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INTERNATIONAL/223: Weltbank-Reformvorschläge für Doing-Business-Bericht in der Kritik (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 29. August 2014

Finanzen: Weltbank-Reformvorschläge für Doing-Business-Bericht in der Kritik

von Carey L. Biron


Bild: © Ansel Herz/IPS

Arbeiter in einer 'One World Apparel'-Fabrik in der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince fertigen Kleidungsstücke für den Export
Bild: © Ansel Herz/IPS

Washington, 29. August (IPS) - Zivilgesellschaftliche Organisationen (CSOs) aus verschiedenen Teilen der Welt haben Kritik an den bisherigen Vorschlägen zur Reform des alljährlichen Weltbank-Berichts 'Doing Business' geübt. Ihrer Meinung nach gehen die bisher bekannt gewordenen Änderungspläne nicht weit genug.

Die Weltbank befindet sich derzeit in der Schlussphase jahrelanger Bemühungen, ihre wohl einflussreichste, aber auch zunehmend umstrittene Analyse über die Firmenfreundlichkeit in den einzelnen Ländern zu korrigieren.

Am 25. August hatte eine Koalition aus 17 Gewerkschaften, Entwicklungs- und anderen Organisationen die Weltbankgruppe zu umfangreicheren Reformen des alljährlichen Reports aufgefordert, der unter anderem Angaben über steuerliche Vergünstigungen für Investoren, zu Arbeitsrechten und dem Zugang zu Krediten in den einzelnen Staaten macht. Insbesondere soll sich die Weltbank stärker an die Empfehlungen halten, die eine Kommission unter Vorsitz des ehemaligen südafrikanischen Planungs- und Finanzministers Trevor Manuel im letzten Jahr unterbreitet hatte.

"Es steht zu befürchten, dass die Schwächen, die das unabhängige Panel unter dem Vorsitz von Trevor Manuel identifizieren konnte, weitgehend ignoriert und die Vorschläge nicht einmal annähernd beherzigt werden", befürchtet Aldo Caliari, Leiter des 'Rethinking Bretton Woods' Project' des 'Center of Concern', einer katholischen Denkfabrik mit Sitz in Washington. "Und das, obwohl die Empfehlungen von einem großen Kreis zivilgesellschaftlicher Organisationen und von Aktionären unterstützt werden."


Armutsbekämpfungskriterien vernachlässigt

Obwohl die Aufgabe der Weltbank darin besteht, die weltweite Armut zu bekämpfen, sind Caliari und andere der Meinung, dass die in dem Doing-Business-Bericht angelegten Kriterien den armen Gemeinschaften nicht förderlich sind. Andere Kritiker halten sie sogar für kontraproduktiv.

Sowohl CSOs als auch die Manuel-Kommission kamen zu dem Schluss, dass die Bereiche und Maßstäbe, die reformiert werden sollen, wenig relevant für kleine und mittelständische Unternehmen in Entwicklungsländern sind. "Die Veränderungen scheinen mehr auf die Förderung großer transnationaler Konzerne jener Länder abzuzielen", meint Caliari.

Was ihm und anderen Entwicklungsexperten Sorge bereitet, ist der enorme Einfluss, den die Doing-Business-Berichte seit ihrer Einführung 2003 insbesondere in den Industriestaaten genommen haben. Untersuchungen zufolge werden die alljährlichen Berichte von 85 Prozent aller politischen Entscheidungsträger genutzt.

Herzstück des Doing-Business-Berichts ist der 'Ease of Doing Business Index', der dazu beitragen soll, die wirtschaftliche Zusammenarbeit zu erleichtern. Das Ranking hat jedoch zu einem Wettbewerb der Staaten um bessere Plätze auf der Länderliste durch Angebote wie Steuererleichterungen, Billigarbeitskräfte und einer Lockerung von Industriebestimmungen geführt, die wiederum negative Folgen für die Armen haben.

Aufgabe des Berichts sei es politische Entscheidungsträger über das Investitionsumfeld in den einzelnen Staaten zu informieren. Doch würden durch Rankings Normen gesetzt, begründen die CSOs ihre Einwände in einem Schreiben an den Weltbankchef Jim Kim Ende Juli. In dem Doing-Business-Report müssten Faktoren wie die Eigenverantwortlichkeit der einzelnen Länder in Entwicklungsfragen, deren Entwicklungsstand und politische Entscheidungen eine größere Rolle spielen.


Reform der Methodologie

In ihrem Bericht hatte die Manuel-Kommission der Weltbank sogar nahegelegt, das Ranking komplett aufzugeben und damit einen wirklich wichtigen Schritt für eine Reform von Doing Business zu gehen. Stattdessen entschloss sich die Bretton-Woods-Organisation zu einer Reform der Methodologie hinter den Ranking-Berechnungen. Angestrebt ist eine Verbreiterung der Analysen etwa durch die Berücksichtigung von Daten zweier Städte. Bisher beschränkt man sich nur auf die Angaben einer Stadt pro Land. Im Grunde handelt es sich um den Versuch, an der Benotung der Länder festzuhalten, die Bedeutung des Ländervergleichs jedoch zu relativieren.

"Dieser Ansatz wird die Nutzer mit Zusatzinformationen versorgen, indem er die relativen Entfernungen zwischen den Volkswirtschaften in der Rankingtabelle aufzeigt", hieß es in einer Stellungnahme der Bank im April (eine neue, von IPS angeforderte Stellungnahme lag bei Veröffentlichung des Beitrags noch nicht vor). "Indem betont wird, wo sich die Länder punktemäßig angleichen, wird die Bedeutung der Ranking-Unterschiede verringert. Und indem klar wird, wo die Punktunterschiede größer sind, werden dennoch diejenigen Regierungen, die trotz Reformen ihre Listenplätze nicht verbessern konnten, gewürdigt."

Es gibt aber auch Entwicklungsexperten, die sich mit dem Vorschlag der Manuel-Kommission, das Ranking aufzugeben, nicht anfreunden können. "Der Doing-Business-Report ist kein Forschungsbericht. Er ist ein Instrument der politischen Entscheidungsfindung. Die Rankings sind besonders für die Länder wichtig, die noch einen weiten Wirtschaftsreformkurs vor sich haben", meinte beispielsweise Scott Morris, Wissenschaftler an der Denkfabrik 'Center for Global Development' in Washington, im Anschluss an die Veröffentlichung des Berichts der Manuel-Kommission.

"Intern werden die Regierungsvertreter mit einem simplen und gezielten Richtungsweiser ausgestattet, der ihnen mehr bringt als 500 Seiten lange Berichte. Auch wenn es sich dabei um eine PR-Übung handelt, liegen dem Doing-Business-Bericht einige solide Maßstäbe zugrunde, die ihn für Entscheidungsträger so wertvoll machen."

Doch andere halten den Ländervergleich auch in der neuen Form für problematisch. "Die Reformen sind unbefriedigend, weil sich die Politik von der Einstufung der Entwicklungsländer trotz aller methodischer Schwächen weiterhin beeinflussen lassen wird", meint Tiago Stichelmans vom 'European Network on Debt and Development' in einer E-Mail an IPS.

Ihn stört vor allem, dass die Rankings zugunsten von Deregulierungsmaßnahmen ausschlagen, die wiederum den Entwicklungsbemühungen nur begrenzt zugutekommen. "Eine Abkehr von niedrigen Steuersätzen und einer Deregulierung der Arbeitsrechte hin zur Zahlung von Steuern, der Schaffung wirklicher Arbeitsplätze und der Unterstützung kleiner und mittelständiger Unternehmen wäre ein Schritt in die richtige Richtung", meint er. Auch die Aufnahme von Korruptionsindikatoren und die Bewertung der Menschenrechtslage seien empfehlenswert.

Der nächste Doing-Business-Bericht 2015, der im Oktober veröffentlicht wird, soll einige der bereits angekündigten Reformen berücksichtigen. Weitere Veränderungen, von denen einige noch nicht bekannt sind, sollen dann in den darauffolgenden Berichten zur Anwendung kommen. (Ende/IPS/kb/2014)


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http://www.ipsnews.net/2014/08/world-bank-urged-to-rethink-reforms-to-business-friendliness-report/

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IPS-Tagesdienst vom 29. August 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. September 2014