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RESOLUTION/037: Boykott von Mehrheitsentscheidung im UN-Rat - Kritik an EU und USA (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 30. Juni 2014

Menschenrechte: Boykott von Mehrheitsentscheidung im UN-Rat - Kritik an EU und USA

von Thalif Deen


Bild: © Omid Memarian/IPS

Die USA und die EU haben angekündigt, nicht mit der Arbeitsgruppe für einen verbindlichen Vertrag für Konzerne zu kooperieren
Bild: © Omid Memarian/IPS

New York, 30. Juni (IPS) - Die USA und die EU pflegen Mehrheitsentscheidungen stets als Eckpfeiler ihrer Mehr-Parteien-Demokratien anzupreisen und zu fördern. Doch auf UN-Ebene kommt es häufig vor, dass sie stattdessen auf Konsensentscheidungen pochen, vor allem, wenn es um wichtige Entscheidungen wie etwa den UN-Haushalt geht - oder wenn sie in der UN-Vollversammlung oder in den Gremien der Weltorganisation klar überstimmt werden.

Letzteres war am 26. Juni geschehen, als die Mehrheit des UN-Menschenrechtsrats (UNHRC) in Genf einem Vorschlag Ecuadors und Südafrikas für ein rechtlich verbindliches Abkommen zustimmte, das dazu beitragen soll, Menschenrechtsverbrechen transnationaler Konzerne (TNCs) und globaler Wirtschaftskonglomerate zu verhindern.

Im Anschluss an die Abstimmung kündigten USA und EU an, die zwischenstaatliche Arbeitsgruppe (IGWG), die die Grundlage für die Verhandlung der vorgeschlagenen Übereinkunft schaffen soll, zu ignorieren. So erklärte Stephen Townley, der US-Vertreter beim UNHRC, gegenüber Delegierten: "Die USA werden sich nicht an der IGWG beteiligen und darüber hinaus andere Staaten dazu anhalten, das Gleiche zu tun." Townley betonte ferner, dass es eine Reihe praktischer Einwände gegen das Projekt gebe wie die Schwierigkeit, Wirtschaftsakteuren, die nicht Gegenstand internationaler Verträge sind, Regeln aufzuerlegen.

Im 47 Mitgliedsländer zählenden UNHRC votierten am 26. Juni 20 Staaten für und 14 gegen die Resolution. 13 Länder enthielten sich der Stimme. Zu den Gegnern gehörten Deutschland, Estland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Italien, Japan, Österreich, Südkorea und Tschechien. Unterstützt wurde sie unter anderem von China, Indien, Indonesien, Kenia, Pakistan, den Philippinen und Algerien. Die arabischen Staaten einschließlich Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Kuba sowie Mexiko, Peru und die Malediven enthielten sich der Stimme.


Druck von "einflussreichen Mächten"

Anne van Schaik von dem 'Friends of the Earth Europe' erklärte gegenüber IPS, dass die Liste der Länder, die gegen die Resolution gestimmt hätten, zeigte, "dass wir es mit einflussreichen Mächten zu tun haben. Wen würden diese alten Einschüchterungstaktiken nicht abschrecken." Da die EU deutlich gemacht habe, dass sie sich nicht an einer Umsetzung des Vorschlags beteiligen werde, und Washington verbreitet habe, dass ein solches rechtlich verbindliches Instrument nicht für die Länder gelten werde, die dagegen gestimmt hätten, dürfe man sich auf massiven Widerstand gegen das Projekt gefasst machen, sagte van Schaik. "Und doch freuen wir uns, denn es kommt schließlich nicht alle Tage vor, dass öffentliche Interessen denen der Konzerne übergeordnet werden."

Sowohl die USA als auch die EU argumentieren, dass die drei Jahre alten UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte ausreichend seien, um die Geschäftspraktiken von Konzernen und Großunternehmen zu kontrollieren. "Wir haben den Staaten bisher nicht die nötige Zeit gegeben, um die Leitprinzipien umzusetzen", meinte Townley. "Auch wenn wir die von einigen Delegationen und zivilgesellschaftlichen Kollegen vorgebrachten Sorgen teilen, dass wir mehr tun müssen, um den Opfern von Menschenrechtsverletzungen großer Konzerne zu ihrem Recht zu verhelfen, befürchten wir, dass diese Initiative [für ein rechtlich verbindliches Abkommen] die gegenteilige Wirkung erzielen wird."

Philip Lynch, Chef der Menschenrechtsorganisation 'International Service for Human Rights', meinte gegenüber IPS, dass es im Sinne der Effektivität wichtig sei, dass sich die Europäische Union an dem Verhandlungsprozess beteilige, gerade weil sie Sitz vieler Konzerne sei und gleichzeitig zu den führenden Unterstützern einer Umsetzung der UN-Leitprinzipien gehöre.

"Wir hoffen ferner, dass die Verhandlungen über das Abkommen auf dem Konsens aufbauen und diesen ergänzen werden, der den von der EU stark unterstützten Leitprinzipien zugrunde liegt", sagte van Schaik. Dafür mache sich Friends of the Earth seit Jahren, wenn nicht gar Jahrzehnten stark.


UN als Weltorganisation die richtige Adresse

"Wir waren immer der Meinung, dass die UN für die Entwicklung eines solchen Instrumentes zuständig sein sollte, da sie das einzige demokratische Weltentscheidungsgremium ist, dass in der Lage ist, einen solchen Vorschlag zu erarbeiten", betonte sie. Gut sei ferner, das in der Resolution bereits ein Fahrplan über die ersten Schritte der Arbeitsgruppe enthalten sei.

"Das Stimmergebnis hat klar gezeigt, dass die Gegner diejenigen Länder sind, in denen TNCs ihren Sitz haben", sagte van Schaik und wies darauf hin, dass Washington bereits vor dem Votum erklärt habe, dass Länder, die dagegen stimmen würden, sich nicht an die Resolution zu halten hätten. "Auch wenn das kompletter Blödsinn ist, bedeutet es, dass die Zivilgesellschaft und die Länder, die dafür gestimmt haben, alles Menschenmögliche tun müssen, damit die Aktivitäten der Arbeitsgruppe ein voller Erfolg werden."

Der Aktivistin zufolge "haben wir in sehr kurzer Zeit eine Koalition aus 610 Organisationen und 400 Einzelpersonen zustande gebracht". Diese Allianz arbeite bereits an Plänen, wie es weitergehen soll. Besonders die Gruppen in Europa, den USA und Norwegen seien gefragt, Druck auf ihre Länder auszuüben, damit diese die Resolution respektieren. "Wir werden eine Kampagne starten, E-Mail-Aktionen durchführen, Forschungsergebnisse vorlegen, Vortragsreihen organisieren und - falls nötig - auf die Straße ziehen, um sicherzustellen, dass die Arbeitsgruppe erfolgreich ist." (Ende/IPS/kb/2014)


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http://www.ipsnews.net/2014/06/after-losing-vote-u-s-eu-threaten-to-undermine-treaty/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Juli 2014