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PRESSE/752: Form ist Leerheit - Leerheit ist Form? (Zenshin)


ZENSHIN - Zeitschrift für Zenbuddhismus, Nr. 2/08

Form ist Leerheit - Leerheit ist Form?

Von Gensetsu Oliver Weidkuhn


Ab und zu kommt von Außenstehenden Personen die Frage, was man denn so alles in einem Zen-Tempel außer Meditation zu tun hätte. Wenn dann darauf die Antwort folgt, man führt dort ein völlig einfaches Leben mit stinknormalen Arbeiten, so kann sich trotzdem niemand so recht was drunter vorstellen. Was ist schon stinknormal?

Na ja, alles zu seiner Zeit und im besten Falle immer eine Sache der Reihe nach, das ist dem Motto nach der einzig wirkliche Unterschied zu dem Alltag außerhalb eines Tempels. Nun, ab und zu übt man dann natürlich auch die Meditation, die das ganze Leben für viele dann doch wieder gespenstisch macht. Was ich persönlich bisher als Folge der Meditation feststellen konnte, ist, dass immer mehr Tätigkeiten mehr und mehr mit der Atmung tief verbunden ausgeführt werden und sich so einfach die Einstellung zu allen Dingen und Tätigkeiten verändert. Tätigkeiten wie: Staub wischen, Blumen gießen, Wäsche waschen, Böden putzen, Kochen, ans Telefon gehen, Post beantworten, den Gehweg kehren, den Garten aufräumen, die Beete pflegen oder auch mal Müll wegbringen.

Es sollte eigentlich nur eine kurze Aktion sein. Papiermüll, Altglas und Metall zum Wertstoffhof. Ach und noch ein paar Gegenstände, die das letzte Mal nicht vom Sperrmüll angenommen wurden. Klingt meiner Ansicht nach recht einfach. Aber dabei ist es nicht geblieben. Unser kleines Putzkammerl, war irgendwie schon übervoll mit Dingen, die sehr nach Wertstoffhof aussahen. Und so habe ich kurzerhand damit begonnen etwas aufzuräumen. So habe ich unter anderem eine riesengroße Kiste inmitten eines Haufens von Dingen hervorgezerrt. Maße ca. 1,0 m x 70 cm x 60 cm. Auf der Außenseite war ein Elektrorasenmäher abgebildet. Als ich die Kiste öffnete war sie leer. Den Rasenmäher dürften wir schon einige Jahre haben, also wofür die Kiste? Vor allem haben wir im Tempel auch gar nicht so viel Platz. Und so weitete sich die Aktion Wertstoffhof immer weiter aus. Da kamen noch viele weiterer solcher Kisten, uralte Industriestaubsauger, Autoreifen, ein Getränkekasten, vermutlich auch schon 5 Jahre alt, ein alter verrosteter Gasofen, alte Autositzfüllungen... etc. zum Vorschein.

Ja, in solchen Augenblicken frage ich mich dann auch selbst. Stinknormal das alles hier? Aber wer mal genauer überlegt, ein Verein, in dessen Gebäude kein Mitglied so richtig wohnt und diese einfachen Dinge erledigt, was soll da schon anderes bei rauskommen?

Insofern, ist es doch völlig normal. Es war einfach nur mal wieder höchste Eisenbahn, mal wieder zum Wertstoffhof zu fahren.

Und eines auf den Deckel habe ich natürlich auch bekommen. Den dunklen Industriestaubsauger, vorne mittig im Bild (auf S. 28 [vom Schattenblick nicht veröffentlicht]), hat Genpo vor kurzem gesucht, um damit einen Abfluss zu reinigen. Es war ein sehr teures Gerät in tadellosem Zustand. Der Inhaltsbehälter war bei Familie Döring im Keller. Nur der Staubsauger hatte noch gefehlt... Damit konnte man sowohl Wasser ansaugen wie auch herauspressen... So kann es gehen, wenn man nur dem Äußeren nach handelt. Die restlichen 95% waren dafür sinnvoll. Ja und "den Autoreifen, den können wir so nicht nehmen", sagte mir der korpulente Chef vom Wertstoffhof. Da müssen Sie schon erst mal den Gummimantel wegflexen oder sie bringen ihn zu einem Autoschrotthändler.

Ein uralter Rollladen wurde auch verweigert. Das ist Gewebe mit Holzkern und das nehmen wir nicht. Kurzer Hand entrollte ich den Rollo und entblößte einen Metallkern. Ach ja und das Gewebe war reines Kunststoffgewebe, das durfte dann doch in den Container dort links hinten. Bingo! Alles hat seinen Platz und ist wohl nicht immer wie es scheint.


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Quelle:
ZENSHIN - Zeitschrift für Zenbuddhismus, Nr. 2/08, S. 28-29
Herausgeberin: Hakuin Zen Gemeinschaft Deutschland e.V. (HZG)
Burggasse 15, 86424 Dinkelscherben
Redaktion: Nanshu Susanne Fendler / Bunsetsu Michael Schön
Übelherrgasse 6, 89420 Höchstädt a.d.D.
E-Mail: s-fendler@t-online.de / schoen-bio@gmx.de

ZENSHIN erscheint halbjährlich.
Einzelheft 7,50 Euro inklusive Versand


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. März 2009