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AUSLAND/062: Hilfsorganisationen in Griechenland müssen geschützt werden (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 13. März 2020

Hilfsorganisationen in Griechenland müssen geschützt werden

Statement von Rechtsanwältin und Notarin Edith Kindermann, Präsidentin des Deutschen Anwaltvereins (DAV)


Wir sind geschockt über die massiven Angriffe auf Geflüchtete, Journalisten und Mitarbeitende der Hilfsorganisationen auf Lesbos. Unter den Angreifern befinden sich offenbar auch zahlreiche Rechtsradikale, die aus dem europäischen Ausland hierzu angereist sind. Das Team der European Lawyers in Lesvos (ELiL) kann aufgrund dieser bedrohlichen Lage derzeit nicht wie gewohnt vor Ort arbeiten - vergangene Woche haben die ehrenamtlichen Anwältinnen und Anwälte das Lager Moria aus Sicherheitsgründen nicht betreten. Auch jetzt bleibt das Büroschild weiter abgehängt, und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tragen auf der Insel keine ELiL-Teamwesten mehr. Der Zugang zur Rechtsberatung wird den Betroffenen vor Ort damit nahezu unmöglich gemacht.

Wir fordern die Bundesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass die griechische Regierung sowie EU-Organisationen den Schutz der Hilfsorganisationen auf der Insel sicherstellen. Es darf nicht sein, dass die Menschen, die sich an den Außengrenzen Europas für Menschlichkeit und für das Recht einsetzen, zur Zielscheibe rechtsradikaler Angriffe werden. Wenn sich die Hilfsorganisationen aus Angst zurückziehen, wird die Lage vor Ort noch ernster. European Lawyers in Lesvos ist eine der größten Rechtsberatungsorganisationen vor Ort. Ohne solche Projekte gibt es in den Lagern so gut wie keine Erstberatung im Vorfeld der komplexen Asylverfahren.

Die Situation auf den griechischen Inseln ist eine humanitäre Notlage. Der Schutz unserer Kolleginnen und Kollegen vor Ort ist absolut notwendig. Darüber hinaus begrüßen wir jeden Schritt, der eine zeitnahe und praktikable Aufnahme von Personen aus dem Lager sicherstellt, um die Situation schnellstmöglich zu verbessern.

ELiL wurde 2016 vom DAV und dem Rat der Europäischen Anwaltschaften (CCBE) gegründet, seit Anfang 2020 unterstützt auch die Dachorganisation der französischen Anwaltschaft (CNB) das Projekt als Teilhaber. Bisher haben sich über 200 Anwältinnen und Anwälten aus 18 Ländern für ELiL engagiert. Zusammen haben sie über 41.000 Stunden ehrenamtliche Rechtsberatung für mehr als 10.000 schutzsuchende Menschen geleistet.

Diesem Statement entsprechend versendet der DAV parallel ein Schreiben an die Bundesregierung.

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Quelle:
Statement vom 13. März 2020
Deutscher Anwaltverein (DAV)
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Tel.: 0 30/72 61 52 - 0
Fax: 0 30/72 61 52 - 190
E-mail: service@anwaltverein.de
Internet: www.anwaltverein.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. März 2020

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