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AUSLAND/059: Weiterhin Sorge um türkische Anwaltschaft - alarmierender Bericht von Human Rights Watch (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 5. April 2019

DAV: Weiterhin Sorge um türkische Anwaltschaft

Human Rights Watch veröffentlicht alarmierenden Bericht


Berlin (DAV). Der Deutsche Anwaltverein (DAV) blickt weiterhin mit großer Sorge auf die Lage der Anwaltschaft in der Türkei. Die Situation hat sich auch 2019 nicht verbessert. Erst vor wenigen Tagen wurden 18 Anwältinnen und Anwälte der Progressive Lawyers Association (ÇHD) und des Peoples' Law Office (HHB) zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt - wegen des Vorwurfs der Unterstützung, Mitgliedschaft und Gründung von terroristischen Organisationen. ÇHD und HHB sind zwei wichtige Anwaltsorganisationen in der Türkei, die sich unter anderem gegen Folter einsetzen. Internationale Prozessbeobachter erklärten anschließend, das Gericht habe die Anträge und Erklärungen der Verteidigung ignoriert, und bemängelten eklatante Verstöße gegen die Grundsätze eines fairen Verfahrens.

"Der 5. April ist in der Türkei bekannt als 'Tag des Rechtsanwalts' - dies ist für uns ein wichtiger Anlass, um erneut zu betonen, dass die freie und unabhängige Berufsausübung von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten in einem Rechtsstaat unverzichtbar ist", so die Präsidentin des Deutschen Anwaltvereins, Rechtsanwältin und Notarin Edith Kindermann. "Die türkische Anwaltschaft steht ganz gezielt im Fokus des türkischen Staats, denn ohne Anwältinnen und Anwälte verbleiben Oppositionellen und Menschenrechtsaktivisten kaum Möglichkeiten, um sich gegen staatliche Repressalien zu wehren."

Human Rights Watch wird in der kommenden Woche einen umfassenden Bericht zur alarmierenden Lage der Anwaltschaft in der Türkei veröffentlichen. Darin wird berichtet, dass seit Juli 2016 insgesamt 1.546 Anwälte strafrechtlich verfolgt wurden. Fast 600 Anwältinnen und Anwälte wurden verhaftet und 274 davon zu langen Haftstrafen verurteilt - die durchschnittliche Haftdauer beträgt 7 Jahre.

Gemeinsam mit mehr als 20 internationalen Anwaltsorganisationen unterzeichnete der DAV aus diesem Grund zum 5. April einen vom Rat der Europäischen Anwaltschaften (CCBE) initiierten Appell an die türkische Regierung mit der Aufforderung, die Rechtsstaatlichkeit zu wahren und die Verfolgung von Anwältinnen und Anwälten einzustellen. Alle Kolleginnen und Kollegen, die zu Unrecht wegen der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit inhaftiert wurden, müssen unverzüglich freigelassen werden. "Wir werden die Situation der Anwaltschaft in der Türkei weiterhin genau beobachten und stehen gemeinsam mit der türkischen Anwaltskammer UTBA an der Seite unserer Kolleginnen und Kollegen", so DAV-Präsidentin Kindermann.

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 03/19 vom 5. April 2019
Deutscher Anwaltverein (DAV)
Littenstraße 11, 10179 Berlin
Tel.: 0 30/72 61 52 - 0
Fax: 0 30/72 61 52 - 190
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Internet: www.anwaltverein.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. April 2019

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