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MELDUNG/547: Kleinteiligkeit der ostdeutschen Wirtschaft lässt Aufholprozess ins Stocken geraten (BMWi)


Bundesministerium für Wirtschaft und Energie - Berlin, 25. Juni 2015

Ostbeauftragte Gleicke: Kleinteiligkeit der ostdeutschen Wirtschaft lässt Aufholprozess ins Stocken geraten

Studie zur Größenstruktur und Wachstumsdynamik der ostdeutschen Wirtschaft vorgestellt


Iris Gleicke, die Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Bundesländer und Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie, hat heute in Berlin ein Forschungsgutachten zur Größenstruktur und Wachstumsdynamik der ostdeutschen Wirtschaft vorgestellt. Die Studie "Kleinteiligkeit der ostdeutschen Wirtschaft. Gibt es spezifische Wachstumshemmnisse für die Bildung größerer Unternehmenseinheiten?" wurde vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) im Auftrag der Ostbeauftragten erstellt. Die Gutachter untersuchen ein besonderes Strukturphänomen der ostdeutschen Wirtschaft: Weitgehend fehlen in Ostdeutschland größere Unternehmen und Konzernzentralen, beispielsweise gibt es in den neuen Ländern einschließlich Berlin kein einziges DAX-Unternehmen. Die Untersuchung bestätigt, dass die ostdeutsche Wirtschaft weiterhin vergleichsweise kleinteilig strukturiert ist.

Die Ostbeauftragte Gleicke: "Der Aufholprozess ist ins Stocken geraten und stagniert, das muss man so hart sagen. Das liegt nicht etwa an klassischen Standortfaktoren wie etwa Lohn- und Mietpreisniveau, Infrastruktur, Bürokratie und Gewerbeflächenangebot, sondern zu einem guten Teil an der Kleinteiligkeit der ostdeutschen Wirtschaft. Diese Kleinteiligkeit ist wiederum vor allem auf die Privatisierungspolitik der Treuhand zurückzuführen, die die Gründung kleiner und mittlerer Unternehmen stark begünstigt hat. Wir haben im Osten eine leistungsfähige mittelständische Wirtschaft, und die kann sich sehen lassen. Was uns fehlt, sind große Unternehmen, die wettbewerbsfähige Liefer- und Wertschöpfungsketten etablieren und so zu Ankerpunkten für die regionale Entwicklung werden könnten. Das ist die harte Realität, der wir uns nach 25 Jahren Einheit stellen müssen."

Laut Staatssekretärin Gleicke gibt es zur aktuellen Förderpolitik des Bundes keine Alternative: "Wenn wir Wachstum und Weiterentwicklung für Ostdeutschland wollen, müssen wir die vielen leistungsfähigen kleinen und mittleren Unternehmen in ihrem Expansionsbestreben gezielt unterstützen. Und genau das machen wir. Zum Beispiel mit unserem Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM), mit dem wir Unternehmen unterstützen, die innovative Netzwerke und Kooperationen eingehen. Erst dieses Jahr haben wir die ZIM-Mittel aufgestockt."

Die Ostbeauftragte warnte vor der Illusion, der Aufbau Ost sei mit den Jubiläumsfeiern zu 25 Jahre deutsche Einheit abgeschlossen: "Wir werden noch viel Zeit brauchen, und zwar deutlich über 2019 hinaus. Wir brauchen einen langen Atem."

Das DIW-Gutachten bestätigt, dass die ostdeutsche Unternehmenslandschaft nach wie vor kleinteilig strukturiert ist. Nur 20 % der Beschäftigten sind in Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern tätig, in Westdeutschland sind es etwa die Hälfte. Positiv ist, dass eine stärkere Wachstumsdynamik als in Westdeutschland in Betrieben in oberen Größenklassen zu beobachten ist, dies gilt insbesondere für das Verarbeitende Gewerbe. Allerdings ist der Trend nicht so stark ausgeprägt, dass mit einer Angleichung der Unternehmensgrößenstruktur in absehbarer Zeit gerechnet werden kann. Die Kleinteiligkeit der ostdeutschen Wirtschaft beeinträchtigt zudem wichtige Wachstumsfaktoren, wie die Vernetzung der ostdeutschen Wirtschaft (Zulieferstrukturen, Wachstumskerne, Cluster), die Innovations- und Exportleistung und die strategische Ausrichtung der Unternehmensziele. Keine oder kaum eine Rolle für den stockenden Aufholprozess spielen dagegen klassische Standortfaktoren wie beispielsweise Lohn- und Mietpreisniveau, Infrastruktur, Bürokratie und Gewerbeflächenangebot.

Abgeleitet aus diesen Ergebnissen, die u. a. mit Hilfe einer Unternehmensbefragung mit über 500 Unternehmen und einer umfassenden Auswertung von Unternehmensstatistiken erzielt wurden, schlagen die Gutachter vor, die Förderpolitik mit Hilfe konkreter Maßnahmen in sechs Handlungsfeldern zu verstärken: (1) Unterstützung von F&E- und Innovationstätigkeiten; (2) Förderung der Vernetzung der ostdeutschen Wirtschaftsstrukturen; (3) Bessere Erschließung von Auslandsmärkten, Förderung der Exporttätigkeit; (4) Angebote für Managementunterstützung bis hin zur Unternehmensnachfolge; (5) Unterstützung von Gründungen und Wachstum von jungen KMUs und (6) Maßnahmen zur Fachkräftesicherung.


Das Gutachten in Kurzfassung (PDF: 513 KB) unter:
http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/Publikationen/Studien/kleinteiligkeit-der-ostdeutschen-wirtschaft-kurzfassung,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf und Langfassung (PDF: 3,19 MB):
http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/Publikationen/Studien/kleinteiligkeit-der-ostdeutschen-wirtschaft-endbericht,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf

Weitere Informationen der Beauftragten der Bundesregierung für die neuen Bundesländer finden Sie unter:
www.beauftragte-neue-laender.de

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Quelle:
BMWi-Pressemitteilung vom 25. Juni 2015
Herausgeber: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie
Internet: http://www.bmwi.de facebook twitter google youtube
E-Mail: info@bmwi.bund.de
Telefon: 030-186150


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Juni 2015

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