und Sauberkeit.

"Die Anwohner haben nun die große Aufgabe, Arbeitspapiere zu erstellen, sagte Bakar. Die Organisatoren wollen mit den Bewohnern des Viertels die drei wichtigsten Bedürfnisse ermitteln. Die Ergebnisse werden dann dem Gemeinderat von Penang vorgelegt und bei der Planung des Haushalts für 2014 berücksichtigt.

Beobachter loben den Ablauf, weil er die Entscheidungsfindung von unten unterstützt und dabei Männer mit Frauen sowie Ältere mit Jungen zusammenführt. Damit kann beeinflusst werden, wie begrenzte Mittel den Bedürfnissen der Menschen auf der Graswurzelebene angepasst werden können.

Ein ähnliches Experiment wurde kürzlich in Ampang Jajar auf dem Festland von Penang durchgeführt. 65 bis 70 Prozent der Wähler beteiligten sich. Da in Ampang Jajar viele Kinder mit abstimmten, erhielt der Bau eines Freizeitparks die größte Unterstützung. (Ende/IPS/ck/2012)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Oktober 2012