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EDITORIAL/090: Krieg und Frieden (SB)



Wochendruckausgabe 90 der Elektronischen Zeitung Schattenblick zum 16.06.2018


Aufgeschlagene Schattenblick-Zeitung in den Händen eines Lesers - Foto: © 2013 by Schattenblick

Foto: © 2013 by Schattenblick

Krieg und Frieden

Es kann der beste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt. Wer oder was aber sollte denn der Böse sein oder gar das Böse? Ist nicht bestenfalls die Zuschreibung des jeweils anderen die vertraute Lesart, die Welt und den Unterschied zwischen Krieg und Frieden zu erklären? In Leo Tolstois großem Roman "Krieg und Frieden" gibt es zumindestens Übergänge von einer zur anderen Position und natürlich zwangsläufige Vermischungen. Aber wie verteilt dort immer, wird auch da das Böse und demgegenüber das Gute, sprich Anständige, schlußendlich ausgemacht.

Diese Spannung und ihr ewiger Widerspruch haben seit jeher die Dramaturgie der menschlichen Erzählungen und Erklärungen beflügelt und offenbar überhaupt erst möglich gemacht.

Wenn Frieden und Friedlichkeit mit Wohlbefinden, Freude oder gar Freundschaft assoziiert werden kann, dann dürfte sein Bruch und durch mögliche kriegerische Gefahren bedrohtes Wesen doch nur darin vorbehalten sein, dem jeweils kriegerischen Nachbarn zum Beispiel mit der durch Besitzstandsverhalten und ausschließlichem Eigennutz verweigerten Teilhaberschaft an Wohlstand und Gebrauch entgegenzutreten. Auf diese Weise werden Krieg und Frieden lediglich zu zwei Seiten einer Medaille und wären bei allem Münzeln nicht auf eine Seite zu bekommen. So kann auch der beste nicht den Frieden leben, den er dem Nachbarn vorenthält.

Ihre Schattenblick-Redaktion


15. Juni 2018


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