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INNOVATION/088: Deutschland - Auf dem Weg zum Top-Innovationsstandort (idw)


Expertenkommission Forschung und Innovation - 15.02.2017

Deutschland: Auf dem Weg zum Top-Innovationsstandort

• Deutschland ist Anspruch, ein Top-Innovationsstandort zu werden, erheblich näher gekommen
• Weiter große Herausforderungen: Gefragt ist Geschwindigkeit und ein agiler Staat
• "Die Welt ist im Aufbruch, sie wartet nicht auf Deutschland"
• EFI-Ziele für 2025


Berlin, 15. Februar 2017 - In ihrem mittlerweile zehnten Jahresgutachten, das heute der Bundeskanzlerin in Berlin übergeben wurde, konstatiert die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI), dass "Deutschland seit 2005 auf wichtige Erfolge in der F&I-Politik zurückblicken kann". Der Vorsitzende der Expertenkommission, Prof. Dietmar Harhoff vom Max-Plack-Institut für Innovation und Wettbewerb, sieht insgesamt "beachtliche Verbesserungen in den Bereichen der öffentlichen und privaten Forschungs- und Entwicklungsausgaben, bei der Positionierung deutscher Forschungseinrichtungen und Hochschulen hinsichtlich Attraktivität und Exzellenz sowie bei der Modernisierung der deutschen Wirtschaft". Harhoff verweist jedoch zugleich mit einem bekannten Satz von Roman Herzog auf ein anhaltendes Problem: "Die Welt ist im Aufbruch, sie wartet nicht auf Deutschland." Die Herausforderungen z.B. durch neue internationale Wettbewerber seien in den vergangenen Jahren weiter gewachsen: "Die deutsche F&I-Politik muss daher konsequent weiterentwickelt werden." Die Expertenkommission sieht in Zukunft vor allem folgende Entwicklungen als große Herausforderungen für die deutsche F&I-Politik:

Klimawandel und Nachhaltigkeit: F&I können einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, die Pariser Klimaziele zu erreichen. Das Politikziel der Dekarbonisierung (Kohlenstoff-vermeidung) der Wirtschaft muss in der Wissenschafts- und Innovationsstrategie der neuen Bundesregierung verankert sein.

Demografische Entwicklung: F&I können einer weiter alternden Bevölkerung Lösungen bereitstellen, um Lebensqualität bis ins hohe Alter zu sichern und zugleich eine längere Mitwirkung im Arbeitsleben zu ermöglichen.

Gerechte Teilhabe: Die F&I-Politik muss sich der Frage stellen, ob Innovationsprozesse wie der digitale Umbruch zunehmend Ungleichheit erzeugen. Ohne geeignete Einbeziehung der Bevölkerung und eine Sicherung gerechter Teilhabe drohen auch Wissenschaft und Innovation wachsende Skepsis.

Energieversorgung: Die F&I-Politik wird bei der Gestaltung der zukünftigen Energieversorgung eine wichtige Rolle spielen. Die Abhängigkeit von nicht erneuerbaren Energien ist weiter zu senken und ein wirtschaftlich vernünftiger Pfad hin zur fast ausschließlichen Nutzung erneuerbarer Energien zu finden.

Mobilität: Im Mobilitätssektor vollzieht sich ein dramatischer Wandel. Der für Deutschland volkswirtschaftlich besonders wichtige Automobilsektor ist unter erheblichen Druck geraten: Stichworte sind Elektromobilität, beschleunigte Digitalisierung und Auftreten neuer Wettbewerber. Nur Innovationen erhalten die Wettbewerbsposition deutscher Anbieter und bauen sie aus.

Digitaler Wandel: Hier ist Deutschland noch nicht hinreichend vorbereitet. In der Förderung wird der Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien immer noch nicht ausreichend berücksichtigt. Die F&I-Politik muss stärker als bisher junge Firmen (Start-ups) als neue Innovationsakteure in den Blick nehmen. Bildung für die kompetente Nutzung digitaler Anwendungen und den verantwortungsvollen Umgang mit eigenen Daten wird eine zentrale Rolle spielen.

Europäischer Forschungsraum und internationale Kooperation: Die F&I-Politik muss der Weiterentwicklung des "Europäischen Forschungsraums" weiterhin große Bedeutung beimessen.

Neue Innovationspfade: Innovationsprozesse wandeln sich. Schon aus der Grundlagenforschung ergeben sich Anwendungsmöglichkeiten. Start-ups sind in einigen Wirtschaftsbereichen bereits Akteure von zentraler Bedeutung. Neben die traditionellen Forschungs- und Innovationsprozesse treten zunehmend neue Organisationsformen wie z.B. die Crowd (neue Finanzierungsart), Wettbewerbe und Reallabore (innovatives Forschungsformat). Die F&I-Politik in Deutschland sollte diese neuen Entwicklungen verstärkt aufgreifen.

Die Expertenkommission verweist darauf, dass "die deutsche F&I-Politik eine hohe Flexibilität benötigt, um zügig auf diese Entwicklungen reagieren zu können. Die Anpassung von Strukturen und Prozessen durch Digitalisierung und Öffnung der Innovationsprozesse kann vor Ministerien und öffentlicher Verwaltung nicht haltmachen." Die EFI betont: "Hier ist in Zukunft ein agiler Staat gefragt."

Trotz allen Lobes für die Fortschritte ist die Expertenkommission zugleich besorgt über die "zu geringe Geschwindigkeit deutscher Forschungs- und Innovationspolitik" in einigen wichtigen Bereichen: beim Abbau von Benachteiligungen für Start-ups, bei der Umsetzung der Digitalen Agenda, der Verbesserung der digitalen Infrastruktur und der Einführung des E-Government. Prof. Harhoff abschließend: "Derartige Schwächen kann sich das Land in der neuen Legislaturperiode nicht leisten. Hier ist mehr Dynamik gefordert."

Ziele für das Jahr 2025:
• 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Entwicklung aufwenden
• Mindestens drei deutsche Universitäten unter den 30 weltweit führenden etablieren
• Anteil des Wagniskapitals am Bruttoinlandsprodukt auf 0,06 Prozent verdoppeln
• Zu den fünf führenden Nationen im Bereich digitaler Infrastruktur aufschließen
• Anteil der Fördermittel im Bereich Digitalisierung verdoppeln
• Vorreiterrolle im E-Government einnehmen


Weitere Informationen unter:
http://www.e-fi.de/

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1451

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Expertenkommission Forschung und Innovation, Dr. Helge Dauchert, 15.02.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Februar 2017

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