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ARBEIT/2536: Zahl der tariflichen Vergütungsgruppen unter 8,50 Euro auf Tiefststand (idw)


Hans-Böckler-Stiftung - 10.03.2016

Zahl der tariflichen Vergütungsgruppen unter 8,50 Euro auf Tiefststand

WSI Niedriglohn-Monitoring: Seit 2010 von 16 auf 3 Prozent


Die Zahl der tariflichen Vergütungsgruppen, in denen Stundenlöhne unter 8,50 Euro gezahlt werden, ist in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen. Das ergibt eine aktuelle Auswertung*, die das Tarifarchiv des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung vorlegt.


Das WSI-Tarifarchiv hat rund 4.500 Vergütungsgruppen aus 40 Branchen und Wirtschaftszweigen untersucht. Im Januar 2016 sahen nur noch 3 Prozent davon Stundenlöhne von weniger als 8,50 Euro vor. Anfang 2015 waren es 6 Prozent, Ende 2013 lag der Anteil noch bei 10 Prozent, Anfang 2010 bei 16 Prozent (siehe Grafik 1 in der pdf-Version dieser Pressemeldung; Link unten).

"Die positive Entwicklung der vergangenen Jahre hat sich fortgesetzt. Der tarifliche Niedriglohnsektor wird immer kleiner" sagt der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Dr. Reinhard Bispinck. "Der gesetzliche Mindestlohn hat sich so als wirkungsvolle Untergrenze und als Stütze der Tarifpolitik erwiesen", so der Tarifexperte.

In vier Branchen (Landwirtschaft/Gartenbau, Textil- und Bekleidungsindustrie, Leih-/Zeitarbeit, Wäschereidienstleistungen) bestehen allgemeinverbindliche Branchenmindestlöhne, die überwiegend in den ostdeutschen Tarifgebieten zurzeit noch unterhalb des gesetzlichen Mindestlohnes liegen.

Diese Branchenmindestlöhne nutzen die im Mindestlohngesetz vorgesehene zweijährige Übergangsfrist, die bis Ende 2016 eine Unterschreitung des gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 durch allgemeinverbindliche Tarifverträge repräsentativer Tarifparteien zulässt (siehe Übersicht 1 in der pdf-Version).

Tarifliche Vergütungsgruppen unter 8,50 €, die in Branchen ohne allgemeinverbindliche Tarifverträge festgelegt sind, werden durch den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 € verdrängt. Sie kommen vor allem in älteren Tarifverträgen vor, die zum Teil schon seit Jahren nicht mehr neu verhandelt wurden.

In einigen Branchen ist der Anteil der Niedriglohngruppen seit 2010 besonders stark zurückgegangen. Dies gilt vor allem für das Bewachungsgewerbe, die Hotels und Gaststätten, das Fleischerhandwerk und den Erwerbsgartenbau (siehe Grafik 2 in der pdf-Version). In der Floristik und in der Gebäudereinigung gibt es inzwischen keine Vergütungsgruppe unterhalb von 8,50 €/Stunde mehr.

Die WSI-Untersuchung zeigt: Die große Mehrheit, 97 Prozent der Vergütungsgruppen aus Tarifverträgen, die DGB-Gewerkschaften abgeschlossen haben, sieht Stundenlöhne von 8,50 Euro und mehr vor. Insgesamt 86 Prozent der Vergütungsgruppen beginnen mit einem Stundensatz von mindestens 10 Euro. Letzteres gilt für alle Tarifgruppen in wichtigen Branchen wie der Metall- und der Chemieindustrie, dem Bankgewerbe, dem Bauhauptgewerbe, der Süßwarenindustrie und der privaten Abfallwirtschaft. 15 Prozent der Tarifgruppen liegen sogar bei 20 Euro und mehr. Das Tarifsystem setzt so Untergrenzen oberhalb der Niedriglohnschwelle.


Weitere Informationen unter:

http://www.boeckler.de/pdf/p_ta_elemente_81_2016.pdf
- (*) Bispinck, Reinhard / WSI-Tarifarchiv, WSI Niedriglohn-Monitoring 2016 - Entwicklung der tariflichen Vergütungsgruppen in 40 Wirtschaftszweigen. Reihe: Elemente qualitativer Tarifpolitik, Nr. 81, Düsseldorf, März 2016.

http://www.boeckler.de/pdf/pm_ta_2016_03_10.pdf
- Die PM mit Grafiken (pdf)

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution621

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Hans-Böckler-Stiftung, Rainer Jung, 10.03.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. März 2016

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