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EDITORIAL/075: Liebesgrüße aus Ankara (SB)



Wochendruckausgabe 75 der Elektronischen Zeitung Schattenblick zum 24.02.2018


Aufgeschlagene Schattenblick-Zeitung in den Händen eines Lesers - Foto: © 2013 by Schattenblick

Foto: © 2013 by Schattenblick

Liebesgrüße aus Ankara

Kaum jemand von denen, die durchschnittliche Medien in ihrem Gebrauch haben, nur um auf dem Laufenden zu bleiben, hat von Recep Tayyip Erdogan etwas anderes erwartet, als daß dieser wildgewordene Despot aus Ankara nicht nur seine Worte mit Panzern füllt, sondern auch die zugespitzten Verhältnisse und gesteigerte Explosivität auf die nächst höhere Stufe bringt.

Mit seinem Hinweis auf eine sogenannte osmanische Ohrfeige, welche jeder, ob Nato-Partner, Verbündeter oder Freund, zu erwarten hätte, stellte er sich dem einmal gewählten türkischen Angriff auf die kurdische YPG entgegen, hat Erdogan eine Botschaft losgetreten, die zuvor besser in das Erläuterungsgewand einer kulturspezifischen Übersetzung gekleidet worden wäre. Ausgerechnet die osmanische Ohrfeige kann doch als Bekenntnis verstanden werden, notfalls noch mit dem Aufwand der Erziehungszüchtigung dem Gegenüber durch eine mehr oder weniger schallende Ohrfeige anzuzeigen, daß hier eine sehr ernste Situation verhandelt werden muß. Dabei ist es die besondere Eigenart dieser einer vermeintlichen oder wirklichen Notlage geschuldeten Reaktion, dem Getroffenen Verletzungen und Gesichtsverlust zu ersparen wie in einem Streit unter Freunden.

Am Ende des Tages erfüllt die Türkei in ihrem Selbstverständnis und natürlich auch unter Wahrnehmung ihrer höchst eigenen Interessen die in sie gesetzte Erwartung und Pflicht, wenn auch übergriffig, Grenzen Europas und Positionen der Nato-Verbündeten zu schützen. Alle anderen Interventionsübungen (Ausbildungen, Waffenunterstützungen etc.) finden in Anbetracht der Verhältnisse in Syrien kein davon zu unterscheidendes und begründbares Legat als eben das jener panzerschmollenden Kräfte, die nicht zuletzt mit Hilfe deutscher Waffentechnik ihre Ziele suchen und finden. So gehen wir schlußendlich dann doch davon aus, daß sich alle Beteiligten außer den Getroffenen wieder zur Scheinsportlichkeit und zu verlogenen diplomatischen Ballspielen einfinden werden.

Ihre Schattenblick-Redaktion


23. Februar 2018


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