Expertenkommission Forschung und Innovation - 28.02.2018
Freie Fahrt für mehr Innovationen! - Leitlinien für die künftige Regierungsarbeit
Im neuen Jahresgutachten der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI), das der Bundeskanzlerin in Berlin übergeben wurde, erkennen die Wissenschaftler an, dass es "in den letzten Jahren eine positive Dynamik der Forschungs- und Innovationspolitik (F&I) gegeben hat". Vor dem Hintergrund der verzögerten Regierungsbildung allerdings sollte die künftige Bundesregierung zügig daran anknüpfen und die deutsche F&I-Politik konsequent weiterentwickeln. "Angesichts der internationalen Herausforderungen und des digitalen Wandels müssen wir in der Innovationspolitik Gas geben", so der Vorsitzende der Kommission, Prof. Dietmar Harhoff vom Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb.
Die sechsköpfige Expertenkommission sieht insgesamt vier wesentliche Aufgaben:
• Bildungssystem:
Die Kompetenzen im Umgang mit digitalen Technologien, so die EFI, sind in
allen Ausbildungsbereichen breit zu fördern, die digitale Bildung an
deutschen Schulen ist dringend zu stärken. Der seit geraumer Zeit geplante
"DigitalPakt Schule" sollte endlich auf den Weg gebracht werden. An
Hochschulen, fordern die Wissenschaftler, sind über alle Fächer hinweg
neben Programmierkompetenzen und Kenntnissen der Software- und
Web-Entwicklung auch Datenwissenschaften und Methoden des maschinellen
Lernens zu vermitteln.
• Rahmenbedingungen:
Internet und internetbasierte Technologien erfordern eine Anpassung von
rechtlichen Rahmen-bedingungen - möglichst auf europäischer Ebene - mit
dem Ziel, den Zugang neuer Marktteilnehmer mit innovativen Angeboten zu
erleichtern und nicht zu erschweren.
• Breitbandausbau:
Die Breitbandinfrastruktur Deutschlands ist gemäß EFI nicht
wettbewerbsfähig. Diese Schwäche bedrohe schon kurz- und mittelfristig die
Innovationsfähigkeit des Landes. Hier erwartet die Kommission
ambitionierte Ausbauziele und deren baldige Umsetzung.
• E-Government:
Durch Änderung des Grundgesetzes 2016 seien wichtige Rahmenbedingungen für
den Aufbau und den Betrieb von leistungsfähigen zentralen Portalen für
E-Government und öffentliche Datenbestände geschaffen worden. Jetzt gelte
es, die dadurch eröffneten Chancen engagiert zu nutzen:
- Verbessern der Qualität der Dienstleistungen von Behörden für
Bürgerinnen und Bürger sowie für Unternehmen
- Nutzen der Datenbestände der öffentlichen Hand für die
Erschließung neuer Wertschöpfungspotenziale
• Steuerliche Förderung für kleine und mittlere Unternehmen (KMU):
Deutschland nutzt - anders als die meisten OECD-Länder - das Instrument
einer steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung (FuE) bisher
nicht. Der Erfolg durch die steuerliche Förderung ist wissenschaftlich
belegt und Fördereffekte sind bei KMU besonders ausgeprägt, so die
Kommission. Sie rät daher erneut dazu, solch ein Instrument für KMU
einzuführen.
• Wagniskapital für Start-ups:
Für junge innovative Unternehmen stelle Wagniskapital eine wichtige
Finanzierungsquelle dar, es stehe jedoch in Deutschland nur in begrenztem
Umfang zur Verfügung. Die neue Bundesregierung solle für private Akteure
weitere Anreize setzen, in Wagniskapitalfonds und Start-ups zu
investieren, meint die Kommission.
• Start-ups fördern:
Die Belange von Start-ups bzw. jungen Unternehmen werden nach Ansicht der
Kommission bei der FuE-Förderung immer noch nicht ausreichend
berücksichtigt. Die EFI empfiehlt, in der neuen Legislaturperiode das
EXIST-Programm um eine Forschungskomponente zu ergänzen, um Start-ups beim
Aufbau ihrer Unternehmen die Möglichkeit zu geben, kurzfristig anfallende
Forschungsaufgaben zu finanzieren. Zudem sollten die formalen Hürden für
die Teilnahme von jungen Unternehmen an den Fachprogrammen von
Bundesministerien gesenkt werden.
• Hochschulpakt fortführen:
Die EFI spricht sich dafür aus, dass Bund und Länder ein auf mehrere
Legislaturperioden angelegtes Nachfolgeprogramm für den Hochschulpakt
initiieren. Der Bund sollte die Länder weiterhin bei der Finanzierung der
Lehre und der Overheadkosten unterstützen, ohne dass die Länder ihre
Beiträge zur Hochschulfinanzierung reduzieren. Bei der Zuweisung der
Mittel für die Lehre sollten nicht nur die Zahl der Studierenden, sondern
auch qualitätsrelevante Indikatoren berücksichtigt werden. Die
Universitäten und Fachhochschulen bzw. Hochschulen für angewandte
Wissenschaften benötigen außerdem eine substanzielle Verbesserung ihrer
Grundfinanzierung.
• Fortführung des Pakts für Forschung und Innovation:
Bei der Fortschreibung der von den außeruniversitären
Forschungseinrichtungen (AUF) umzusetzenden forschungspolitischen Ziele
sollte ein stärkeres Augenmerk auf den Erkenntnis- und Technologietransfer
gelegt werden.
• Die Hightech-Strategie (HTS) der Bundesregierung hat die
ressortübergreifende Kooperation bei der Gestaltung der F&I-Politik
erfolgreich gestärkt und sollte daher nach Ansicht der Kommission
möglichst zügig fortgeschrieben werden.
• Die Expertenkommission rät dazu, wichtige Querschnittsthemen
wie etwa autonome Systeme und künstliche Intelligenz noch stärker zu
berücksichtigen. Die Lösungsansätze zur Bewältigung des digitalen Wandels
sollten sich nicht auf einzelne Industrien oder Technologiebereiche
beziehen.
• Die Expertenkommission spricht sich dafür aus, in der neuen
Legislaturperiode eine "Agentur zur Förderung radikaler Innovationen" zu
gründen. Die bisherigen Forschungsförderstrukturen seien nicht dazu
geeignet, in ausreichendem Maße Anreize für die Durchführung besonders
risikoreicher und visionärer Projekte zu setzen.
• Die neue Bundesregierung sollte ein Einwanderungsgesetz für
Erwerbsmigration auf den Weg bringen.
Eine innovationsorientierte Beschaffung kann nach Ansicht der Experten künftig als Instrument einer strategischen F&I-Politik genutzt werden und hierfür sei die Praxis der öffentlichen Beschaffung mit einer "Priorität für das innovativere Angebot" anzupassen. Das beträchtliche öffentliche Beschaffungsvolumen von hunderten Milliarden Euro pro Jahr solle stärker als bisher für die Förderung von Innovationen genutzt werden, so die Empfehlung.
Weitere Informationen unter:
http://www.e-fi.de
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1451
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Expertenkommission Forschung und Innovation, Dr. Helge Dauchert, 28.02.2018
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 2. März 2018
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