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MEDIEN/605: Heiß umkämpfte Ware - Der Markt der Nachrichtenagenturen sortiert sich neu (lunapark 21)


lunapark 21, Heft 8 - Winter 2009/2010
zeitschrift zur kritik der globalen ökonomie

Heiß umkämpfte Ware
Der Markt der Nachrichtenagenturen sortiert sich neu

Von Günter Herkel


Lange wurde dementiert, aber Ende September 2009 ließen die Beteiligten die Katze aus dem Sack: Die US-amerikanische Nachrichtenagentur Associated Press (AP) verhandelt mit dem Deutschen Depeschendienst (ddp) über einen Verkauf ihrer deutschen Tochter. ddp beschäftigt mehr als 140 Text- und Bildjournalisten und erzielte 2008 einen Umsatz von 12 Millionen Euro. Die deutsche AP erwirtschaftete mit über 120 festangestellten und freien Mitarbeitern einen etwa gleich hohen Betrag. Mit der Fusion beider Dienste dürfte sich der Wettbewerb auf dem ohnehin hart umkämpften deutschen Agenturmarkt weiter verschärfen.

Ein Wettbewerb, bei dem vor allem der hiesige Branchenprimus, die Deutsche Presse Agentur, zuletzt mächtig ins Schlingern geraten ist. Zwar bilanzierte dpa-Geschäftsführer Malte von Trotha im Juni noch ein "zufrieden stellendes" Wirtschaftsjahr 2008 mit stabilen Umsätzen. Doch spätestens in der Bilanz 2009 werden mindestens drei Millionen Euro fehlen. Jene drei Millionen, die die Essener WAZ-Gruppe bis Ende 2008 zum Jahresergebnis beigetragen hatte. Dann aber stieg die WAZ aus dem Vertrag mit der dpa aus. Ihre vier NRW-Regionalblätter Westdeutsche Allgemeine Zeitung, Neue Rhein/Neue Ruhr Zeitung, Westfälische Rundschau und Westfalenpost sowie das Online-Portal Der Westen verzichten seit Jahresbeginn auf die dpa-Dienste.


SOLIDARITÄTSPRINZIP BESCHÄDIGT

Damit steht aktuell das genossenschaftliche Modell vom Branchenführer dpa mitsamt seinem bisherigen Geschäftsmodell zur Disposition. Die vor 60 Jahren gegründete Agentur basiert auf dem Solidaritätsprinzip. Die derzeit 191 Gesellschafter sind allesamt Medienbetriebe in der Mehrheit - und Zeitschriftenverlage, aber auch Hörfunk- und TV-Sender. Jeder Gesellschafter hält maximal 1,5 Prozent des Stammkapitals von 16,4 Millionen Euro. Auf diese Weise soll ein dominierender Einfluss einzelner Verlage verhindert werden. 2008 betrug der dpa-Gesamtumsatz 94,1 Mio. Euro (Vorjahr: 93,8 Mio.). Im Aufsichtsrat finden sich illustre Namen wie die von Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner, von ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender und N24-Geschäftsführer Torsten Rossmann.

Das Vorgehen der WAZ sei "unsolidarisches Verhalten", findet der Publizistikwissenschaftler Jürgen Wilke, "weil dieses genossenschaftliche Unternehmen ... dadurch natürlich geschwächt wird". Eine mögliche Verringerung des Leistungsangebotes der dpa würde "die Medienkultur in diesem Lande" beschädigen. Der Appell an die Branchensolidarität klingt in Zeiten von Finanz- und Medienkrise fast schon romantisch. Angesichts sinkender Auflagen und steigender Kosten - so scheint es - ist sich jeder selbst der Nächste. Man fühle sich nicht in der Pflicht gegenüber der dpa, "wenn wir mit der Solidarität gegenüber unseren Blättern genug zu tun haben", konterte WAZ-Chefredakteur Ulrich Reitz. Ein ziemlicher Euphemismus, gemessen am diesjährigen Abbau von rund 300 Redaktionsstellen bei den erwähnten vier NRW-Regionalzeitungen der WAZ-Gruppe.


MARKTFÜHRER DPA

Auch die Hessisch-Niedersächsische Allgemeine verzichtete im Sommer dieses Jahres "probeweise" sechs Wochen lang auf dpa, nahm dann aber den Bezug wieder auf. "Es geht ohne dpa, aber mit dpa geht es noch besser" resümierte HNA-Chefredakteur Horst Seidenfaden nach dem Testlauf. Eine gute Nachricht für dpa, die zunächst einen Dominoeffekt befürchten musste. Doch angesichts der Rotstiftpolitik in vielen Verlagen und Sendern ist ein weiterer Kundenabgang nicht undenkbar. Immer schwieriger erscheint vor allem der Spagat zwischen Grundversorgungsanspruch und den immer differenzierteren Kundenbedürfnissen. Das gilt naturgemäß vor allem für dpa, die qua Gesellschaftervertrag für die Nachrichtengrundversorgung verantwortlich ist.

Hauptprodukte sind der "Basisdienst" mit täglich rund 800 Meldungen aus aller Welt, ergänzt um Landesdienste aus acht Landesbüros sowie den Bildfunk mit täglich etwa 350 Bildern als drittes Standbein. Nach der letzten Vollerhebung aus dem Jahre 2006 belieferte dpa 132 der insgesamt 138 "publizistischen Einheiten" (= Vollredaktionen) mit dem Basisdienst. Dpa-Meldungen fanden sich demnach in fast 96 Prozent der gesamten Tageszeitungsauflage von 21 Millionen Exemplaren. Auch nach dem Ausstieg der WAZ-Gruppe bleibt dpa mit großem Abstand Erstanbieter auf dem deutschen Markt.


DIE PASSGERECHTE AGENTUR

Verglichen mit dem Grundversorgungsanspruch von dpa hat es Wettbewerber ddp um einiges leichter. Früher als andere Agenturen ging ddp zum Modul-Prinzip über und bot seinen Kunden passgerechte News-Pakete an. Eine Verpflichtung zum Abo des kompletten Basisdienstes existiert nicht. ddp versteht sich als Mediendienstleister und produziert druckfertige Ganzseiten für Tageszeitungen sowie Content für Webseiten. Als einzige Agentur neben dpa verfügt ddp über ein bundesweites Netz von Landesdiensten. Das macht ddp - in Kombination mit dem Modulprinzip attraktiv als Komplementäragentur. Mit seinem Diensteangebot erreicht er heute rund 80 Prozent der deutschen Tageszeitungsauflage. Als Vollversorger offeriert ddp seiner überwiegend aus den Printmedien rekrutierten Kundschaft neben Basisdienst und zwei Dutzend Landesdiensten speziell zugeschnittene Pakete aus Infos, Interviews und Reportagen. Mit wachsendem Erfolg, trotz einer mit knapp 140 Beschäftigten vergleichsweise schlanken Belegschaft. Marktführer dpa hat demgegenüber mehr als 800 Mitarbeiter unter Vertrag.

Nachrichtenagenturen sind Schlüsselinstitutionen mit entscheidender Bedeutung für jedes Mediensystem. Sie sind Großhändler, die als Zulieferbetriebe die Medien mit dem Rohstoff Nachricht versorgen. In den meisten Ländern stehen sie daher unter staatlicher Kontrolle. Nach einer 2004 von der Europäischen Allianz der Nachrichtenagenturen (EANA) veröffentlichten Zählung operieren weltweit 139 nationale und internationale Agenturen. Berücksichtigt wurden dabei nur die jeweils führenden Agenturen eines Landes. Nur 19 dieser Agenturen bekamen dabei das Prädikat "staatsunabhängig" verliehen. Die Grenzen zwischen globalen und nationalen Agenturen sind fließend.


AP ALS VERLIERER

Die mit Abstand wichtigsten "großen Drei" sind AP, Agence France Press (AFP) und Reuters. Was die Organisationsstruktur angeht, so könnten sie kaum unterschiedlicher sein. AP gehört den US-Zeitungsverlegern, ähnelt also in seiner Eigentümerstruktur der dpa. Anders als bei der dpa sind die US-Eigentümer - genannt "Members" - verpflichtet, die AP-Nachrichtenproduktion abzunehmen und zu bezahlen. Wenn sie die Nachrichten nicht mehr nutzen wollen, müssen sie auch ihre Mitgliedschaft bei AP aufgeben. AP bedient mit 3000 Journalisten allein in den USA 1700 Zeitungen und an die 5000 TV- und Radiosender. AP bekommt derzeit die Auswirkungen von Finanzkrise und Rezession besonders stark zu spüren. Im Gefolge der US-Zeitungskrise haben tatsächlich einige US-Regionalblätter im vergangenen Jahr ihre Verträge mit AP gekündigt. Für 2009 wurde der Abbau von etwa zehn Prozent der weltweit 4100 AP-Stellen angekündigt. Mit zeitgleich beschlossenen Preissenkungen von rund 20 Prozent soll ein weiterer Kundenverlust gestoppt werden.


AKTIENGESELLSCHAFT REUTERS

Die britische Reuters preist sich selbst als größte Multimedia-Nachrichtenagentur der Welt. Tatsächlich ist das Unternehmen mit 2300 Journalisten, Fotografen und Kameraleuten in 130 Ländern präsent. Als Aktiengesellschaft nimmt Reuters eine Sonderstellung ein. Bislang wurde laut Reuters die Unabhängigkeit der Berichterstattung auch dadurch gewährleistet, dass kein Aktionär des börsennotierten Unternehmens mehr als 15 Prozent der Anteile besitzen darf. Damit ist es seit kurzem vorbei. Nach der Vereinigung mit dem kanadischen Informationsdienstleister Thomson heißt der Konzern seit April 2008 Thomson Reuters, wobei Thomson 53 Prozent der Anteile kontrolliert.


AFP IM GRIFF DES STAATES

Auch die französische AFP nimmt für sich eine globale Führungsrolle in Anspruch. Wie AP und Reuters verfügt sie über ein weltweites Korrespondentennetz - laut eigener Homepage 2000 Mitarbeiter in 165 Ländern. Umstritten ist AFP wegen ihrer Gesellschaftskonstruktion, die entfernt an den öffentlich-rechtlichen Status deutscher Rundfunkanstalten erinnert. Der Vorstand besteht aus zehn Medienvertretern, drei Vertretern der französischen Regierung und drei Belegschaftsvertretern. Wettbewerber monieren regelmäßig diese starke Abhängigkeit vom Staat. Bis zu 40 Prozent der AFP-Einnahmen stammten bislang aus Abos staatlicher Einrichtungen, im Jahr 2009 immerhin 110 Millionen Euro vom 270-Millionen-Gesamtbudget. Da dennoch kein ausreichendes Kapital für eine weltweite multimediale Ausrichtung vorhanden ist, soll AFP in Kürze ganz vom Staat übernommen werden. Bis zum Frühjahr 2010 ist die Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft geplant, deren Anteile zu fast 100 Prozent von der staatlichen Beteiligungsgesellschaft APE gehalten werden. Über APE übt der französische Staat bereits Einfluss auf Konzerne wie Air France, Renault oder EADS aus. Allenfalls ein kleiner Teil könnte an eine Mitarbeitergesellschaft gehen. Für Kritiker ein Feigenblatt, mit der die absolute Staatskontrolle über die Agentur bemäntelt werden soll.


GROSSE BEGEHRLICHKEITEN

Alle "großen Drei" sind auch auf dem deutschen Agenturmarkt, der als der am härtesten umkämpfte gilt, massiv präsent. Das ist teils eine Spätfolge der Besatzungszeit, liegt aber auch an der Rolle Deutschlands als dicht besetztem Zeitungsmarkt. Gleich fünf Komplettanbieter mit umfassenden deutschsprachigen Diensten wetteifern hierzulande um die Gunst der Medien. Neben den Platzhirschen dpa und ddp sind dies zunächst die deutschen Tochterunternehmen von AP, AFP und Thomson Reuters. Daneben tummeln sich die beiden kirchlichen Unternehmen Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) und Evangelischer Pressedienst (epd) sowie diverse themenspezifische Dienstleister wie etwa der Sport-Informationsdienst (sid) und die Vereinigten Wirtschaftsdienste (VWD). Eine weltweit einzigartige Konkurrenzsituation, die bislang das Geschäft durchaus belebte.

Der AP-Basisdienst besteht zu rund 40 Prozent aus übersetzten und bearbeiteten Übernahmen aus dem AP-Weltnachrichtengebot und zu 60 Prozent aus nationalen (= deutschen) Nachrichten. Daneben erscheint ein europäisch focussierter "European News Wire" mit rund 500 Meldungen täglich. Der AP-Bilderdienst für die deutschen Medienkunden umfasst rund 200 internationale und in Deutschland produzierte Bilder pro Tag. Zugleich vermarktet AP an interessierte TV-Sender den Videodienst APTN. AP beliefert knapp die Hälfte aller 138 Zeitungstitel, erreicht damit aber zwei Drittel der gesamten Zeitungsauflage.

Der deutsche Inlandsdienst von Reuters kombiniert seit 1971 die wichtigsten deutschen Nachrichten mit dem Weltnachrichtendienst in deutscher Sprache. Der Dienst umfasst täglich 300 bis 400 Meldungen aus Politik, Wirtschaft und Vermischtes, wobei die Agentur vor allem für ihre profunde Wirtschaftsberichterstattung geschätzt wird. Der deutsche Reuters Bilderdienst verbreitet zudem täglich an die 200 Fotos aus aller Welt.

Zu den Aufsteigern auf dem deutschen Markt gehört in jüngerer Zeit vor allem AFP. Der deutsche AFP-Textdienst bietet täglich rund 200 Meldungen aus dem In- und Ausland. In den letzten zehn Jahren gelang es der Agentur, die Zahl der Kunden ihres Basisdienstes glatt zu verdoppeln. Sie profitiert vor allem von ihrem attraktiven Informationsmix aus Text, Bild und Grafik und verfolgt eine aggressive Preispolitik. Konkurrenten auf dem deutschen Markt, allen voran dpa, geißeln die Staatssubventionen als klare Wettbewerbsverzerrung.


VERSCHÄRFTER PREISKAMPF

Im Gefolge der Krise könnte es künftig zu einem verstärkten Konzentrationsprozess kommen. Das gilt auch für den dicht besetzten deutschen Markt. Denn allen Agenturen macht die aktuelle Entwicklung auf dem Medienmarkt zu schaffen. Das Geschäft mit den Printmedien ist gesättigt bis rezessiv, die noch in den 90er Jahren dank des Privatfunks expandierende Kundschaft stagniert. Es droht ein Verdrängungswettbewerb, der bald erste Opfer fordern könnte. Um die Umsätze zu steigern, müssen neue Kunden mit neuen Diensten und Dienstleistungen gewonnen werden. Mit schöner Regelmäßigkeit wird die dpa wegen ihrer vergleichsweise hohen Preise bei kontinuierlich sinkenden Auflagen kritisiert. Zum Solidarprinzip gehören auch gestaffelte Preise. Provinzblätter mit kleiner Auflage bezahlen deutlich weniger als auflagenstarke Regionalzeitungen. Ein Monatsabo kann mit ein paar Tausend Euro zu Buche schlagen, aber auch einen hohen fünfstelligen Betrag kosten.

Der Wettbewerb werde "nicht über den Journalismus ausgetragen, sondern über die Preise", erkannte schon vor Jahren dpa-Chefredakteur Herlyn. Folglich senkte die Agentur die Preise und modifizierte ihr Leistungsangebot. Die Landesdienste wurden in den Basisdienst integriert, später ein Modulsystem eingeführt. Seit Mitte 2007 können Kunden aus fünf Modulen - Standardberichte, Wissen/Hintergründe, Zusammenfassungen, Autoren sowie Service/Termine - ihr eigenes Portfolio zusammenstellen. Zusätzlich versucht die Agentur mit Spezialdiensten wie den vor drei Jahren gegründeten "dpa Nachrichten für Kinder" neue Abonnenten zu erschließen. Ein deutsch-türkischer Dienst wurde soeben nach wenigen Monaten Pilotphase eingestellt. Mit einer Zentralisierung der bislang auf Hamburg, Frankfurt/M. und Berlin verteilten Redaktionen in der deutschen Hauptstadt will dpa künftig den multimedialen Anforderungen der Branche besser gerecht werden. Der Beschluss, die Zentralredaktion ausgerechnet in Räumlichkeiten des Axel Springer Verlages anzusiedeln, provozierte allerdings eine unerwartete Kundenreaktion. Mit dem Hinweis, das Mietverhältnis mit Springer beeinträchtige die Unabhängigkeit von dpa, kündigte der Berliner Tagesspiegel zum Juli 2010 den Nachrichtenbezugsvertrag mit der Agentur. Branchenkenner argwöhnen, es handle sich um eine vorgeschobene Begründung für ein längst geplantes Sparvorhaben.


STIFTUNGSMODELL ABGELEHNT

Angesichts der anhaltenden Diskussion um spektakuläre Kundenverluste sorgte ein Debattenbeitrag von SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier kurz vor der Bundestagswahl Ende September für Aufregung. Sein Vorschlag, bei einer verschärften Abwanderung von Gesellschaftern dpa in eine Stiftung zu verwandeln, stieß indes weder bei den Betroffenen noch den Wettbewerbern auf Beifall. Mit dem Hinweis, die dpa sei "ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen", erstickte dpa-Geschäftsführer Malte von Trotha eine potentielle Reformdebatte im Keim.

Krisengewinner auf dem deutschen Markt könnte möglicherweise ddp werden. Sollte der eingangs geschilderte ddp-Deal mit der deutschen AP gelingen, hätte dies eine spezielle medienhistorische Note. Denn ddp entstand 1971 aus der deutschen Tochter von UPI, einer früheren AP-Konkurrentin. Später gehörte ddp unter anderem zum Imperium des späteren Pleitiers Leo Kirch. In dieser Phase schluckte man 1992 ADN, die ehemalige staatliche Nachrichtenagentur der DDR. Seit 2004 im Besitz der Beteiligungsgesellschaft Arques, übernahmen Anfang 2009 zwei frühere Arques-Vorstandsmitglieder die Agentur. Die Restbestände der einstmals so stolzen UPI gingen übrigens im Jahr 2000 in den Besitz der berüchtigten Moon-Sekte über.

Anderswo geht man bereits entspannter mit alternativen Modellen der Informationsproduktion um. AP liefert seit Anfang Juli 2009 im Rahmen eines halbjährigen Pilotversuchs ihren Kunden Artikel, die von gemeinnützigen Recherchenetzen produziert wurden. Da in vielen Redaktionen das Personal mittlerweile so ausgedünnt ist, dass Eigenrecherchen kaum noch möglich sind, finanzieren Stiftungen und wohlhabende Bürger investigativen Journalismus, um die den Medien zugewiesene Kontrollfunktion in der Gesellschaft aufrecht zu erhalten.


UNSERIÖSES INTERNET

Ein weiteres Problem, mit dem die Agenturen kämpfen, ist die zunehmende Entwertung von Nachrichten durch die freie Verfügbarkeit im Internet. Als Hauptgegner profilierte sich eine Zeitlang Google News, die automatisch aus einer Vielzahl von Nachrichtenquellen erstellte Internet-Nachrichtenseite des Suchmaschinengiganten. Jahrelang klagten vor allem AP und AFP gegen die als Geschäftsschädigung begriffene ungenehmigte Verwertung ihrer Artikel im Netz. Mittlerweile hat Google sich mit beiden Agenturen vertraglich geeinigt. Künftig soll das News-Angebot durch Schalten von Werbung verstärkt monetarisiert und sollen die Agenturen an den Erlösen beteiligt werden. Einen ähnlichen Deal schloss Google im März dieses Jahres auch mit acht von elf in der European Pressphoto Agency (epa) organisierten Agenturen ab. Parallel dazu geht der Kampf gegen die Internet-Piraterie weiter. AP kündigte unlängst an, eine eigene Suchmaschine zu installieren, um gestohlene Inhalte zu identifizieren. Auch bei dpa will man die aus der Schnorrer-Mentalität im Netz geborene Unart von Text- und Bilddiebstahl nicht hinnehmen. "Wenn jeder sich selbst bedient, ohne zu bezahlen, dann bricht das System zusammen", wetterte dpa-Co-Geschäftsführer Michael Segbers, "dann ist das das Ende einer verlässlichen Nachrichtenversorgung".


Günter Herkel lebt als freier Journalist mit Schwerpunkt Medien in Berlin


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Inhaltsverzeichnis lunapark 21, Heft 8 - Winter 2009/2010

LunaLuna
Lucy Redler: Ich will eine Bank sein - Humankapital im Bildungsstreik
Editorial

Der subjektive Faktor
Simone Holzwarth & Bernhard Knierim: Der kalifornische Radiosender KPFA
Winfried Wolf: "... sie fangen wieder an zu würfeln." Finanzkrise 02

Welt & Wirtschaft
Lucas Zeise: Lustgewinn aus Dollar-Schwäche
Dave Lindorff: Autos und Häuser sind gekauft - Die US-Ökonomie wird schöngeredet
LunArt: pingu, Graffiti
Lars Petersen: "... und dann in Schweden-rot"
Michael Hahn: Gesundheitsreform in den USA - 50 Millionen ohne Krankenkasse

Soziales & Gegenwehr
Benjamin Opratko: Bildungsproteste in Österreich werden zum Flächenbrand
Daniel Behruzi: Industrieregion Stuttgart-Esslingen - Musterländle" stürzt ab
Zukunft der europäischen Gewerkschaften in der Krise: Gespräch mit Richard Hyman
Dirk Treber: Nachtflugverbot kippt - Berliner Regierung pro Luftverkehrslobby

Kapital & Verbrechen
Klaus-Peter Löwen: NS-Kapital als Basis der deutschen Wirtschaft

Feminismus & Ökonomie
- Gisela Notz: Ehrenamt als Antwort auf die Krise

LP21-Spezial - Klima, Krise & Kapital
Bernd Brouns: Von Kyoto über Kopenhagen zur Kritik des kapitalistischen Systems
LunArt: Andre Gottschalk
Winfried Wolf: BIP-Zuwachs = CO2-Zuwachs - Entzauberter Musterknabe EU
Uwe Witt: Was Kopenhagen eigentlich leisten sollte
Uwe Witt: UN-Klimaprozess - alternativlos
Alexis Passadakis: Klimaschutz per Markt = unsozial
Uwe Witt: CDM - Zertifizierter Klimaschutz-Betrug
Mike Davis: Das Klima, die soziale Frage und die Notwendigkeit der Utopie
Uwe Witt: Wenn Bacchus schwitzt - Der Klimawandel im schweizerischen Tessin

Peripherie & Zentrum
Hannes Hofbauer: Wie kalt wird der Winter? Die Ukraine vor dem Kollaps
LunArt: Marianne Kampel

Geschichte & Ökonomie
Thomas Kuczynski: Klimakatastrophen - Historische Betrachtungen zum aktuellen Thema

Kultur & Gesellschaft
Günter Herkel: Der Markt der Nachrichtenagenturen - Heiß umkämpfte Ware

Seziertisch 146
Georg Fülberth: Zu viel Demokratie

Impressum / LunArt Portrait

Hau den Lukas und Aktuelle Meldungen auf den Seiten 24 & 34


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Quelle:
Lunapark 21, Heft 8 - Winter 2009/2010, Seite 68-71
Herausgeber: Lunapark 21 GmbH, An den Bergen 112, 14552 Michendorf
E-Mail: redaktion@lp21.de
Internet: www.lunapark21.net

Lunapark 21 erscheint viermal jährlich.
Einzelheft: 5,50 Euro + Porto, Jahres-Abo: 22,00 Euro.


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Januar 2010