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REDE/418: Peter Ramsauer zum Haushaltsgesetz 2010, 16.03.2010 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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Rede des Bundesministers für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Dr. Peter Ramsauer, zum Haushaltsgesetz 2010 vor dem Deutschen Bundestag am 16. März 2010 in Berlin


Sehr geehrter Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich leide aufgrund der kurzen Redezeit unter demselben Zeitmangel, unter dem alle Bundesminister während der Etatberatung leiden. Ich weise darauf hin - vielen Dank für das Nicken, lieber Herr Kahrs -, damit hinterher nicht die Vorhaltungen kommen: Dazu haben Sie nichts gesagt, zu diesem haben Sie nichts gesagt und zu jenem auch nichts. Wir als Minister können nicht mehr tun, als diese neun, zehn oder elf Minuten so gut es geht zu nutzen.

Lieber Herr Kollege Kahrs, Ihnen kann man im Grunde genommen ganz gut zuhören. Wenn man mit Ihnen unter vier Augen spricht, sind viele Dinge wirklich klar, und man freut sich. Wenn Sie dann aber hier reden, sieht die Welt ganz anders aus. Dann sind Sie wie ausgetauscht. Ihre eben gehaltene Rede kam mir vor, als würden Sie ein Grußwort bei Verdi in Cuxhaven halten.

Ich danke Ihnen auch dafür, dass Sie die deutsche Wissensgesellschaft heute Nachmittag mit einem grandiosen Satz bereichert haben, der da lautete: Der jetzt vorliegende Haushalt ist ein anderer als derjenige, der bei der ersten Lesung vorlag. Das ist ein großartiger Satz. Ich kann nur sagen: Klar ist das ein anderer. Gott sei Dank ist das ein anderer. In der ersten Lesung hatten wir nämlich aus Zeitgründen in etwa den Entwurf vorgelegt, den wir von der Vorgängerregierung, der Großen Koalition, übernommen hatten, und zwar von einem SPD-Finanzminister, im Falle des Einzelplans zwölf von einem SPD-Bundesverkehrs- und -bauminister. Wir waren es uns als christlich-liberale Koalition aber schuldig, diesen Entwurf zum Besseren zu verändern. Genau das haben wir auch getan.

Lieber Herr Kollege Kühn, dass Sie mir vorhalten, ich würde mich dem Thema Bahn zu wenig zuwenden, ist kurios. Wie ist es denn dann zu verstehen, dass Ihre Kollegin Künast mir vor wenigen Monaten vorgehalten hat, ich würde mich über die Möglichkeiten und Perspektiven der Eisenbahnen in Deutschland besoffen reden? Lieber Herr Kühn, das passt beides nicht zusammen. Von Ihnen lasse ich mir eine solche Vorhaltung gewiss nicht gefallen.

Sie haben Stuttgart 21 angesprochen und gesagt, dass wir uns bei solch großen Projekten auf einen festen Zuschuss beschränken sollten. Genau das haben wir bei Stuttgart 21 aber praktiziert. Dass Sie auch einmal darauf kommen, finde ich großartig.

Was Ihre Vorhaltungen anbelangt, wir würden - ich formuliere es mit meinen Worten - Bundesfernstraßen ins Nirwana bauen: Lieber Herr Kühn, Autobahnen und Bundesfernstraßen haben nicht nur die Funktion, Metropolen und Städte miteinander zu verbinden, sondern ganz klar auch die Funktion der Erschließung. Diese Erschließungsfunktion gilt für jene Räume, bei denen Sie beklagen, die Bevölkerung würde abwandern. Unsereins hat einen anderen Bezug zu ländlichen Räumen. Wir brauchen die Metropolregionen. Wir müssen sie verbinden und an die Netze anbinden. Wir müssen aber auch die Erschließungsfunktion der Bundesfernstraßen für die strukturschwächeren Räume nutzen.

Wir legen mit diesem Haushalt ein klares Bekenntnis zur Stärkung der Wachstumskräfte in unserem Land ab und tragen damit zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen bei. Deshalb ist Verkehrs- und Baupolitik auch ganz klar angewandte und praktizierte Wirtschaftspolitik.

Ich bin stolz darauf, dass wir in diesem Jahr auf einem Rekordniveau investieren. Ich bin auch stolz darauf - das sollten wir Verkehrs- und Baupolitiker alle miteinander sein, die Fachpolitiker genauso wie die Haushaltspolitiker in diesem Bereich -, dass wir mit diesem Einzelplan zwölf den größten Investivetat aller Ressorts haben. 52 Prozent der gesamten Investitionen in diesem Bundeshaushalt entfallen auf diesen Einzelplan.

Von den 26,3 Milliarden Euro, die dieser Etat birgt, fließen 14,7 Milliarden Euro und damit rund 56 Prozent in Investitionen. Ich habe in meiner allerersten Rede als Bundesminister an dieser Stelle gesagt, dass ich kein Verwaltungsminister, sondern ein Investitionsminister sein will. Das gelingt mit diesem Haushalt.

Von diesem Haushalt geht eine kraftvolle Lokomotivwirkung aus. Ich war in den Vieraugengesprächen auch mit den Politikern der Opposition einig, dass dies so ist und dass umgekehrt auch gilt, dass bei Einsparungen an der falschen Stelle keine Lokomotivwirkung entfaltet wird, sondern das krasse Gegenteil, nämlich Bremswirkungen. Dessen müssen wir uns in der künftigen Planung dieses Haushalts bewusst sein.

Der Kollege Schäuble hat heute in seiner Rede klargemacht, dass trotz allen Konsolidierungsdrucks das zarte Pflänzlein konjunktureller Entfaltung, wie er es formuliert hat - der Kollege Brüderle hat es wiederholt, nicht durch falsches Sparen kaputtgetreten werden darf und dass die Haushaltspolitik in unserem Bereich eine schwierige Gratwanderung ist. Insofern ein ausdrückliches Dankeschön an den Haushaltsausschuss, dass man sich dieser Einsicht nicht verschlossen hat.

Ich folge dem Grundsatz, dass Mobilität bestmöglich zu organisieren ist, weil sie eine unverzichtbare Voraussetzung für die persönliche Freiheit unserer Bürgerinnen und Bürger und die Entwicklung unserer Volkswirtschaft ist. Das heißt, eine bestmöglich ausgebaute verkehrliche Infrastruktur ist das Fundament wirtschaftlichen Erfolgs.

Wenn wir alle Möglichkeiten in der Binnenwirtschaft und alle Möglichkeiten, die wir als exportorientierte Nation in der Weltwirtschaft haben können, entfalten wollen, dann müssen wir schlicht und einfach die dazu erforderlichen Verkehrsinfrastrukturinvestitionen tätigen.

Erhalten, Ertüchtigen und Ausbauen: Das sind die drei Elemente, die wir brauchen, um den prognostizierten Anstieg aller Verkehrsarten verkraften zu können. Lieber Herr Kollege Claus, Sie wissen aus langjähriger guter Zusammenarbeit in vielerlei Funktionen, dass wir im Vieraugengespräch immer gut zusammenkommen. Sie wissen auch, dass man Verkehre, beispielsweise Frachtverkehre, nicht beliebig manipulieren kann. Das ist nicht möglich, wenn man nicht dem umgekehrten Grundsatz wie dem meinen folgt, Mobilität zu ermöglichen. Es mag ein Stück Ihrer Ideologie sein, Mobilität zu beschränken oder zu verhindern. Aber das kann nicht der Ansatz einer freiheitlichen Wirtschafts- und Verkehrspolitik sein.

Wir werden also alles daransetzen, dem Anstieg der Transportleistung Rechnung zu tragen. Wenn argumentiert wird, dass sich angeblich nur ein Teil des ansteigenden Güterverkehrs für die Schiene eignet, dann darf uns das nicht resignieren lassen; das darf uns nicht ruhen lassen. Wir müssen alle Anstrengungen unternehmen, den Zuwachs beim Güterverkehr schienentauglich zu gestalten und Verkehrssysteme auch für die Schiene zu entwickeln, damit wir den größtmöglichen Zuwachs auf die Schiene bekommen - ich bleibe dabei und lasse mich nicht beirren -, wenn wir keine Verkehrsinfarkte auf der Straße erleben wollen. Dazu gehört natürlich auch das Erschließen neuer Finanzierungsinstrumente. Ich sage klipp und klar: Mit den herkömmlichen Finanzierungsmöglichkeiten unseres Budgets werden wir das alles miteinander nicht schaffen. Ich bedanke mich beim Kollegen Bartholomäus Kalb dafür, dass er auf diese Dinge und auf einige sehr zentrale Begriffe hingewiesen hat. Dazu gehört der Begriff der öffentlich-privaten Partnerschaft. Dazu gehört natürlich auch das Gängigmachen - so habe ich das verstanden - der VIFG, der Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft. Ich schlage vor, dass wir uns bereits im Zusammenhang mit der Beratung des Bundeshaushalts 2011 daranmachen - im Dienste einer innovativeren Verkehrsinfrastrukturfinanzierung.

Das Thema Transrapid ist von der Kollegin Winterstein und vom Kollegen Kalb angesprochen worden. Ich bedanke mich beim Haushaltsausschuss noch einmal ausdrücklich dafür, dass die Möglichkeit geschaffen worden ist, die Versuchsstrecke bis zum Jahresende weiterzubetreiben.

Die feste Fehmarnbelt-Querung ist ein Projekt, zu dem wir erst am 14. Januar, also ziemlich genau vor zwei Monaten, den Staatsvertrag in Kraft gesetzt haben. Als verantwortlicher Fachminister - im Übrigen auch als Parlamentarier und als vertragstreuer Mensch - halte ich nichts davon, wenn man einen solchen Staatsvertrag zwischen den beteiligten Staaten hier im Parlament zwei Monate später infrage stellt.

Anstatt herumzunörgeln, würde ich mich lieber darauf verlegen, nach Möglichkeiten zu suchen, wie das Ziel zu erreichen ist, bis 2018 dieses Infrastrukturprojekt einschließlich der Hinterlandanbindungen bis Puttgarden fertigzustellen. Da Sie die PPP und den Zeitpunkt angesprochen haben: Wir werden alles tun, dass sich anlagesuchende Kapitalgeber, die in den letzten Jahren schlechte Erfahrungen gemacht haben, guten Investitionsoptionen in Deutschland zuwenden. Ich halte Investitionen in deutsche Verkehrsinfrastrukturprojekte, in die Straße oder die Bahn, noch immer für rentabler und kaufmännisch solider als irgendwelche spekulative Anlagen in Übersee, die sich in der Vergangenheit als massive, verlustreiche Fehlinvestitionen erwiesen haben.

Bevor Frau Hagedorn ihre Zwischenfrage gestellt hat, habe ich über das Emsland und den Transrapid gesprochen. Wir dürfen einem weiteren Export von technologischem Basiswissen aus Deutschland keinen Vorschub leisten. Die Transrapid-, die Magnetschwebebahntechnologie, ist eine deutsche Basistechnologie. Wir dürfen sie nicht billig exportieren. Das muss uns allen hier im Hause klar sein. Ich glaube, das ist es auch.

Ich halte mit aller Unbeirrbarkeit und Entschlossenheit daran fest, allen Wünschen, die Sie an mich richten - egal von welcher Fraktion -, im Bereich der Verkehrsinfrastruktur auf bestmögliche Weise nachzukommen. Deswegen bitte ich das Parlament, genauso unbeirrbar meinem Etat dafür die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen.


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Quelle:
Bulletin Nr. 26-4 vom 16.03.2010
Rede des Bundesministers für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung,
Dr. Peter Ramsauer, zum Haushaltsgesetz 2010 vor dem Deutschen
Bundestag am 16. März 2010 in Berlin
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. März 2010