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INTERNATIONAL/117: Südsudan - Aufbau eigener Ölindustrie geplant, Wunsch nach Unabhängigkeit vom Sudan (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 28. November 2012

Südsudan: Aufbau eigener Ölindustrie geplant - Wunsch nach Unabhängigkeit vom Sudan

von Charlton Doki


Erdölspeicheranlagen in Bentiu in Unity State im Südsudan - Bild: © Charlton Doki/IPS

Erdölspeicheranlagen in Bentiu in Unity State im Südsudan
Bild: © Charlton Doki/IPS

Juba, 28. November (IPS) - Während der Südsudan mit dem Sudan über die Wiederaufnahme der Erdölproduktion und die Transportmodalitäten verhandelt, hat die Regierung in Juba die Entwicklung einer eigenen Erdölindustrie bekannt gegeben. Innerhalb der nächsten acht Monate will der jüngste Staat der Welt Benzin für den Eigenbedarf produzieren und sich Schritt für Schritt aus der Abhängigkeit des Sudans verabschieden.

Wie der südsudanesische Erdöl- und Bergbauminister Stephen Dhieu Dau gegenüber IPS erklärte, genießt der Aufbau der erforderlichen Infrastrukturen höchste Priorität. "Wir wollen sicherstellen, dass ein Teil des Öls in unserem Lande für den Eigenbedarf weiterverarbeitet wird und somit Engpässe bei der Diesel- und Benzinversorgung ausbleiben", betonte er.

Der Südsudan hatte seine Produktion im Januar nach einem Streit mit dem Sudan über dessen Transitgebühren eingestellt. Beide Länder stimmten jedoch nach Vermittlungsgesprächen der Afrikanischen Union unter Leitung des ehemaligen südafrikanischen Staatspräsidenten Thabo Mbeki einer Wiederaufnahme zu. Der Streit hätte fast den Ausbruch eines Krieges zwischen beiden Staaten mit sich gebracht.

Mit seinen Erdölverkäufen erwirtschaftet der Südsudan fast 98 Prozent seiner nationalen Einnahmen. Doch obwohl der Südsudan nach seiner Unabhängigkeit vom Sudan mit 75 Prozent der Ölvorkommen verblieb, hängt das Land von den Raffinerien und Leitungen des Nachbarn ab, die das schwarze Gold zu den internationalen Märkten transportieren.

Präsident Salva Kiir erklärte am 26. November auf einem Treffen mit den Gouverneuren der südsudanesischen Bundesstaaten, dass die Erdölproduktion aufgrund der sudanesischen Forderungen nach einer Entwaffnung der Rebellenbewegung Sudanesische Volksbefreiungsbewegung-Nord nicht wie vorgesehen in diesem Monat wieder aufgenommen worden sei.


Zwei Raffinerien in Arbeit

Doch um unabhängiger zu werden, gab Kiir am 20. November den Startschuss für den Bau einer Raffinerie in Melut, einem Erdölfördergebiet im südsudanesischen Bundesstaat Upper Nile. Eine zweite Raffinerie entsteht zurzeit in Tharjath, einem weiteren Ölfördergebiet im Bundesstaat Unity. Beide Anlagen sollen bis zu 10.000 Barrel Öl am Tag raffinieren können und bis Juli fertig sein.

"Diese Raffinerien werden unseren jungen Leuten Arbeit geben. Wir wollen, dass die Menschen von unseren natürlichen Ressourcen profitieren", betonte Minister Dau. Darüber hinaus müsse das eingeschlossene Land eine eigene Pipeline bis in die kenianische Hafenstadt Lamu bauen.

"Ich gehe nicht davon aus, dass sich die Beziehungen zum Sudan verbessern werden. Deshalb bin ich der Meinung, dass der Südsudan seine eigene Leitung legen sollte", sagte Edmond Yakani, Aktivist der lokalen Nichtregierungsorganisation 'Community Empowerment For Progress Organisation'.

Finanzminister Kosti Manibe Ngai hatte vor drei Monaten erklärt, dass die Arbeiten an der drei Milliarden US-Dollar teuren Pipeline im nächsten Juni beginnen werden. "Die Regierung muss zudem eiserne Reserven anlegen. Sollte es zu Problemen mit dem Sudan kommen, hätten wir immer noch genug Treibstoff, um alles am Laufen zu halten", sagte Yakani. Obwohl der Südsudan über Erdölreserven in Höhe von vier Milliarden Barrel verfügt, sieht er sich noch mit einer ganzen Reihe von Kapazitätenproblemen konfrontiert.

Laut dem geschäftsführenden Direktor des Energie- und Bergbauministeriums, Simon Chol Martin, bereitet der Regierung Sorge, dass nur wenige Südsudanesen in den ausländischen Ölunternehmen eine Beschäftigung finden. Das chinesisch-malaysische Konsortium 'Dar Petroleum', das derzeit das größte Erdölunternehmen im Lande, hat die technischen Stellen und Führungspositionen mit Chinesen und Malaysiern besetzt. Vor der Unabhängigkeit des Südsudans im letzten Jahr hatten Sudanesen diese Positionen inne.


Ölsektor soll Arbeitsplätze schaffen

Paul Adong, Geschäftsführer des südsudanesischen Erdölunternehmens 'Nile Petroleum Corporation' (NilePet), erklärte gegenüber IPS, dass die Regierung vor allem das Ziel verfolgt, die Bevölkerung im Erdölsektor zu beschäftigen und fortzubilden, "damit wir langfristig genug Südsudanesen haben, die den Sektor übernehmen können". Um die beruflichen Fähigkeiten der Bevölkerung zu verbessern, arbeitet die Regierung an einem entsprechenden Abkommen mit dem norwegischen Unternehmen 'Petrad'.

Unterdessen fordern lokale Gemeinschaften und Aktivisten von den Erdölkonzernen, dass sie die Umwelt in den erdölreichen Landesteilen sauber halten. Auch fordern sie Untersuchungen der bereits verursachten ökologischen Schäden.

John Lam Obur, ein Student aus dem Bundesstaat Upper Nile, berichtet, dass die in seiner Heimatregion durchgeführten Förderaktivitäten zur Verseuchung der Umwelt geführt hätten. Das Vieh sei nach dem Konsum von Regenwasser in der Nähe der Ölfelder verendet, und die gesamte Luft belastet, erläutert er.

Doch Adong zufolge sind sich die Erdölunternehmen der Umweltprobleme durchaus bewusst und bestrebt, die von anderen Firmen gemachten Fehler zu vermeiden. "Dennoch würden wir lieber auf die Dollar verzichten, wenn sich dadurch unsere Umwelt retten ließe." (Ende/IPS/kb/2012)


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http://www.ipsnews.net/2012/11/south-sudan-oiling-up-for-self-reliance/

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IPS-Tagesdienst vom 28. November 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. November 2012