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VERKEHR/1209: Zweite Vollversammlung der Regulierungsbehörden im Eisenbahnsektor IRG-Rail in Bonn (BNA)


Bundesnetzagentur - Pressemitteilung vom 29. November 2011

Zweite Vollversammlung der IRG-Rail in Bonn

Kurth: "Die IRG-Rail leistet einen wichtigen Beitrag für eine erfolgreiche Zukunft des europäischen Eisenbahnmarkts"


Am 28. und 29. November 2011 hielt die IRG-Rail, das Netzwerk der unabhängigen europäischen Regulierungsbehörden im Eisenbahnsektor, in Bonn ihre zweite Vollversammlung ab. Matthias Kurth, der Vorsitzende der IRG-Rail, begrüßte herzlich die Delegierten der 17 Staaten, aus denen sich die Gruppe zusammensetzt. "Seit ihrer Gründung ist die IRG-Rail mit dem Beitritt von Finnland und Slowenien beständig gewachsen", sagte Matthias Kurth. "Unsere neuen Kollegen leisten einen wichtigen Beitrag für die Ziele, die sich die IRG-Rail gesetzt hat: Sie will als Plattform die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch erleichtern, Grundsätze bewährter Verfahren unter den nationalen Regulierungsbehörden entwickeln und in einen Dialog mit den zahlreichen anderen Marktteilnehmern, Gruppen und Institutionen auf der europäischen Ebene treten."

Die Vorsitzenden der 17 Regulierungsbehörden diskutierten verschiedene Punkte in Bezug auf den europäischen Eisenbahnmarkt. Sie verabschiedeten das dritte Positionspapier zur Überarbeitung des Ersten Eisenbahnpakets, eine zeitnahe Reaktion auf die Abstimmung des Europäischen Parlaments, die am 16. November 2011 stattgefunden hatte. Die IRG-Rail betont in diesem Dokument, dass sie nachdrücklich die Legislativvorschläge zur Stärkung der unabhängigen Eisenbahnregulierungsbehörden unterstützt, um eine effektive und faire Regulierung sicherzustellen. Eine Verlagerung von Zuständigkeiten oder eine europäische Regulierungsbehörde jedoch würden dieses Ziel konterkarieren, da eine solche europäische Einrichtung nicht so effizient und genau wie nationale Regulierungsbehörden arbeiten kann. Die IRG-Rail äußerte auch Bedenken hinsichtlich einiger Vorschläge, die die praktische Regulierungsarbeit beeinträchtigen und so eine wirksame Umsetzung der Richtlinie behindern würden. Insbesondere zu starre und unflexible Fristen für die Beschlussfassung stehen im Gegensatz dazu, dass Entscheidungen wohl überlegt und fundiert sein müssen. Auch der Vorschlag eines Notifizierungsprozesses zur Überprüfung nationaler Entscheidungen durch die Europäische Kommission würde nicht nur mit nationalen Gerichtsverfahren in Konflikt treten, sondern auch das Konzept starker und unabhängiger Regulierungsbehörden sowohl in der Theorie als auch in der Praxis untergraben.

"Wir sind der festen Überzeugung, dass starke und unabhängige Regulierungsbehörden für eine erfolgreiche Weiterentwickelung des europäischen Eisenbahnmarktes unabdingbar sind. Anstatt neue Agenturen und Behörden zu gründen, anstatt mehr Bürokratie zu schaffen, die zu langsameren Entscheidungsprozessen führt, sollten den bereits bestehenden nationalen Regulierern die Mittel an die Hand gegeben werden, die sie benötigen, um ihre effiziente Arbeit fortzusetzen", unterstrich Matthias Kurth. "Die IRG-Rail stimmt vollkommen darin überein, dass auf der europäischen Ebene eine stärkere Koordinierung wichtig ist, da Eisenbahntrassen unterschiedliche Länder durchqueren. Genau dies ist auch einer der Hauptgründe, wieso wir die IRG-Rail ins Leben gerufen haben."

Im weiteren Verlauf der Vollversammlung verabschiedeten die Delegierten eine gemeinsame Liste von Indikatoren, die von der Arbeitsgruppe "Market Monitoring" erarbeitet worden war. Die Regulierungsbehörden sind gesetzlich dazu verpflichtet, den Wettbewerb auf den Eisenbahnmärkten zu überwachen. Aufgrund der manchmal je nach Land unterschiedlichen Herangehensweise soll eine gemeinsame Liste qualitativer und quantitativer Indikatoren die Vergleichbarkeit der jeweiligen nationalen Monitoringverfahren ermöglichen. Diese Liste ist als ein erster Ausgangspunkt gedacht, und weitere Indikatoren können später hinzugefügt werden. Die Mitglieder der IRG-Rail sollen die Liste der gemeinsamen Indikatoren in ihre nationalen Systeme aufnehmen, so dass ein gemeinsamer Bericht zum Vergleich der nationalen Ergebnisse veröffentlicht werden kann.

Die IRG-Rail stimmte ebenfalls einem Positionspapier zu Güterverkehrskorridoren zu. Die Verordnung 2010/913/EU legt die legislativen Rahmenbedingungen für die Einrichtung von internationalen Güterverkehrskorrdioren fest, um die Attraktivität und Effizienz des internationalen Eisenbahngüterverkehrs zu steigern. Das Positionspapier identifiziert regulatorische Grundsätze und empfiehlt Schwerpunkte für die Zusammenarbeit. Es betrachtet auch die Vorschläge von RailNet Europe zur Umsetzung der Verordnung. Außerdem hebt es Themengebiete in Bezug auf die organisatorische Vorbereitung für die Regulierungsbehörden hervor. In einem nächsten Schritt sollen Leitlinien zu den neuen Monitoringmaßnahmen erarbeitet werden. Diese werden insbesondere Prozessdiagramme enthalten, Zuständigkeitsregelungen bei Entscheidungen in Bezug auf den One Stop Shop (OSS), Fristen sowie Empfehlungen zum Umgang mit besonderen Regulierungsthemen.

Schließlich verabschiedete die Vollversammlung das Guidance Paper der Arbeitsgruppe "Economic Equilibrium". Die Richtlinie 2007/58/EU öffnet seit dem 1. Januar 2010 den Markt für den grenzüberschreitenden Personentransport. Sie erlaubt es außerdem internationalen Betreibern, Passagiere an jedem Haltepunkt an einer internationalen Strecke aufzunehmen und wieder abzusetzen, einschließlich Stationen innerhalb des gleichen Landes. Die Richtlinie stellt dabei sicher, dass ein gesundes Gleichgewicht, das Economic Equilibrium, zwischen den nationalen und internationalen Personentransportdiensten gewahrt wird. Die Beschlussvorlage der IRG-Rail bietet den nationalen Regulierungsbehörden dazu Leitlinien, schlägt eine Methodik für die Erstellung des "Economic Equilibrium-Tests" vor und dient als Rahmen für die Zusammenarbeit der nationalen Regulierungsbehörden.

Im Anschluss an die Vollversammlung veranstaltete die IRG-Rail einen Workshop zum Thema "The ongoing negotiations on the Recast", zu dem europäische Marktbeteiligte, die Eisenbahnunternehmen und Infrastrukturbetreiber repräsentieren, sowie Vertreter der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments eingeladen waren. Nach einer angeregten Diskussionsrunde schloss Matthias Kurth den Workshop: "Ich freue mich sehr, dass so zahlreiche hochrangige Teilnehmer bei unserer Veranstaltung mitgewirkt haben. Dies zeigt, welche Reputation die IRG-Rail bereits gewonnen hat. Ich möchte all unseren Mitgliedern und Gästen danken. Ihre Teilnahme steht nicht zuletzt auch für das Ziel, das wir alle gemeinsam verfolgen, eine erfolgreiche Zukunft für den europäischen Eisenbahnmarkt."


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Quelle:
Pressemitteilung vom 29. November 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Dezember 2011