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REDE/024: Brigitte Zypries - Strukturreform des Versorgungsausgleichs, 26.09.08 (BPA)


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Rede der Bundesministerin der Justiz, Brigitte Zypries, zum Gesetzentwurf zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs vor dem Deutschen Bundestag am 26. September 2008 in Berlin


Meine Damen und Herren!

Wir diskutieren heute in erster Beratung den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs. Für diejenigen, die nicht wissen, was ein Versorgungsausgleich ist, sage ich: Der Versorgungsausgleich bedeutet den Ausgleich der Rentenansprüche, die man während der Ehezeit erworben hat.

Der vorliegende Gesetzentwurf, den wir sehr lange beraten haben, wird zu gerechten Teilungsergebnissen führen, wie wir meinen. Er ist einfach und verständlich formuliert und regelt sämtliche Rentenangelegenheiten bereits bei der Scheidung. Das ist der große materielle Vorteil. Ansonsten geht es vor allen Dingen um technische Fragen; denn das materielle Recht - also die Teilung der Versorgungsansprüche durch zwei bei Auflösung einer Ehe - wird beibehalten. Das wollen wir nicht ändern.

Das Konzept, das Sie zu beraten haben, hat bereits im Vorfeld große Zustimmung gefunden - was nicht immer der Fall ist -, sowohl bei den Ländern, der Anwaltschaft, der Familiengerichtsbarkeit, den Versorgungsträgern und ganz aktuell auch beim Deutschen Juristentag in Erfurt, auf dem sich eine Abteilung mit dem Thema befasst hat.

Der Versorgungsausgleich ist existenziell wichtig. Ich habe eben ausgeführt, dass die Rentenansprüche geteilt werden. Deswegen ist er für diejenigen in einer Ehe besonders wichtig, die während der Ehezeit keine eigenen Versorgungsansprüche erwerben konnten. Das sind immer noch ganz überwiegend die Frauen.

Wir müssen das Recht an die Veränderungen der Versorgungssysteme anpassen. Wir müssen aber auch die Barwert-Verordnung aufheben, nach der der Versorgungsausgleich bisher errechnet wurde. Bis jetzt ist der Versorgungsausgleich allein über die gesetzliche Rentenversicherung erfolgt. Das heißt, dass alle bestehenden Ansprüche, auch aus anderen Systemen, hochgerechnet und verglichen wurden. Das hat oft zu Ungenauigkeiten geführt.

Wir wollen diese Art des Ausgleiches durch drei Maßnahmen ändern.

Erstens - das habe ich schon angesprochen - werden alle Versorgungsansprüche künftig geteilt, und zwar innerhalb des bestehenden Systems. Man erhält dann ein zusätzliches Konto für seine Versorgung. Dadurch entfällt die fehleranfällige Umrechnung einer Betriebsrente oder einer privaten Versicherung in Ansprüche der gesetzlichen Rente. Man hat dann zwar im Zweifelsfall vier Rentenkonten, aber die Rente wird dann vollständig in der Höhe gezahlt, die einem zusteht. Ein Umrechnen findet also nicht mehr statt.

Für die gesetzliche Rentenversicherung ändert sich nichts. Denn in diesem Bereich verfahren wir bereits in dieser Weise.

Die zweite Änderung besteht darin, dass man bereits bei der Scheidung alle Ansprüche vollständig ausgleichen kann. Bisher wird ein Teil der Ansprüche erst mit Eintritt ins Rentenalter fällig, was für viele mit Schwierigkeiten verbunden ist. Manche wollen 25 Jahre nach der Scheidung nicht ihrem Geld hinterherrennen. In manchen Fällen besteht auch gar kein Kontakt mehr, sodass sich keine Gelegenheit dazu ergibt.

Drittens erhöhen wir durch die Änderungen die Anwenderfreundlichkeit. Dieses Gesetz bündelt alle einschlägigen Vorschriften in einem Gesetz, und zwar in einer übersichtlichen Ordnung und in einer klaren Sprache.

An dieser Stelle gebührt den Berichterstattern besonderer Dank, die sich für das Projekt "Verständliche Gesetze" eingesetzt haben und so dafür gesorgt haben, dass Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt worden sind, damit die Gesellschaft für deutsche Sprache an der Erarbeitung dieses Gesetzentwurfs mitwirken konnte. Das ist der Grund dafür, dass wir es geschafft haben, ein sprachlich doch sehr verständliches Werk vorzulegen.

Wir werden über Details sicherlich noch zu reden haben. Aber das Grundkonzept dessen, was wir Ihnen hier vorlegen, ist auf alle Fälle richtig; denn die Interessen aller sind berücksichtigt: die Interessen der Eheleute, die Interessen der Familiengerichte, für die es künftig sehr viel einfacher wird, den Versorgungsausgleich auszurechnen, und auch die Interessen der Versorgungsträger.

Ich wünsche mir und hoffe sehr, dass dieses Gesetz zum 1. September nächsten Jahres in Kraft treten kann. Dann hätten wir nämlich einen Gleichklang mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur FGG-Reform. Das wäre, glaube ich, für die Praxis gut. Ich freue mich auch, dass wir nach der Unterhaltsrechtsreform und der Reform des Zugewinnausgleichs mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs einen weiteren Baustein in der Folge der Gesetze vorlegen können, die eine größere Gerechtigkeit beim Scheidungsfolgenrecht schaffen sollen.


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Quelle:
Bulletin Nr. 98-3 vom 26.09.2008
Rede der Bundesministerin der Justiz, Brigitte Zypries, zum
Gesetzentwurf zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs vor dem
Deutschen Bundestag am 26. September 2008 in Berlin
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Oktober 2008