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GESCHICHTE/025: Gedenken an 1933 - 75 Jahre Ermächtigungsgesetz (BMJ)


Bundesministerium der Justiz - Berlin, 20. März 2008

75 Jahre Ermächtigungsgesetz: Erinnern an die parlamentarische Kapitulation vor Hitler


Am 23. März 1933 verabschiedete der Reichstag das "Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich". Das sog. Ermächtigungsgesetz bildete die rechtliche Grundlage für die Auflösung des demokratischen Rechtsstaats und die Abschaffung der parlamentarischen Demokratie. Sie markierte den formalen Schritt zur Errichtung der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland.

"Wir erinnern uns heute an die Kapitulation des Rechtsstaats: Mit der Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes entmachtete das Parlament sich selbst. Die Aufgabe der Gewaltenteilung zerstörte das Fundament der freiheitlichen Demokratie. Wir gedenken heute auch jener Parlamentarierinnen und Parlamentarier, die sich damals ohne Rücksicht auf die eigene Person für die Demokratie eingesetzt und die Würde der Volksvertretung gegen die heraufziehende Diktatur verteidigt haben. Ihr Bekenntnis und ihren Mut nehmen wir uns bei Sicherung und Fortentwicklung unseres Rechtsstaates zum Vorbild", sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Für die Verfassungsänderung durch das Ermächtigungsgesetz war eine Zweidrittelmehrheit im Reichstag erforderlich. Die NSDAP schaffte es, die bürgerlichen Parteien auf ihre Seite zu ziehen. Außerdem erzwang sie die Abwesenheit der KPD-Abgeordneten auf Grund von Verhaftung, Ermordung und Flucht. Allein die SPD im Reichstag stimmte gegen das Gesetz.

Otto Wels (SPD) hielt dabei die letzte freie Rede im Reichstag. "Kein Ermächtigungsgesetz gibt ihnen die Macht, Ideen, die ewig und unzerstörbar sind, zu vernichten." Seine furchtlose Rede gipfelte in dem Bekenntnis: "Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht."

Neue Gesetze mussten fortan nicht mehr verfassungskonform sein und die Grundrechte wahren. Gesetze konnten neben dem verfassungsmäßigen Verfahren auch allein von der Reichsregierung erlassen werden. Die Gültigkeit des Gesetzes wurde auf vier Jahre begrenzt, jedoch 1937 und 1939 durch den gleichgeschalteten Reichstag sowie 1943 per Führererlass verlängert. Nach der Ausschaltung von Parlament und Verfassung folgten die Gleichschaltung aller Behörden, Institutionen und Organisationen und die Auflösung aller Parteien außer der NSDAP.

Nach den Erfahrungen in der Zeit des Nationalsozialismus wurden tragende Prinzipien unseres Rechtsstaats in einer sog. Ewigkeitsklausel besonders vor Missbrauch geschützt. Die Menschenwürde, das Demokratie-, Bundesstaats-, Sozialstaats- und Rechtsstaatsprinzip sowie die Staatsform der Republik sind nach Art. 79 des Grundgesetzes einer Verfassungsänderung entzogen.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 20.03.2008
Herausgegeben vom Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
des Bundesministeriums der Justiz
Verantwortlich: Eva Schmierer
Redaktion: Ulf Gerder, Dr. Henning Plöger, Christiane Wirtz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. März 2008