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INTERNATIONAL/046: Afrika - Einheitlicher Handel nicht in Sicht, WTO mahnt Verbesserungen an (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 9. September 2011

Afrika: Einheitlicher Handel nicht in Sicht - WTO mahnt Verbesserungen an

Von Servaas van den Bosch


Kapstadt, 9. September (IPS) - Bei globalen Handelsabkommen geht es zunehmend darum, Produktionsketten zwischen Ländern und Kontinenten zu bilden. Dass Afrika davon noch weit entfernt ist, führen Handelsexperten auf die Fragmentierung des Kontinents zurück, ein Erbe der Kolonialzeit.

"Wir sind alle Teile derselben Produktionskette. Protektionismus zu betreiben, hieße, sich selbst ins Knie zu schießen", meinte der Chefökonom der Welthandelsorganisation (WTO), Patrick Low, am 8. September auf einer Konferenz des Südafrikanischen Handelsrechtszentrums in Kapstadt. Seiner Ansicht nach geht es bei Präferenzabkommen immer weniger um Tarife, sondern um "vertiefte Integration", die Verbindungen zwischen Produktionsnetzwerken schaffe. Low bezog sich damit auf den WTO-Welthandelsbericht von 2010, aus dem hervorgeht, dass nur 16 Prozent des globalen Handels von Vorzugskonditionen profitieren.

Wichtig sei inzwischen weniger die Öffnung neuer Märkte, sondern die Schaffung von Voraussetzungen, unter denen die Industrie wettbewerbsfähig arbeiten könne, erklärte Low. Durch die Förderung von Präferenzabkommen sei der Handel innerhalb der Produktionsnetzwerke um acht Prozent gestiegen. Auf Afrika treffe dies allerdings nicht zu, merkte der Ökonom an. Der Kontinent "passt nicht in dieses Schema. Statt Produktionsnetzwerke zu bilden, steckt Afrika in einem Kampf gegen das koloniale Erbe der Zersplitterung."

Gerhard Erasmus von Tralac empfahl den Regierungen des schwarzen Kontinents, sich nach der Entstehung von Freihandelszonen zunächst um eine Zollunion und später um einen gemeinsamen Markt zu bemühen.

Die Südafrikanische Entwicklungsgemeinschaft (SADC) ist zwar eine Freihandelszone, die jedoch mit zahlreichen Hindernissen zu kämpfen hat. "Ein LKW-Fahrer, der Güter von Südafrika in die Demokratische Republik Kongo transportiert, wird an den Grenzen mit der Begründung aufgehalten, er habe nicht die erforderlichen Papiere bei sich", sagte Erasmus. Nach einem monatelangen erfolglosen Rechtsstreit seien dann der Laster und die Waren verschwunden.

Die Entwicklung von Dienstleistungen wie etwa einem kosteneffizienten Transportsektor werde in den extensiven Handelsgesprächen afrikanischer Länder ungern thematisiert, kritisierte der Experte. Doch ohne sie leide der ganze Sektor. So würden Ruandas Exporteinnahmen beispielsweise zu 40 Prozent von den Transportkosten aufgefressen.


Zivilgesellschaft bleibt außen vor

Afrika konzentriere sich zu sehr auf den Warenhandel, statt eine tiefergehende regionale Integration in Angriff zu nehmen, sagte die Tralac-Direktorin Trudi Hartzenberg. Gespräche würden meist gemeinsam vom Staat und von der Privatwirtschaft geführt. Die Zivilgesellschaft bleibe dagegen außen vor.

Der Ausbau von Dienstleistungen sei ausschlaggebend, um Produktion und Netzwerkbildung zu fördern, erklärte Hildegunn Nordhas von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Er wirke sich positiv auf die Märkte und die Produktivität aus.

"Der Handel mit kenianischen Schnittblumen begann erst zu boomen, als mehr Touristen in das Land kamen. Denn dank regulärer Flugverbindungen konnten die Blumen auf diesem Weg exportiert werden", so Nordhas. Afrika tue sich keinen Gefallen, wenn es weiterhin die Entwicklung seines Dienstleistungssektors vernachlässige. (Ende/IPS/ck/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. September 2011