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FRAUEN/736: Argentinien - Knappe Mehrheit der Abgeordneten stimmt für die Entkriminalisierung der Abtreibung (poonal)


poonal - Pressedienst lateinamerikanischer Nachrichtenagenturen

Argentinien

Von innen: Knappe Mehrheit der Abgeordneten stimmt für die Entkriminalisierung der Abtreibung



Blick in die Reihen der Abgeordneten - Foto: Gustavo Gavotti, Anred

Foto: Gustavo Gavotti, Anred

(Madrid, 14. Juni 2018, El Salto) - Nach über 20 Stunden Debatte hat das Abgeordnetenhaus mit knapper Mehrheit für die Entkriminalisierung der Abtreibung gestimmt. 129 Abgeordnete stimmten dafür, 125 dagegen und eine Abgeordnete enthielt sich. Tausende Frauen versammelten sich in den angrenzenden Straßen und verfolgten die Debatte. Kurz vor der Abstimmung erreichte sie ein Tweet, dass drei noch unentschlossene Abgeordnete für die Legalisierung stimmen würden. Diese Stimmen waren ausschlaggebend. Nun geht der Gesetzesentwurf zum Senat.

Während der Debatte hatten die Unentschiedenen ihre Position bereits verdeutlicht. Doch schließlich enthielt sich allein die Abgeordnete María Alejandra Vigo mit folgender Begründung: "Ich werde mich enthalten, weil mir scheint, dass die Regierung das Feld der Debatte verlassen hat und von den Provinzen und Gemeinden verlangt, sich mit einer Frage auseinander zu setzen, die es zwar zu lösen gilt, aber mit der Rückendeckung des staatlichen Politikbetriebs."

Eine der polemischsten Beiträge kam von Estela Regidor von der Partei Radikale Bürgerunion UCR (Unión Cívica Radical). Sie verglich die Frauen mit Hündinnen, um sich gegen den Gesetzesentwurf des Freiwilligen Abbruchs der Schwangerschaft zu positionieren: "Sicher haben viele von Ihnen Haustiere. Was passiert, wenn eine Hündin schwanger wird? Wir bringen sie nicht zum Tierarzt damit sie abtreibt."

In ihren Abschlussworten forderte Graciela Camaño vom Wahlbündnis Erneuerungsfront (Frente Renovador) eine Reflexion über die gesellschaftliche Spaltung, die ihrer Meinung nach durch die Debatte über die Entkriminalisierung der Abtreibung entstanden ist.


"Dass es Gesetz werde"

Pablo Yedlin aus dem peronistischen Lager wies darauf hin, dass "in jenen Ländern, in denen die Abtreibung entkriminalisiert wurde, die Zahl der Abtreibungen zurückgegangen ist und die Müttersterblichkeit häufig gegen Null geht." Mit einem "Dass es Gesetz werde", schloss er und folgte damit den Forderungen der sozialen Bewegung.

Am meisten Zustimmung erhielt die Abschlussrede von Silvia Lospennato vom Regierungsbündnis Cambiemos: "Uns wird hier versucht weis zu machen, dass wir über ein Ja oder Nein zur Abtreibung diskutieren: Wir reden aber von einer legalen oder einer heimlichen Abtreibung; und in dieser Debatte gibt es nur einen Vorschlag, der das Leben schützt und das ist der Vorschlag zur Entkriminalisierung der Abtreibung", sagte die Abgeordnete.

Der Entwurf, der nun dem Senat vorgelegt wird, orientiert sich an dem der Landesweiten Kampagne für das Recht auf eine legale, sichere und kostenlose Abtreibung (Campaña Nacional por el Derecho al Aborto Legal, Seguro y Gratuito [1]) und schließt Gewissensfragen, Strafen für Ärzt*innen bei unsachgemäßer Behandlung und die Implementierung des Zivilgesetzbuches mit ein, um ein Mindestalter für eine unabhängige Entscheidung eines Schwangerschaftsabbruches festzulegen. Der Entwurf sieht vor, dass eine Abtreibung in den ersten 14 Wochen der Schwangerschaft möglich ist. Außerhalb dieses Zeitraums ist ein Abbruch auch dann möglich, wenn die Schwangerschaft durch eine Vergewaltigung entstanden ist, das Leben oder die Gesundheit der Schwangeren in Gefahr ist oder der Fötus außerhalb des Mutterleibes nicht überlebensfähig ist.


Anmerkung:
[1] https://www.npla.de/poonal/von-innen-knappe-mehrheit-der-abgeordneten-stimmt-fuer-die-entkriminalisierung-der-abtreibung/


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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Juni 2018

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