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GEWERKSCHAFT/1942: Absenkung der Gehälter im Einzelhandel kommt nicht in Frage (ver.di)


ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft - Presseinformation vom 31. März 2020

ver.di: Absenkung der Gehälter im Einzelhandel kommt nicht in Frage - scharfe Kritik an Vorstellungen des Handelsverbandes Deutschland


Berlin - Mit scharfer Kritik hat die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) auf die Absage des Handelsverbandes Deutschland (HDE) reagiert, der eine bundesweite Regelung zur Erhöhung des Kurzarbeitergeldes im Einzelhandel auf 90 Prozent ablehnt. "Damit lehnt der HDE die tarifpolitische Verantwortung ab und verweigert hunderttausenden Beschäftigten den existentiellen Schutz", erklärte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. Die Einkommensreduzierung durch das Kurzarbeitergeld auf 60 bzw. 67 Prozent stürze viele Einzelhandelsbeschäftigte in existenzbedrohende Notlagen. "Der HDE kommt seiner Aufgabe als Verband in dieser Krisensituation nicht nach", so Nutzenberger.

Umso erfreulicher sei es, dass viele Unternehmen der Branche wie Primark, H&M, Zara, Walbusch oder Fielmann bereits eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes auf 90 und 100 Prozent vereinbart haben.

Die Bundesregierung investiere Milliarden in Einzelhandelsunternehmen, um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise aufzufangen. Dazu bekommen die Unternehmen bei Kurzarbeit ihre Sozialabgaben zu 100 Prozent ersetzt. "Unternehmen im Handel, die nur Geld nehmen, aber nicht auch Verantwortung für die Beschäftigten übernehmen, dürfen aus meiner Sicht keine staatliche Unterstützung erhalten", sagte Nutzenberger. Es sei "unverantwortlich vom Handelsverband Deutschland, die Beschäftigten in dieser Situation mit 60 Prozent des Gehaltes im Regen stehen zu lassen und die eigene Verantwortung auf die gesamte Gesellschaft abzuwälzen".

Die vom HDE ins Spiel gebrachte Regelung zur Absenkung der Einkommen der Einzelhandelsbeschäftigten sei der durchsichtige Versuch, geltende Tarifverträge auszuhebeln. In dieser Krise gehe es nicht um kurzfristen Lohnverzicht, sondern um die Zukunft der Unternehmen im Einzelhandel und ihrer Beschäftigten. "Die sitzen an der Kasse, arbeiten im Verkauf und im Lager. Sie sind für die Daseinsvorsorge da, ihnen wird von der Gesellschaft Beifall gezollt. Das ist gut, reicht aber nicht. Tarifverträge sind in Deutschland auch in Krisenzeiten ein verlässlicher Sicherheitsanker für Beschäftigte und Unternehmen. Wenn der Verband seine tarifpolitische Verantwortung nicht wahrnimmt, müssen wir Tarifverträge direkt mit den Unternehmen abschließen, um den existenziellen Schutz der Beschäftigten im Einzelhandel sicherzustellen."

Der Arbeitgeberverband hatte vorgeschlagen, das Geld der anstehenden Tariferhöhung von 1,8 Prozent zu einer kleinen Aufstockung des Kurzarbeitergeldes zu nutzen. "Dann würden die Beschäftigten diese Aufstockung des Kurzarbeitergeldes selbst bezahlen. Dafür brauchen sie keinen Arbeitgeberverband," erklärte Nutzenberger.

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Quelle:
Presseinformation vom 31.03.2020
ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
Bundesvorstand, Pressestelle
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. April 2020

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