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UNTERNEHMEN/2281: Wenn "König Kunde" zum Feindbild wird (idw)


Friedrich-Schiller-Universität Jena - 02.03.2012

Wenn "König Kunde" zum Feindbild wird

Prof. Dr. Gianfranco Walsh ist neuer Lehrstuhlinhaber für Betriebswirtschaftslehre und Marketing der Universität Jena


Wir haben sie alle schon gesehen: Sie nörgeln im Restaurant, dass sie nicht schnell genug bedient werden. Dass das Essen nicht schmeckt oder nicht das ist, was sie bestellt haben. Sie halten sich im Flugzeug oder Krankhaus nicht an die Hinweise, das Handy auszuschalten und widersetzen sich den Anweisungen des Personals. Sie fühlen sich auf einem Amt oder in der Arztpraxis benachteiligt oder gar diskriminiert, weil sie vermeintlich länger warten müssen als der Sitznachbar im Wartezimmer.

"Wenn unzufriedene Kunden ihrem Ärger Luft machen, dann ist das Stress pur für die Unternehmensmitarbeiter", weiß Prof. Dr. Gianfranco Walsh von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. "Doch im Einzelhandel oder Dienstleistungssektor ist der Kunde König", so der neue Lehrstuhlinhaber für Betriebswirtschaftslehre und Marketing. Für die Mitarbeiter mit Kundenkontakt - im Fachjargon "frontline personnel" - heißt das, dem Ärger der Kundschaft, ob berechtigt oder nicht, direkt ausgesetzt zu sein und dennoch stets freundlich bleiben zu müssen. Viele halten das nicht lange aus. "Die Fluktuation von Personal im Dienstleistungssektor ist so hoch, wie in keiner anderen Branche", konstatiert Prof. Walsh. Was Unternehmen tun können, um ihren Mitarbeitern diesen emotionalen Spagat zu ersparen und sie so länger im Unternehmen zu halten, das erforscht der 41-Jährige, der in diesem Wintersemester von der Universität Koblenz-Landau nach Jena wechselte.

Das Themenspektrum, das der nahe dem niedersächsischen Celle aufgewachsene Brite mit schottisch-italienischen Wurzeln an die Jenaer Universität mitbringt, ist vielfältig. In seiner 2001 an der Universität Hannover abgeschlossenen Dissertation untersuchte er beispielsweise die Schwierigkeiten von Konsumenten, sich im immer unübersichtlicher werdenden Warenangebot des Einzelhandels zu orientieren und zu entscheiden. Walsh beschreibt das Phänomen einer zunehmenden "Konsumentenverwirrtheit": Zu viele einander sehr ähnliche Produkte sowie zu viele und oft unklare oder irreführende Produktinformationen führen bei vielen Kunden dazu, frustriert entweder irgendeinen Artikel zu kaufen oder die Kaufentscheidung einfach aufzuschieben. "Das kann nicht im Interesse der Unternehmen sein", so der Wirtschaftswissenschaftler, der darin eine wachsende Herausforderung für das Produktmarketing ausgemacht hat.

Gianfranco Walsh hat an der Fachhochschule Lüneburg und der University of Manchester Institute of Science and Technology (UMIST) Betriebswirtschaftslehre und Management Science studiert, bevor er für die Promotion an die Uni Hannover ging. Hier habilitierte er sich auch und beschritt mit seiner Untersuchung zur Reputation von Energieversorgern bei ihren Kunden Neuland: "Bis zu Beginn der 2000er Jahre gab es auf dem deutschen Markt für Energieversorger keinerlei Wettbewerb, insofern mussten sich die Unternehmen kaum um ihre Kunden bemühen", so der Marketing-Experte. Nach der Habilitation 2004 wechselte Walsh, der in seiner Freizeit gern Sport treibt, als Senior Lecturer an die Strathclyde Business School in Glasgow, zwei Jahre später folgte er einem Ruf an die Uni Koblenz-Landau.

Der Umzug jetzt von Rhein und Mosel an die Saale ist dem dreifachen Familienvater nicht schwer gefallen. Nach mehr als fünf Jahren als Professor für Marketing und Elektronischen Handel wollte er sich wissenschaftlich weiterentwickeln. Dafür bieten ihm sein neuer Jenaer Lehrstuhl und die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität, "die einen ausgezeichneten Ruf genießt", beste Voraussetzungen. Und davon werden nicht zuletzt die Jenaer Studierenden profitieren.

Weitere Informationen unter:
http://www.uni-jena.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Friedrich-Schiller-Universität Jena, Dr. Ute Schönfelder, 02.03.2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. März 2012