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UNTERNEHMEN/2350: Studie - Öffentliche Meinung für Chefs deutscher Großunternehmen immer bedeutsamer (idw)


Universität Leipzig - 17.06.2013

Studie: Öffentliche Meinung für Chefs deutscher Großunternehmen immer bedeutsamer



Obwohl deutsche Unternehmen jährlich hohe Millionenbeträge für Public Relations, Mitarbeiterkommunikation und Investor Relations ausgeben, mangelt es in den Führungsetagen oft an zeitgemäßen Vorstellungen über die Dynamik der Meinungsbildung im Zeitalter des Social Web, die Rolle von Kommunikationsabteilungen und die Bedeutung einzelner Dialogpartner. Das zeigt die jetzt veröffentlichte, bislang weltweit größte Studie zur Unternehmenskommunikation aus der Perspektive des Top-Managements.

Diese hat das Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig gemeinsam mit dem Institut für Management der Humboldt-Universität zu Berlin und mit Unterstützung des F.A.Z.-Instituts durchgeführt. Der 46-seitige Ergebnisbericht der Studie "Unternehmenskommunikation aus der Perspektive des Top-Managements" ist online verfügbar unter www.slideshare.net/communicationmanagement.

602 Entscheidungsträger im Top-Management deutscher Großunternehmen mit über 50 Millionen Euro Jahresumsatz wurden über ihre Einstellungen und Erfahrungen zur strategischen Kommunikation im Zeitalter von globalen Medienmärkten, Internet und Social Web interviewt. Erstmals wird mit Hilfe statistischer Analysen offengelegt, welche Rolle öffentliche Kommunikation und Reputationsmanagement im Alltag von Vorständen und Geschäftsführern spielen.

"Die Auswirkung auf die öffentliche Meinung wird bei unternehmerischen Entscheidungen heute stärker berücksichtigt als noch vor fünf Jahren", sagt Professor Ansgar Zerfaß von der Universität Leipzig. Das bestätigen sieben von zehn Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern. Für Unternehmen, die schwerpunktmäßig im Bereich Business-to-Consumer tätig sind, und für die umsatzstärksten Konzerne mit über 250 Millionen Euro Jahresumsatz sei die öffentliche Meinungsbildung signifikant wichtiger als für Wettbewerber in anderen Marktsegmenten.

66 Prozent der Befragten schreiben der Erhebung zufolge den klassischen Massenmedien einen sehr großen Einfluss auf die Unternehmensreputation zu. Aber nur 27 Prozent halten nach den Worten Zerfaß' Facebook, Twitter und Co. für relevant. Dies sei erstaunlich, da die Bedeutung sozialer Netzwerke mit dem daraus folgenden höheren Kommunikationsdruck sowie kritische Öffentlichkeiten als wichtigste Gründe für einen wachsenden Stellenwert der Kommunikationsfunktion genannt werden. Ein Viertel der Top-Manager geht davon aus, dass die Unternehmenskommunikation bis 2015 deutlich an Gewicht gewinnen wird, weitere 43 Prozent prognostizieren einen leichten Machtzuwachs.

Top-Manager beurteilen die aktuelle Performance ihrer Unternehmen bei der internen Kommunikation, Marketingkommunikation und Finanzkommunikation leicht positiv. Für die politische Kommunikation mit Regierung, Behörden und Parteien sowie die gesellschaftsorientierte Kommunikation mit Nichtregierungsorganisationen, Kritikern, Anrainern und ähnlichen Bezugsgruppen fällt das Urteil nur mittelmäßig aus.

"Angesichts des sinkenden Vertrauens in die Wirtschaft und des steigenden Legitimationsbedarfs nicht nur bei Großprojekten besteht hier Nachholbedarf. Viele Befragte meinen, dass Kommunikation in diesen Bereichen weniger wichtig ist - das ist meiner Meinung nach ein Fehler. Soziale Verantwortung und politische Akzeptanz sind zentrale Reputationstreiber", sagt Professor Joachim Schwalbach vom Institut für Management der Humboldt-Universität zu Berlin.

Die Studie zeigt, dass Vorstände und Geschäftsführer in deutschen Großunternehmen persönlich durchschnittlich 10 Prozent ihrer wöchentlichen Arbeitszeit für strategisch geplante Unternehmenskommunikation aufwenden. Dies ist offenkundig deshalb der Fall, weil der Kommunikationsleistung des Top-Managements durchweg eine sehr hohe Bedeutung für den Unternehmenserfolg zugeschrieben wird.

Die empirischen Daten verdeutlichen, dass die Relevanz strategischer Kommunikation in den Führungsetagen deutscher Großunternehmen heute bereits erkannt und künftig noch zunehmen wird. Einzelne Handlungsfelder und Kommunikationsinstrumente werden vom Top-Management allerdings sehr unterschiedlich bewertet. Auch ist das volle Potenzial der Unternehmenskommunikation noch lange nicht ausgeschöpft. Dies gilt insbesondere für die Beratungskompetenz der Kommunikationsabteilungen und die Herausforderungen der Meinungsbildung in sozialen Netzwerken. Die Generierung eines umfassenden Verständnisses bezüglich des Stellenwerts von Reputationsmanagement erscheint ebenso notwendig wie eine engere Kopplung von Kommunikations- und Unternehmensstrategien in der deutschen Wirtschaft.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution232

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Leipzig, Susann Huster, 17.06.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Juni 2013