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MELDUNG/161: Weltbevölkerungstag gedenkt der Opfer von Verfolgung und Vertreibung (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 9. Juli 2015

Flüchtlinge: Weltbevölkerungstag gedenkt der Opfer von Verfolgung und Vertreibung

von Thalif Deen


Bild: © Evan Schneider/UN

Somalische Mädchen im Ifo-2-Flüchtlingslager im kenianischen Dadaab
Bild: © Evan Schneider/UN

NEW YORK (IPS) - Im Kampf gegen die vielen humanitären Krisen stehen die Vereinten Nationen derzeit auf verlorenem Posten. Ende letzten Jahres befanden sich 60 Millionen Menschen auf der Flucht, Tendenz steigend. Der diesjährige Weltbevölkerungstag am 11. Juli wirft ein Schlaglicht auf das Leid so vieler Menschen, mit deren Versorgung die Weltgemeinschaft heillos überfordert ist.

Die Ursachen der Krise sind allesamt menschengemacht: sie sind die Folge bewaffneter Konflikte, schlechter Regierungsführung, politischer Fehlentscheidungen, des Scheiterns ganzer Staaten, des Vordringens von Extremisten und des Klimawandels. Da sich kein Ende der politischen Unruhen und Konflikte abzeichnet, wird die Zahl der Flüchtlinge und Vertriebenen in den kommenden Jahren zunehmen.

"Die Zwangsvertreibungen von Millionen Männern, Frauen und Kindern haben eine humanitäre Krise ausgelöst, die die Länder aller Weltregionen herausfordert", betonte Joseph Chamie, ehemaliger Leiter der UN-Bevölkerungsabteilung, im Gespräch mit IPS.

Den Vereinten Nationen zufolge hat sich die Gesamtzahl derer, die auf Nothilfe angewiesen sind, seit 2004 auf insgesamt mehr als 100 Millionen verdoppelt. Um diese Menschenmassen zu versorgen, bedarf es im laufenden Jahr 19,1 Milliarden US-Dollar. 2004 waren es noch 3,4 Milliarden Dollar gewesen.


Ablehnende Haltung gegenüber Migranten

Chamie zufolge sind die Kapazitäten der Regierungen und Nichtregierungsorganisationen, den Bedarf so vieler Menschen an Nahrungsmitteln, Unterkünften, Kleidung, medizinischer Versorgung und Sicherheit zu decken, ausgeschöpft. Leider sei es der internationalen Gemeinschaft nicht gelungen, eine umfassende Lösung der Krise zu finden.

"Regierungen und Bürger zeigen sich zunehmend unwillig, die vielen notleidenden Menschen unterschiedlicher Ethnien aufzunehmen, die zu einer Gefahr der sozialen Stabilität werden können", erklärte der Experte. Die Migrantenfeindlichkeit führt er darüber hinaus auf die wirtschaftliche Unsicherheit, gravierende Haushaltsdefizite, hohe Arbeitslosigkeit und die Sorge um die nationale und kulturelle Identität in den Zielländern zurück.

Wie aus einem kürzlich veröffentlichten Bericht des UN-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR) hervorgeht, handelt es sich bei der Mehrheit der 137.000 Menschen, die über das Mittelmeer nach Europa gekommen seien, eindeutig um politische Flüchtlinge.

Ein Drittel der Menschen, die Italien oder Griechenland erreicht hätten, seien Syrer, die fast überall auf der Welt den Flüchtlingsstatus erhielten. Zwei weitere größere Flüchtlingsherkunftsländer sind Afghanistan und Eritrea. Auch den Bürgern dieser Staaten wird in aller Regel Asyl gewehrt.

Im ersten Halbjahr des laufenden Jahres ist die Zahl der Migranten, die über das Mittelmeer nach Europa kamen, laut UNHCR um 83 Prozent auf 137.000 gestiegen. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es noch 75.000 gewesen.

Im April erreichte die Zahl der Migranten, die im Mittelmeer ertrunken sind, mit mehr als 1.300 einen bisherigen Höchststand. Im April 2014 hatten 42 Menschen den Tod gefunden.


Schwerstbelastung für Frauen

In einer von UNFPA verbreiteten Mitteilung heißt es, dass Frauen und Mädchen, die sich in Krisensituationen befänden, einem erhöhten Risiko ausgesetzt seien, missbraucht, vergewaltigt, misshandelt und zur Ehe gezwungen zu werden. In vielen Fällen komme ihnen nach dem Tod ihrer Männer die Rolle des Familienvorstands zu.

In dem Bemühen, Hilfe für ihre Kinder, kranke oder ältere Familienmitglieder zu organisieren, hätten sie mit immensen Schwierigkeiten zu kämpfen. Auch beim Wiederaufbau seien sie benachteiligt. Der Kampf um das Wohlergehen ihrer Angehörigen führe dazu, dass sie ihre eigenen Bedürfnisse hintanstellten, so UNFPA.

Deshalb räumt das UN-Flüchtlingshilfswerk der Stärkung der Rolle der Frau sowie dem Schutz von Mädchen und Kindern Priorität ein. "Wir arbeiten eng mit Regierungen, dem UN-System, lokalen Partnern und anderen Stellen zusammen, damit die reproduktive Gesundheit in die Nothilfeprogramme aufgenommen wird", heißt es. "Zum diesjährigen Weltbevölkerungstag rufen wir die Internationale Gemeinschaft dazu auf, ihre Anstrengungen zu verdoppeln, damit die Gesundheit und die Rechte von Frauen und Mädchen gestärkt werden." (Ende/IPS/kb/09.07.2015)


Link:

www.ipsnews.net/2015/07/humanitarian-emergencies-lend-urgency-to-world-population-day/

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IPS-Tagesdienst vom 9. Juli 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Juli 2015

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