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INTERNATIONAL/058: Simbabwe - Tabak bringt das schnelle Geld, Kleinbauern vernachlässigen Maisanbau (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 1. November 2011

Simbabwe: Tabak bringt das schnelle Geld - Kleinbauern vernachlässigen den Maisanbau

von Grit Porsch


Berlin, 1. November (IPS) - In Simbabwe wechseln immer mehr Kleinbauern, die auf enteigneten Großfarmen ein Stück Land bewirtschaften, vom Mais- zum Tabakanbau. Großabnehmer der Blätter bezahlen ihnen den Ernteerlös bar auf die Hand. Die Vermarktungsbehörde für Getreide dagegen, bei der die Bauern ihre Maisernte abliefern müssen, lässt sich mit dem Bezahlen monatelang Zeit.

Das Frühwarnsystem der US-Entwicklungshilfebehörde FEWSNET, das drohende Hungersnöte ankündigt, stellte in seinem Septemberbericht fest, dass in den Monaten vor der nächsten Ernte von Januar bis April in Simbabwe 1,68 Millionen Menschen auf importierte Nahrungsmittel aus den Hilfsprogrammen angewiesen sein werden. Ihre Zahl ist im Vergleich zum letzten Jahr um zwölf Prozent gesunken.

Auch wenn die amtlichen Statistiken der jüngsten Zeit eine durchschnittlich verbesserte Nahrungsmittelversorgung in dem von politischen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten gebeutelten Simbabwe anzeigen, schätzt die nationale Notversorgungsbehörde (ZimVAC), dass es immer noch für 13 Prozent der städtischen Bevölkerung keine Nahrungsmittelsicherheit gibt.


Tabakproduktion wieder im Aufwind

Vor der von Präsident Robert Mugabe und seiner Regierung als Landreform deklarierten umfassenden Enteignung der Großgrundbesitzer, die auch große Tabakplantagen bewirtschafteten, gehörte das Land im südlichen Afrika zu den wichtigsten Tabakexporteuren. Nach 2000 stürzte die Produktion von 237 Millionen Kilogramm auf 49 Millionen Kilogramm (2008) ab. Dank der vielen kleinen Tabakfarmer hat sich die Produktion nach Angaben des simbabwischen Tabakverbandes inzwischen erholt. 2011 wurden auf den Tabakbörsen 132 Millionen Kilo versteigert.

Im Gespräch mit dem UN-Nachrichtendienst IRIN betonte der 28-jährige Tabakpflanzer Thomas Gwata aus dem östlich der Hauptstadt Harare gelegenen Nyazura: "Der Anbau von Tabak hat unser Leben verändert." Gemeinsam mit 65 anderen Kleinbauern pflanzt er seit 2008 auf der ehemaligen Farm eines weißen Großbauern Tabak. Die diesjährige Ernte brachte ihm etliche tausend Dollar ein.

Auch der Kleinbauer Samuel Chizemo, der sich 150 Kilometer nördlich von Harare mit 36 Kollegen auf seiner sechs Hektar großen Parzelle auf den Tabakanbau verlegt hat, ist mit dem diesjährigen Umsatz zufrieden. Er kassierte umgerechnet 8.000 US-Dollar, "sofort und bar auf die Hand", betonte er.

In diesem Jahr liegt der durchschnittliche Kilopreis für Tabak bei 2,73 Dollar (2010; 2,89 Dollar). Der staatlich kontrollierte Festpreis für eine Tonne Mais beträgt 285 Dollar.


Zwischenhändler kassieren Maisbauern ab

Doch Kleinbauern, die die Monopolbehörde umgehen und ihre Maisernte an Zwischenhändler verkaufen, um schneller an Geld zu kommen, erhalten nicht den vollen Preis. "Aufkäufer, die es sich leisten können, auf die Bezahlung durch die Getreidebörse zu warten, stecken einen Teil unseres Verdienstes in die eigene Tasche", klagte Chizemo.

Rodney Ambrose, Chef des Verbandes der Tabakpflanzer, berichtete, dass sich auf den enteigneten Plantagen inzwischen 67.000 Tabakerzeuger angesiedelt hätten. Nur etwa 1.700, darunter 300 weiße Plantagenbesitzer, die geblieben sind, verfügten über große Anbauflächen. "Doch im Großen und Ganzen ist die Qualität des an die Auktionshallen gelieferten Tabaks sehr gut", versicherte er.

Der Chef der Wirtschafts- und Vermarktungsbehörde für Tabak, Andrew Matibiri, verweist auf die Bedeutung des wieder erstandenen Tabakanbaus. "Er bringt dem Land dringend benötigte Devisen und verhilft vielen tausend Familien zu einem eigenen Einkommen", sagte er gegenüber IRIN. "Früher kam der Tabakanbau nur einer kleinen Minderheit zugute."

In drei, vier Jahren könnte Simbabwes Tabakproduktion auf bis zu 350 Millionen Kilo jährlich ansteigen, vorausgesetzt, die Kleinbauern erhalten die erforderliche finanzielle Hilfe, erklärte Matibiri. "Europa und China nehmen uns etwa 40 Prozent der Tabakernte ab, die Nachfrage ist groß", berichtete der Experte. (Ende/IPS/mp/2011)


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http://www.fao.org/
http://www.irinnews.org/report.aspx?reportid=94074

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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. November 2011