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STRAFRECHT/461: Entschädigung für unschuldig Inhaftierte vervierfachen (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 9. November 2017

DAV: Entschädigung für unschuldig Inhaftierte vervierfachen


Berlin (DAV). Der Deutsche Anwaltverein (DAV) appelliert an die Landesjustizminister, sich deutlich stärker für die Belange unschuldig Inhaftierter einzusetzen. Nach Ansicht des DAV muss beispielsweise die Haftentschädigung von derzeit 25 Euro pro Tag mindestens vervierfacht werden. Außerdem sollten die Landesjustizministerien den Betroffenen einen Helfer für Justizopfer zur Seite stellen, um eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu unterstützen.

"Eine Haftentschädigung von derzeit 25 Euro pro Tag ist deutlich zu gering und muss mindestens vervierfacht werden", sagte der Präsident des Deutschen Anwaltvereins, Ulrich Schellenberg. Alles andere müsse als Zynismus verstanden werden, so Schellenberg. Auch der Vergleich mit europäischen Nachbarländern macht nach Ansicht des DAV den Handlungsbedarf in Deutschland deutlich. In den Niederlanden steht beispielsweise die Haftentschädigung im Ermessen des Gerichts und beträgt zwischen 80 und 105 Euro pro Hafttag.

Die Landesjustizminister hatte in Vorbereitung der heute beginnenden Justizministerkonferenz eine Erhöhung der Haftentschädigung um 10 Euro auf dann 35 Euro in Aussicht gestellt.

Staatliche Stelle für Justizopfer gefordert

Neben der schlechten finanziellen Situation der Betroffenen fehlt es derzeit auch an staatlicher Hilfe, um unschuldig Inhaftierte nach deren Entlassung aus dem Gefängnis wieder in die Gesellschaft zu integrieren. "Unschuldig Inhaftierte werden nach ihrer Haftentlassung derzeit vom Staat alleingelassen", sagte Schellenberg. "Die Auswirkungen der Haft sind für alle gleich, unabhängig davon, ob sie zu Recht oder zu Unrecht im Gefängnis saßen", so der DAV-Präsident. Daher sei es nicht nachvollziehbar, warum rechtmäßig Inhaftierte nach ihrer Entlassung oft einen Bewährungshelfer zur Unterstützung bekämen, unschuldig Inhaftierte hingegen keinerlei Ansprechpartner hätten.

Der DAV schlägt daher vor, den Betroffenen einen besonderen "Helfer für Justizopfer" zur Seite zu stellen. Dieser könnte als Ombudsmann bei den Justizministerien der Länder angegliedert sein und den Betroffenen beispielsweise bei der Suche nach einer Wohnung und Arbeitsstelle helfen.

Eine aktuelle Untersuchung der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden im Auftrag der Landesjustizministerien ergab, dass das derzeitige Verfahren im Umgang mit zu Unrecht Inhaftierten "objektiv verbesserungswürdig" erscheint. Die Wissenschaftler stellten fest, dass die langjährig Inhaftierten nach ihrer Entlassung mit Problemen "alleingelassen" würden.

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 14/17 vom 9. November 2017
Deutscher Anwaltverein (DAV)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. November 2017

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