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INTERNATIONAL/105: Myanmar - Mikrokredite helfen Bauern auf die Beine (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 12. September 2012

Myanmar:
Mikrokredite helfen Bauern auf die Beine - Staatliche Reformen zeigen Wirkung

von Marwaan Macan-Markar



Bangkok, 12. September (IPS) - Unter der jahrzehntelangen Militärdiktatur in Myanmar lebten die Reisbauern in bitterer Armut. Ländliche Reformen der mittlerweile amtierenden quasi zivilen Regierung eröffnen ihnen nun neue Möglichkeiten. So sollen sie Zugang zu Mikrokrediten erhalten und aus der Abhängigkeit von Wucherern befreit werden.

Organisationen wie 'Livelihood and Food Security Trust' (LIFT), eine von westlichen Gebern finanzierte Mikrokredit-Initiative, stellen der Landbevölkerung Darlehen in Höhe von umgerechnet 60 bis 600 US-Dollar bereit. Die Kreditvergabe wird dadurch erleichtert, dass im vergangenen November ein Gesetz über Mikrofinanzierung in Kraft trat.

LIFT wird unter anderem von der Europäischen Union, Dänemark, den Niederlanden, Neuseeland, Schweden, der Schweiz und Großbritannien unterstützt. Die Geber helfen bei der Existenzsicherung und der Verbesserung der Ernährungssicherheit. Damit tragen sie zur Erreichung der Millenniumsentwicklungsziele der Vereinten Nationen bei, die auf die Beseitigung der extremen Armut und des Hungers in der Welt abzielen.

Die Initiative will in Myanmar die Verfügbarkeit von Lebensmitteln erhöhen und etwa zwei Millionen Kreditempfängern ein besseres Einkommen ermöglichen. Die Bauern benötigen die Kleinkredite während der Monsun-Regenzeit dringend. Um Reis auf einer Fläche von etwa 4.000 Quadratmetern ernten zu können, müssten die Farmer 100 bis 150 Dollar investieren, sagt Andrew Kirkwood, der Fondsdirektor von LIFT. "Mit erschwinglichen Krediten werden mehr Bauern in der Lage sein, ihr Land zu bestellen."


Bauern fanden bisher kaum seriöse Kreditgeber

Laut Kirkwood lässt das Gesetz über Mikrofinanzierung hoffen, dass sich arme Menschen sehr bald Darlehen leisten können. Diese seien ein Schlüssel zum Abbau der Armut in dem südostasiatischen Land, erklärte er. Der Zugang zu Krediten, die von seriösen Geldverleihern angeboten würden, sei in Myanmar sehr begrenzt.

50 einheimische und ausländische Organisationen haben inzwischen eine Genehmigung, um Mikrokredite bereitzustellen. Während der 50-jährigen, bis 2010 andauernden Militärdiktatur vergab dagegen nur die staatliche Bank für Agrarentwicklung (MADB) Darlehen.

Geschäftsbanken durften hingegen kein Geld an Bauern verleihen. Die begrenzten Angebote der MADB erreichten allerdings nur etwa ein Drittel der Bevölkerung in ländlichen Regionen. Die Lücke wurde von Geldverleihern gefüllt, die bis zu 20 Prozent Zinsen im Monat verlangten.

Wie die Vereinten Nationen kürzlich mitteilten, haben die neuen Kredite zu Zinsen von maximal 2,5 Prozent monatlich bewirkt, dass die gesamte Nachfrage inzwischen fast 470 Millionen Dollar erreicht hat. Da immer mehr Kleinkredite benötigt werden, könnte sich die Nachfrage bis auf schätzungsweise zwei Milliarden Dollar erhöhen.

Die kleinen finanziellen Erleichterungen für Bauern in Reisanbaugebieten wie dem Irrawaddy-Delta sind Teil eines umfassenden Wirtschaftsprogramms, das Präsident Thein Sein seit dem vergangenen Jahr vorantreibt. Im Zuge der Reform wurde auch ein Zentralkomitee für Landentwicklung und Armutsbekämpfung gegründet, dessen Aufgaben unter anderem darin bestehen, die Agrarproduktion zu steigern und Bauern Kredite zur Verfügung zu stellen.

"Der Reformwille der Regierung hat dazu geführt, dass das Parlament seit seinem ersten Zusammentreten im letzten Jahr mindestens 25 Gesetze ausgearbeitet oder revidiert hat", sagt Jenny Swe Swe Myint von Myanmar-Büro der Hilfsorganisation 'Oxfam'. Im März seien zwei neue Gesetze verabschiedet worden, von denen zwei Drittel der von der Landwirtschaft lebenden Bevölkerung profitieren könnten, erklärt sie. Allerdings wiesen beide Gesetze noch größere Lücken auf, die negative Folgen für die Bauern haben könnten.


Agrarsektor mit hohem Exportpotenzial

Die Strategie der Regierung von Thein Sein erscheint sinnvoll, da der Agrarsektor 36 Prozent des Bruttoinlandsprodukts von Myanmar ausmacht. Einer neuen Studie der Asiatischen Entwicklungsbank (AsDB) zufolge sind die meisten Arbeitskräfte in dem Land in der Landwirtschaft tätig, die 25 bis 30 Prozent der Exporteinnahmen erwirtschaftet.

Wie aus der Mitte August in der philippinischen Hauptstadt Manila veröffentlichten Untersuchung 'Myanmar in Transition: Opportunities and Challenges' hervorgeht, sind die Chancen, die Agrarflächen auszuweiten und die Produktivität zu steigern, enorm. Aufgrund des guten Wetters, der reichen Wasservorkommen und der zahlenmäßig großen Bevölkerung in ländlichen Gebieten von rund 60 Millionen Menschen könnte sich Myanmar auf einfache Weise in der nahen Zukunft ein höheres Wachstum sichern und die Agrarexporte steigern.

Nach AsDB-Angaben werden zurzeit erst 18 Prozent des insgesamt 68 Millionen Hektar großen Landes für den landwirtschaftlichen Anbau genutzt. Auf 18,5 Prozent der Fläche werden demnach Reis, Bohnen, Sesam und Gemüse angepflanzt. Die Reisfelder erstrecken sich über acht Millionen Hektar Land. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:
http://www.adb.org/sites/default/files/pub/2012/myanmar-in-transition.pdf
http://www.lift-fund.net/
http://www.ipsnews.net/2012/09/microfinance-brings-hope-to-myanmars-farmers/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 12. September 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. September 2012