Schattenblick →INFOPOOL →RECHT → FAKTEN

FAMILIENRECHT/095: Alle sprechen über Kinder - wir auch (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV), Arbeitsgemeinschaft Familienrecht - Berlin, 22. November 2007

Alle sprechen über Kinder - wir auch

Herbsttagung der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins in Köln vom 22.-24. November 2007


Köln (DAV). "Im Streit um die Unterhaltsrechtsreform hat die Politik nun eine Lösung gefunden, damit ist die Zeit der Unsicherheit wegen der Auswirkungen der Reform auf die Rechtsprechung noch nicht vorbei, aber einige Grundsätze sind wohl geklärt", sagte Rechtsanwältin Ingeborg Rakete-Dombek, Berlin, Vorsitzende der Arbeitgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) beim Auftakt der diesjährigen Herbsttagung. Beim Pressegespräch zu Beginn der Tagung nannte Rechtsanwalt Wolfgang Schwackenberg, Oldenburg, drei Grundsätze der Reform: "Erstens wird der Unterhaltsanspruch nicht verheirateter betreuender Elternteile nahezu gleichgestellt mit dem Anspruch miteinander verheirateter Eltern. Zweitens wird der Grundsatz der Eigenverantwortung unterhaltsberechtigter Erwachsener gestärkt. Dies drückt sich aus durch eine verstärkte Obliegenheit, sich frühzeitig um eigene Arbeit zu bemühen. Drittens soll der Unterhaltsmaßstab primär den Ausgleich ehebedingter Nachteile zum Ziel haben."

Das Unterhaltsrecht soll sich an die veränderten sozialen Bedingungen anpassen. Das war der Wille des Gesetzgebers seit dem Jahre 2000. Die Reform wurde jedoch wieder gestoppt, weil das Bundesverfassungsgericht urteilte, dass eheliche und nichteheliche Kinder beim Betreuungsunterhalt der betreuenden Elternteile gleichzustellen sind. Neue monatelange Verhandlungen der Parteien in der Koalition führten dann dazu, dass das Gesetz am 9. November 2007 verabschiedet wurde. Alle Kinder stehen nun beim Unterhalt an erster Stelle.

Auch die geplante Reform des familiengerichtlichen Verfahrens hat das Kindeswohl im Auge. So sollen Kindschaftssachen, welche die elterliche Sorge, das Umgangsrecht oder die Herausgabe eines Kindes betreffen, zukünftig schneller gelöst werden, möglichst ohne Gerichtsurteil. Elemente des so genannten Cochemer Modells - das auf Vermittlung statt auf Streit setzt - sollen dabei helfen. Geplant ist vor allem ein enges Zusammenwirken der verschiedenen Institutionen: Jugendamt, Verfahrenspfleger, Anwälte, Richter. "Das hört sich gut an, birgt aber einige Gefahren in sich", kritisierte Rechtsanwältin Rakete-Dombek das Gesetzesvorhaben. "Wer sich entschließt, vor das Familiengericht zu gehen, will seine Rechte klären und die Sache entschieden sehen. Vorrangige Aufgabe des Gerichts ist es deshalb, Rechtsfragen zu entscheiden. Das dient durchaus der Befriedung von Streitigkeiten, die sonst nach dem 'Recht des Stärkeren' außergerichtlich entschieden würden. Wenn aber den Beteiligten unter nahezu allen Umständen eine Einigungsbereitschaft abverlangt wird, kann sich das zu Lasten der Schwächeren auswirken eben vor allem auch der Kinder." In Fällen häuslicher Gewalt dürfe es solche Einigungen "auf Biegen und Brechen" nicht geben, sagte die Anwältin und verwies auf weitere Themen der Tagung, die das Kind im familienrechtlichen Verfahren in den Mittelpunkt gestellt haben: "Das Jugendamt zwischen Eingriff und Vermittlung", die "Kinderrechte und ihre Perspektiven in Deutschland" oder die "neuen Vaterschaftsanfechtungsrechte". Es referieren namhafte Richterinnen der obersten Bundesgerichte und Oberlandesgerichte und erfahrene Sachverständige. Bei der Eröffnung stellte sich die frühere Bundesfamilienministerin Renate Schmidt zum Thema "Kinder und Familie in Deutschland" den Fragen der Familienanwälte.

In der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht im DAV sind bundesweit mehr als 6100 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte organisiert. Sie ist damit die größte Vereinigung von auf Familienrecht spezialisierten Anwältinnen und Anwälten.


*


Quelle:
Pressemitteilung FamR 06/07 vom 22. November 2007
Deutscher Anwaltverein (DAV)
Pressesprecher Swen Walentowski
Tel. 030/72 61 52-1 29, Fax 030/72 61 52-1 93
Internet: www.anwaltverein.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. November 2007