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EUROPA/012: Bundesjustizministerin Zypries zieht europapolitische Bilanz (BMJ)


Bundesministerium der Justiz - Berlin, 23. Oktober 2009

Zypries zieht europapolitische Bilanz


Mit Blick auf den anstehenden Regierungswechsel in Deutschland nutzte die inzwischen dienstälteste Justizministerin der Europäischen Union, Brigitte Zypries, am Rande der Sitzung des JI-Rates die Gelegenheit in Luxemburg eine europapolitische Bilanz ihrer Amtszeit der vergangenen sieben Jahre zu ziehen:

"In den vergangenen sieben Jahren haben wir viel erreicht. Europas Bürgerinnen und Bürger werden besser vor rassistischen und fremdenfeindlichen Übergriffen geschützt. Sie haben mehr Rechte als Bahnkunden und als Kreditnehmer, sie wissen verlässlich, welches Recht bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten aus vertraglichen und außervertraglichen Schuldverhältnissen gilt. Unterhaltsansprüche können sie grenzüberschreitend leichter durchsetzen. Auch bei anderen grenzüberschreitenden Geldforderungen können sie ebenso wie Unternehmen mit dem EU-Mahnverfahren einfacher zu ihrem Geld kommen. Nicht zuletzt sind Bürgerinnen und Bürger in Europa durch die Vernetzung von nationalen Strafregistern und durch verschiedene Maßnahmen zur verbesserten Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität besser vor Straftaten geschützt. Deutschland hat sich nicht nur durch das Pilotprojekt zur Vernetzung nationaler Strafregister in den vergangenen Jahren einen guten Namen als Vorreiter in der EU für E-justice innerhalb der EU gemacht", erklärte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries. "Unter deutscher Ratspräsidentschaft haben wir erreicht, dass eine eigene Ratsarbeitsgruppe für E-Justice eingerichtet wurde, die sich mit dem grenzüberschreitenden IT-Einsatz in der Justiz befasst. Darüber konnten erfolgreiche Pilotprojekte - z. B. zur IT-Unterstützung des Europäischen Mahnverfahrens, zur Vernetzung der nationalen Insolvenzregister oder zur Entwicklung eines europäischen Justizportals- unter deutscher Federführung bzw. deutscher Beteiligung gestartet werden. Sie werden den Bürgerinnen und Bürgern in Europa den Zugang zur Justiz einfacher, transparenter und schneller machen", erläuterte Zypries.

Unmittelbar nach dem 11. September 2001 standen vor allem Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit von Bürgerinnen und Bürgern in der EU im Fokus der europäischen Rechtspolitik. Die Anschläge von New York, auf Djerba, auf Bali, in Madrid und in London hat den europäischen Mitgliedsstaaten schmerzhaft vor Augen geführt, dass Europas Bürgerinnen und Bürger vor einer völlig neuartigen Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus geschützt werden müssen. Es war nicht immer einfach, in einer Zeit für Bürgerrechte zu streiten, in der viele unter dem Eindruck der verheerenden Anschläge im Interesse einer verbesserten Sicherheit und effektiver Strafverfolgung nur allzu bereit waren, sich bei neuen Eingriffsmaßnahmen im Zweifel gegen Freiheitsrechte zu entscheiden. Die Genese der Verhandlungen über die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür. Nachdem sich Deutschland als einziger EU-Mitgliedstaat monatelang nachhaltig weitreichenden Eingriffsbefugnissen widersetzt hatte, hat die damals amtierende Ratspräsidentschaft entschieden, die Rechtsgrundlage zu wechseln, das Dossier von der dritten in die erste Säule zu überführen und damit den Weg für eine Mehrheitsentscheidung zu öffnen. Deutschland blieb vor diesem Hintergrund nur noch, im Rahmen der Verhandlungen darauf hinzuwirken, Eingriffe auf ein innerhalb des Rates mehrheitsfähiges Minimum zu beschränken. Bei der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht hat Deutschland die Spielräume, die nach den europarechtlichen Vorgaben blieben, so grundrechtsschonend wie möglich genutzt.

Am 1. März 2007 hat die Europäische Grundrechteagentur in Wien ihre Arbeit aufgenommen, nachdem der EU-Justizministerrat zuvor die Verordnung zu ihrer Errichtung formell angenommen hatte. Die Entscheidung, eine Europäische Grundrechteagentur einzurichten unterstreicht, welche Bedeutung die Union der Einhaltung europäischer Grundrechte beimisst. Die Agentur stellt den europäischen Institutionen und den Mitgliedstaaten Fachkenntnisse in Bezug auf die Grundrechte zur Verfügung und kooperiert eng mit dem Europarat. Sie sammelt und analysiert Informationen. Ebenso gehört zu ihren Aufgaben, Methoden und Standards zu entwickeln, um eine bessere Vergleichbarkeit, Objektivität und Verlässlichkeit von Daten auf europäischer Ebene zu erzielen. Eigene wissenschaftliche Forschungsarbeiten im Rahmen ihres Jahresarbeitsprogramms oder auf Ersuchen des Europäischen Parlaments, des Rates oder der Kommission runden die Aufgaben ebenso ab wie Gutachten für die Institutionen und Mitgliedstaaten zu bestimmten Themen.

Der Schutz vor Diskriminierung gehört zum Kernbestand der Menschenrechtspolitik. Mit dem Allgemeinen Gleichstellungsgesetz wurden vier EU-Gleichbehandlungsrichtlinien in deutsches Recht umgesetzt. Die Bürgerinnen und Bürger können sich nun besser gegen Diskriminierungen wehren. Für den Bereich des allgemeinen Zivilrechts wurde über die europarechtlichen Vorgaben sogar hinausgegangen, was den Schutz vor Diskriminierungen maßvoll abrundet. Es wurden Regelungen mit Augenmaß gefunden, die Diskriminierten helfen, gleichzeitig aber unnötige Bürokratie vermeiden.

Um unsere gemeinsamen europäischen Werte offensiv zu verteidigen, haben wir während unserer EU-Ratspräsidentschaft eine verbindliche, europaweite Mindestharmonisierung der Vorschriften über die Strafbarkeit des Verbreitens von rassistischen und fremdenfeindlichen Äußerungen durchgesetzt und einen Rahmenbeschluss zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit mit einer politischen Einigung erfolgreich abgeschlossen. Die öffentliche Aufstachelung zu Gewalt und Hass oder das Leugnen oder Verharmlosen von Völkermord aus rassistischen oder fremdenfeindlichen Motiven wird jetzt europaweit sanktioniert.

Eine Vielzahl weiterer Rahmenbeschlüsse der vergangenen Jahre hilft, die Kriminalität besser zu bekämpfen und die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger weiter zu verbessern.

Beispielhaft zu nennen ist die Europäische Beweisanordnung, die die grenzüberschreitende Herausgabe von Beweismitteln erleichtern soll, oder die Europäische Vollstreckungsanordnung, mittels derer die Überstellung von verurteilten Straftätern in ihr Heimatland zur Strafverbüßung vereinfacht wird. Ein weiteres Beispiel ist der während deutscher Ratspräsidentschaft geeinigte Rahmenbeschluss zur grenzüberschreitenden Bewährungsüberwachung. Mit diesem Instrument wird ermöglicht, dass die Einhaltung von Bewährungsauflagen, auch bei einem Umzug des Straftäters von einem Mitgliedstaat in den anderen erfolgen kann. So kann der Rahmenbeschluss auch einen Beitrag zur Resozialisierung des Täters leisten, der sich nach vorzeitiger Haftentlassung und Rückkehr in sein Heimatland dort der Bewährungsüberwachung stellen möchte.

Erfolgreich entwickelt hat sich das auf deutsche Initiative begonnene Pilotprojekt zur Vernetzung der nationalen Strafregister. Sog. Strafnachrichten (Eintragungen in den nationalen Strafregistern) werden tagesaktuell zwischen den Mitgliedstaaten ausgetauscht und können im Bedarfsfalle grenzüberschreitend automatisiert abgefragt werden können. Auch dabei haben wir sichergestellt, dass kein ungehinderter Zugriff auf persönliche Daten möglich ist, sondern Abfragen und Informationen durch technische Vernetzung von einem nationalen Register zum anderen blitzschnell erledigt werden können. Ein inzwischen geeinigter Rahmenbeschluss, der bis 2012 von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden muss, legt zudem auf der Grundlage der Erfahrungen dieses Projekts die Einzelheiten des Strafregisterinformationsaustauschs in der Europäischen Union rechtlich fest; ein weiterer Beschluss enthält die technischen Regelungen zum Informationsaustausch. Künftig werden alle Verurteilungen eines Staatsangehörigen der Europäischen Union in seinem Heimatregister gespeichert. Die Informationen werden im Einzelfall auf Ersuchen allen Mitgliedstaaten in automatisierter Form mit Übersetzung zu Verfügung gestellt.

Reisen ohne Grenzen, Einkaufen im Internet - immer mehr Bürgerinnen und Bürger in Europa nutzen die vielfältigen Freiheiten, die ihnen die Europäische Union bietet. Wir haben in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass sie mehr Rechte als Bahnkunden und als Kreditnehmer bekommen.

Mehr Transparenz und deutlich verbesserte Rechte für Verbraucherinnen und Verbraucher bei Kreditgeschäften bringt die neue Verbraucherkredit-Richtlinie, die wir in diesem Jahr in deutsches Recht umgesetzt haben. Sie gilt für Verbraucherkredite ab 200 Euro bis zu 75.000 Euro (nicht dagegen für Kredite, die mit Hypotheken oder Grundschulden gesichert werden). Sie macht europaweit einen echten Angebotsvergleich bei Verbraucherkrediten möglich: Für den Kreditanbieter gelten einheitliche Transparenzregeln und der effektive Jahreszins eines Kredits wird nach europaweit einheitlichen Maßstäben berechnet. Kreditinstitute müssen Verbraucher mit einem europaweit einheitlich aufgebauten Formular, den "Europäischen Standardinformationen für Verbraucherkredite" über wesentliche Fragen des Kredites informieren. Dieses einheitliche Formular enthält alle wesentlichen Angaben. So hilft es Bürgerinnen und Bürgern, EU-weit nach günstigen Angeboten zu suchen, auch wenn sie die jeweilige Sprache nicht sicher beherrschen.

Zudem ist abschließend festgelegt, welche vorvertraglichen und vertraglichen Informationen mitgeteilt werden müssen. Diese Informationen und die einheitlichen Vorgaben zur Berechnung des effektiven Jahreszinses sollen fragwürdige Praktiken unterbinden, mit denen die tatsächlichen Kreditkosten vernebelt werden. Beispielsweise, indem ein scheinbar günstiger Kredit mit einer überteuerten Restschuldversicherung verbunden wird. Nach der neuen Fassung der Richtlinie sind nämlich die Beträge für zwingend abzuschließende Versicherungen den Kreditkosten hinzuzurechnen.

Zudem haben europaweit alle Verbraucherinnen und Verbraucher das Recht, einen geschlossenen Kreditvertrag innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen zu widerrufen. Und schließlich begrenzt die neue Verbraucherkreditrichtlinie die Höhe der sogenannten Vorfälligkeitsentschädigung, die der Kreditgeber im Falle einer vorzeitigen Rückzahlung der Kreditsumme verlangen kann.


Mehr Schutz für Fahrgäste im Eisenbahnverkehr

Mit einer EG-Verordnung über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Einsenbahnverkehr erhalten Bahnfahrerinnen und Bahnfahrer europaweit mehr Rechte bei Verspätungen und Zugausfällen. Zudem wird Menschen mit Behinderungen europaweit das Bahnfahren erleichtert. Schließlich wird die Haftung bei Personenschäden verbessert. Auch die Eisenbahnunternehmen profitieren von der Einigung, weil Rechtsunterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten abgebaut und Rechtsunsicherheiten beseitigt werden.

Die EG-Verordnung tritt am 3. Dezember 2009 europaweit in Kraft. In Deutschland gelten die neuen Fahrgastrechte schon aufgrund eines nationalen Gesetzes, das am 29. Juli 2009 in Kraft getreten ist.

Die EG-Verordnung sieht vor, dass bei einer Verspätung ab 60 Minuten das Eisenbahnunternehmen dem Kunden 25 % des Fahrpreises, bei einer Verspätung ab 120 Minuten 50 % des Fahrpreises erstatten muss - wenn der Fahrgast es wünscht, in bar. Darüber hinaus wird das Eisenbahnunternehmen bei einer Verspätung von mehr als 60 Minuten verpflichtet, dem Fahrgast eine kostenlose Hotelunterkunft anzubieten, wenn wegen der Unpünktlichkeit oder des Ausfalls eine Übernachtung erforderlich wird. Ausnahmen gelten, wenn die Verspätung auf ein Verschulden des Fahrgastes, auf ein unvermeidbares Verhalten eines Dritten oder auf außerhalb des Eisenbahnbetriebs liegenden unvermeidbaren Umständen beruht, z. B., wenn ein liegengebliebener LKW die Schienen blockiert.

Die Eisenbahnunternehmen müssen zudem die Fahrgäste z. B. darüber informieren, welche die kürzeste und preisgünstigste Zugverbindung ist, ob ein Zug Verspätung und welche Rechte der Fahrgast hat.

In Bezug auf Personenschäden verbietet die EG-Verordnung den Mitgliedstaaten, geringere Haftungshöchstsummen festzuschreiben als umgerechnet ca. 187.000 Euro. Darüber hinaus verpflichtet sie die Eisenbahnunternehmen bei Tod oder Körperverletzung eines Fahrgasts einen Vorschuss zu zahlen, der die unmittelbaren wirtschaftlichen Bedürfnisse des Geschädigten oder seiner Angehörigen deckt.

EU-Bürger können seit dem 1. Januar 2009 das Europäische Mahnverfahren nutzen. Es bietet einem Gläubiger die Möglichkeit, schnell und kostengünstig einen Titel zu bekommen, wenn der Schuldner die Forderung voraussichtlich nicht bestreiten wird.

Beispiel:
Eine Studentin bestellt von München aus über das Internet bei einem Computerhändler in London ein Notebook. Bei der ersten Nutzung stellt sich heraus, dass der Prozessor langsamer ist, als im Internet angepriesen. Die Studentin widerruft sogleich den Kaufvertrag und sendet das Notebook nach London zurück. Trotz mehrerer Aufforderungen erstattet der Händler ihr den im Voraus gezahlten Kaufpreis nicht zurück.

Künftig kann die Studentin nach dem Europäischen Mahnverfahren vorgehen und auf einem Standardformular beim zuständigen englischen Gericht den Erlass eines Zahlungsbefehls beantragen.

Ebenfalls seit Januar 2009 können dank der sog. Small-Claims-Verordnung grenzüberschreitende streitige Forderungen bis 2.000 Euro einfacher durchgesetzt werden. Die Verordnung schafft ein einheitliches europäisches Zivilverfahren, das vor den Gerichten der Mitgliedstaaten der Europäischen Union - mit Ausnahme Dänemarks - Anwendung findet. Die Vollstreckung aus einem in diesem Verfahren ergangenen Urteil ist einfach, denn das bislang notwendige komplizierte Vollstreckbarerklärungsverfahren ist für solche Urteile abgeschafft worden. Das Verfahren ist anwenderfreundlich ausgestaltet: Zur Einleitung steht dem Kläger ein standardisiertes Formular zur Verfügung. Ausfüllhinweise erleichtern die Nutzung in der Praxis. Die Parteien müssen sich nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Außerdem schreibt die Verordnung vor, dass der unterlegenen Partei keine unnötigen Kosten auferlegt werden. Auf diese Weise soll in allen Mitgliedstaaten gewährleistet werden, dass die Parteien nicht mit einer unangemessenen finanziellen Belastung rechnen müssen.

Die grenzüberschreitende Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen wird die ab Juli 2011 anwendbare Unterhaltsverordnung erleichtern. Ein Urteil in Unterhaltssachen, das beispielsweise von einem deutschen Gericht erlassen wurde, kann dann ohne weitere Verfahrensschritte in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union unmittelbar vollstreckt werden. Die Unterhaltsverordnung garantiert Unionsbürgerinnen und - bürgern zudem eine noch effizientere Unterstützung durch staatliche Behörden, wenn sie z. B. wegen der fremden Sprache Schwierigkeiten haben, ihre Ansprüche in einem anderen Mitgliedsstaat durchzusetzen.

Für EU-Bürgerinnen und -Bürger gibt es zudem mehr Rechtssicherheit und Transparenz vor den Gerichten der europäischen Mitgliedstaaten, wenn sie Ansprüche aus vertraglichen oder außervertraglichen Schuldverhältnissen mit Auslandsbezug durchsetzen wollen.

Die seit 11. Januar 2009 geltende Rom II-Verordnung schafft einheitliche Regelungen, nach denen entschieden wird, welches nationale Recht auf ein außervertragliches Schuldverhältnis Anwendung findet, wenn der Sachverhalt Verbindungen zu mehreren Rechtsordnungen aufweist. Zu den außervertraglichen Schuldverhältnissen zählen insbesondere die unerlaubten Handlungen, die ungerechtfertigte Bereicherung und die Geschäftsführung ohne Auftrag.

Als allgemeine Regel sieht die Rom II-Verordnung vor, dass auf eine unerlaubte Handlung das Recht des Staates angewandt wird, in dem der Schaden eingetreten ist.

Beispiele:
Der Schadensersatzanspruch deutscher Touristen, die in Ungarn in einen Unfall verwickelt werden, den der Fahrer eines griechischen Lastwagens verursacht hat, richtet sich nach ungarischem Recht. Handelt ein französisches Unternehmen in Deutschland wettbewerbswidrig, so sind die Ansprüche der Konkurrenten nach deutschem Recht zu beurteilen. Die im Dezember 2009 in Kraft tretende Rom I - Verordnung regelt, welches Recht auf ein vertragliches Schuldverhältnis mit Auslandsberührung anwendbar ist. Dabei gilt für Geschäfte zwischen Gewerbetreibenden:

Bestellt ein deutscher Unternehmer über eine interaktive Website im Internet bei einem portugiesischen Händler Wein, stellt sich die Frage, ob auf den Kaufvertrag deutsches oder portugiesisches Recht anzuwenden ist. Die Rom I-Verordnung erlaubt den Vertragspartnern auch künftig, das anzuwendende Recht selbst zu wählen. Machen sie davon keinen Gebrauch, findet das Recht am Ort der Partei Anwendung, die die geschäftstypische Leistung erbringt. Das wäre im vorliegenden Fall die Lieferung des Weins durch den Weinhändler. Portugiesisches Recht käme zur Anwendung.

für Verbraucherverträge:
Sondervorschriften sieht die Verordnung für die strukturell "schwächere" Partei vor. Wäre der Käufer im vorgenannten Fall etwa kein deutscher Unternehmer, sondern ein deutscher Verbraucher, hätten die Parteien das anzuwendende Recht zwar auch wählen können. Doch der portugiesische Weinhändler hätte gleichwohl die zwingenden Vorschriften des Verbraucherrechts (hier also des deutschen Rechts) berücksichtigen müssen - beispielsweise Gewährleistungsfristen. Treffen die Parteien keine Rechtswahl, kommt bei Verbraucherverträgen zudem nicht das Recht des Unternehmers, sondern immer das des Verbrauchers zur Anwendung.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 23.10.2009
Herausgegeben vom Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
des Bundesministeriums der Justiz
Verantwortlich: Eva Schmierer
Redaktion: Dr. Thorsten Bauer, Dr. Katharina Jahntz,
Harald Schütt, Ulrich Staudigl
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Oktober 2009