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INTERNATIONAL/115: Zukunft ohne Dollar und Euro? - BRICS-Länder auf Erweiterungskurs (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 22. November 2012

Entwicklung: Zukunft ohne Dollar und Euro? - BRICS-Länder auf Erweiterungskurs

von John Fraser



Johannesburg, 22. November (IPS) - Werden die wirtschaftlich aufstrebenden BRICS-Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika zwei weitere Mitglieder aufnehmen und sich damit zu BRICSIT erweitern? Die Indonesien und die Türkei sind bereits eingeladen worden, sich dem Club anzuschließen.

"Kürzlich war ich in Moskau, und dort wurde darüber gesprochen, dass BRICS zu BRICSIT werden könnte", sagte Martyn Davies, Geschäftsführer der in Johannesburg ansässigen Beratungsfirma für Schwellenländer 'Frontier Advisory'. "Es gibt dafür vernünftige geopolitische und geoökonomische Gründe", erklärte er.

Die Türkei und Indonesien sollten demnach im Kreis der potenziellen neuen Mitglieder ganz nach vorn aufrücken. Würde Indonesien beitreten, hätte das Bündnis Zugang zu Südostasien. Auch die Türkei würde neue geographische Verhältnisse schaffen. "Mit den derzeitigen Mitgliedern gäbe es keine regionalen Überschneidungen. Russland liegt als einziger Staat in zwei Regionen, nämlich Europa und Asien", sagte Davies.

Da BRICS ein Zusammenschluss ist, der kein spezielles Sekretariat oder eine sonstige Infrastruktur besitzt, können neue Mitglieder rasch aufgenommen werden, so wie dies bei Südafrika 2010 der Fall gewesen ist. Da ein Konsens der bisherigen BRICS-Staaten ausreichte, wurden zeitraubende Verhandlungen unnötig. "Es gibt kein vorgeschriebenes Verfahren, deshalb ist es so einfach", erläutert Davies.

Der Analyst Chris Gilmour von der Firma 'ABSA Investments', die zu einer der größten südafrikanischen Banken gehört, erklärte, dass die Regierung seines Landes die Beziehungen zu anderen Schwellenländern als Priorität sieht. "Die BRICS werden zu einem Kernelement in der südafrikanischen Außenpolitik", bemerkte er. "Südafrika allein ist zu klein und unbedeutend, um global etwas zu bewirken. Im Verbund mit anderen Staaten, die ähnliche Interessen haben, kann das aber gelingen."


Südafrika zurzeit mit niedrigem Wachstum

Gilmour ist allerdings auch der Ansicht, dass Südafrikas Glaubwürdigkeit als BRICS-Mitglied noch Zweifel aufwirft. Er sieht den Verbleib des Landes in dem Verbund gefährdet und wirft Südafrika vor, "in gewisser Weise ein Hochstapler zu sein". Das wirtschaftliche Wachstum sei gemessen an dem der anderen BRICS-Staaten sehr niedrig, geradezu lächerlich gering, kritisierte er. "Es wird also lange dauern, bis wir unseren Einschluss in die Gruppe rechtfertigen können." Das Wachstum des südafrikanischen Bruttoinlandsprodukts wird in diesem Jahr wahrscheinlich unter drei Prozent bleiben.

Nach Ansicht von Davies hat es in der südafrikanischen Außenpolitik allerdings eine dramatische Verschiebung zugunsten engerer Bindungen an Schwellenländer gegeben, seit Jacob Zuma von seinem Vorgänger Thabo Mbeki das Präsidentenamt übernommen habe. "Mbeki war als Staatsoberhaupt sehr auf Außenpolitik fokussiert", sagte er. "Er fühlte sich immer sehr wohl in Washington, London, Paris oder Tokio. Afrika und die Entwicklungsländer wurden ziemlich vernachlässigt."

Zuma könne dagegen besser mit Kollegen aus Schwellen- und Entwicklungsländern umgehen, erklärte Davies. Ein Motor seien die Beziehungen Südafrikas zu China, die wichtigste bilaterale Partnerschaft für das Land innerhalb von BRICS. Seit der jüngsten globalen Wirtschaftskrise, die die Glaubwürdigkeit der freien Märkte geschädigt habe, sei es für Südafrika natürlicher, sich mit China und Russland zu verbünden. "BRICS ist die erste Ebene der Schwellenmärkte und repräsentiert die neue globale Realität."


BRICS-Gipfel in Durban soll Wirtschaftsinitiativen voranbringen

Südafrika wird im März 2013 den nächsten BRICS-Gipfel in Durban ausrichten. Von Zuma wird erwartet, dass er die Gelegenheit nutzt, jeglichen Zweifel hinsichtlich des Platzes seines Landes in der Gruppe zu zerstreuen.

Auch die bereits bestehenden Wirtschaftsinitiativen der BRICS-Länder könnten auf dem Gipfel weiter vorangetrieben werden. Die konkreteste ist ein Konzept für eine BRICS-Bank, die Devisenreserven bündeln könnte, um einen Fonds für die BRICS-Staaten und andere Entwicklungsländer einzurichten. Nach Ansicht von Davies könnte eine solche Institution ein Gegengewicht zum Internationalen Währungsfonds IWF bilden. China hat zudem vorgeschlagen, den Handel zwischen den BRICS-Ländern ohne US-Dollar oder Euro, sondern in den Währungen der Mitglieder abzuwickeln. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:

http://www.brics5.co.za/
http://www.ipsnews.net/2012/11/building-brics/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. November 2012