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INTERNATIONAL/023: Vom Feld in die Fabrik - Kleine Fortschritte bei der Weiterverarbeitung (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 22. März 2011

Afrika: Vom Feld in die Fabrik - Kleine Fortschritte bei der Weiterverarbeitung

Von Isolda Agazzi


Genf, 22. März (IPS) - Die Entwicklung Afrikas hängt entschieden von den Möglichkeiten ab, die Rohstoffe des Kontinents vor Ort wertschöpfend zu verarbeiten. Einige ausländische Investoren haben sich auf ein solches Experiment eingelassen und können Gewinne vorweisen.

"Ein dynamischer Sektor aus kleinen und mittelständischen Betrieben generiert Arbeitsplätze, höhere Einkommen, wirtschaftliche Diversifizierung, Exporte und ausländische Direktinvestitionen", meint Mohamed-Lamine Dhaoui von der UN-Organisation für industrielle Entwicklung (UNIDO). "Und doch ist die Weiterverarbeitung mit nur zehn Prozent am afrikanischen Bruttoinlandsprodukt beteiligt."

Rohstoffe wie Öl, Gas, Metalle und unverarbeitete Nahrungsmittel stellen das Gros der afrikanischen Exporte. Weiter verarbeitete Erzeugnisse schlagen hingegen nur mit 29 Prozent aller Ausfuhren zu Buche. Das hat mit den Herausforderungen vor Ort zu tun: dem schwierigen Geschäftsumfeld, inadäquaten technischen Support-Leistungen, Infrastrukturmängeln, einer schwachen technologischen Entwicklung sowie hohen Fertigungs- und Stromkosten.


Lohnvorteile

Zu den Vorteilen zählen die geringen Löhne, die auch dann noch niedrig sind, wenn die Arbeitskräfte geschult werden müssen. Gerade die Landwirtschaft sei mit ihren Möglichkeiten in den Bereichen Agroindustrie, Cash Crops und Nahrungsmittelindustrie für die Weiterverarbeitung geradezu prädestiniert, meint Dhaoui von der UNIDO.

Einige Unternehmen haben die Herausforderung, Agrarprodukte in Afrika weiterzuverarbeiten, angenommen. Gary Hannam, Geschäftsführer des Schweizer Unternehmens 'Olivado Ltd', brachte in Kenia eine internationale Avocadoölmarke auf den Markt. "Im zentralen Hochland Kenias gibt es Qualitätsavocados im Überfluss, die von den Menschen vor Ort nicht gegessen werden". berichtet er. "Die Chance, dass ökologisch nachhaltige und faire Produkte zertifiziert werden, ist groß, und auch Korruption stellt kein Problem dar."

Trotz einiger Rückschläge konnte in einer Rekordzeit von sieben Monaten ein Fairtrade-Programm aufgestellt werden. Olivado sei nun zu Kenias bedeutendsten Bioexporteur aufgestiegen, berichtet Hannam. 820 kenianische Kleinbauern haben ein Fairtrade-Siegel erhalten. Seit ihrer Fortbildung können sie nun den Einzelhandel selbst beliefern.

"Unsere Beschäftigungspolitik zielt darauf ab, Menschen mit gutem Potenzial zu finden und fortzubilden", sagt Hannam. "So wurde aus einer Reinigungskraft ein Obstlieferant, die Einkommen der Bauern konnten verdoppelt werden."


Trotz aller Schwierigkeiten erfolgreich

Infrastrukturprobleme im Wasser-, Strom und Straßenbereich konnten den Siegeszug Olivados als international bekannte Avocadoölmarke nicht aufhalten. Inzwischen wird sie in 22 Ländern gehandelt. Vorgesehen ist, die Zahl der Bauern, die dem Unternehmen zuarbeiten, in den kommenden vier Jahren auf 2.000 zu erhöhen. Aus ihren Avocados sollen dann 460.000 Liter Öl hergestellt werden.

Basierend auf dem kenianischen Modell wird die Firma in Kürze auch in Kolumbien eine neue Fabrik aufbauen. Gesucht seien Partner, "die unsere Ideale teilen", berichtet Hannam.

Auch Hans Peter Werder kann eine Erfolgsgeschichte erzählen. Der Gründer der Schweizer Firma HPW Ag, die zwölf Personen beschäftigten, hat in Ghana eine Trockenobstfabrik aufgebaut. "Unsere Strategie zielt auf die Entwicklung von Produkten mit Mehrwert, die für die europäischen Nischenmärkte bestimmt sind", erläutert er.

Für Ghana sprechen mehrere Faktoren. Dazu zählt die Nähe der Fabrik zu den Obstplantagen und der Umstand, dass sich aus 15 Kilo Ananas ein Kilo Trockenobst herstellen lassen. Zu den Herausforderungen zählt er die Instabilität der Obstlieferungen durch die Kleinbauern, Inflation und eine künstlich aufgeblähte Landeswährung.

Ananas, Kokosnüsse und Mangos werden in Ghana weiterverarbeitet und vom Fairtrade-Handelzertifizierer Max Havelaar mit einem Öko-Label versehen und in die Schweiz oder andere Länder verkauft. 'Blue Skies', so der Name des lokalen Partners, der die Früchte trocknet, beschäftigt 900 Menschen in den von Arbeitslosigkeit geplagten ländlichen Gebieten.

HPW Ag unterstützt die Ananas-Pflanzer in den Bemühungen um Transfair-Siegel. "Heute sind wir in Ghana, was ländliche Dienstleistungen angeht, führend", berichtet Werder. "Wir sind für 35 Prozent aller ghanaischen Ananas-Exporte verantwortlich und können möglicherweise die größte Trockenobstfabrik Afrikas vorweisen. In der Fabrik kann das Trockenobst auch verpackt von dort aus direkt an die Einzelhändler geliefert werden."

Wichtig ist, dass das Obst aus möglichst unterschiedlichen Quellen geliefert wird: zur Hälfte von Großbauern und zur anderen Hälfte von kleinen Farmern. Die Weiterverarbeitung wird in Partnerschaft mit einem südafrikanischen Trockenobstfabrikant durchgeführt. Gemanagt wird das Ganze von einem ghanaischen Team und einem südafrikanischen Unternehmen.

Die hohen Strom-, Gas- und Ölkosten veranlassten HPW Ag dazu, vollständig auf erneuerbare Energien aus Biomüll umzustellen. Alle diese Besonderheiten hätten ihren Preis, räumt Herder ein. "Doch Europäer sollten auch die Nachhaltigkeit unserer Produkte berücksichtigen." Auch blieben 37 Prozent des Verbraucherpreises im Herkunftsland. (Ende/IPS/kb/2011)


Links:
http://www.olivado.com/
http://www.bomarts.ch/
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=54921

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. März 2011