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PRESSE/954: Das Leben des buddhistischen Philanthropen Yehan Numata (DMW)


Der Mittlere Weg - Nr. 3, September - Dezember 2012
Zeitschrift des Buddhistischen Bundes Hannover e.V.

YEHAN NUMATA
Das Leben eines buddhistischen Philanthropen

von Myoshin-Friedrich Fenzl



Die großen wirtschaftlichen Umwälzungen und Krisen der letzten Jahre lenkten unsere Aufmerksamkeit auch auf das Verhältnis des Buddhismus zum wirtschaftlichen Bereich der menschlichen Gesellschaft. Shakyamuni Buddha hat Handel und Gelderwerb nie verurteilt. Wenige Buddhisten wissen z.B., dass die ersten Menschen, denen der Erleuchtete seine Heilsbotschaft verkündete, nicht die fünf Asketen im Gazellenhain von Isipathana waren, sondern zwei reisende Kaufleute namens Tapussa und Bhallika, die er auf dem Wege zum Gazellenhain getroffen hatte.

Es erhebt sich daher die Frage. ob sich unter den Verkündern und Förderen des Dharma auch Geschäftsleute befunden haben, die Buddhas Lehre viele Menschen hören ließen und sie damit auf dem Weg zu Erkenntnis und Erleuchtung führten. Der japanische Buddhismus hat hier einige bemerkenswerte Gestalten aufzuweisen. Unter ihnen ragt besonders Yehan Numata hervor, der Gründer von Bukkyo Dendo Kyokai, der "Gesellschaft zur Förderung des Buddhismus", der es vom Tellerwäscher zum Großindustriellen und Besitzer von vierzehn Fabriken auf vier Erdteilen brachte.

Im Jahre 1917 kam ein junger Japaner nach Kalifornien, um dort ein technisches Studium zu beginnen. Er stammte aus einer kinderreichen, verarmten Familie eines Tempelgeistlichen in der Präfektur Hiroshima, der Tempel gehörte zur Honganji-Richtung des Shin-Buddhismus. Da ihm die finanziellen Mittel fehlten, mußte er das Studium als "Hausboy" finanzieren. Bevor er morgens zum Studium ging, hatte er das Frühstück und die ganze Hausarbeit zu besorgen, kam er abends heim, so hieß es das Geschirr zu spülen. An Wochenenden lag die gesamte Hausarbeit in seinen Händen. Für diese mühsame Arbeit erhielt er ganze zwei Dollar in der Woche. Die Vereinigten Staaten wurden damals von einer starken antagonistischen Welle gegen Japaner erschüttert. Demütigungen und Beleidigungen waren auf der Tagesordnung.

Durch diese dreifache Belastung stellten sich bald Symptome einer ernsthaften Erkrankung ein und ein Arzt diagnostizierte fortschreitende Tuberkulose. Verzweiflung befiel Yehan Numata, denn Tbc galt damals als lebensgefährlich. "Ich lebte in einem Land ohne Familie, Freunde und Geld" schrieb er in seinen Lebenserinnerungen. Ich stellte mir vor, dass wenn ich sterben würde, es niemand zur Kenntnis nehmen und mein Leichnam irgendwo auf freiem Feld liegen bleiben würde."

In dieser verzweifelten Situation fand er Trost in der Lehre des Buddhismus und in seinem religiösen Vorbild Shinran Shonin, dem Stifter des Shin-Buddhismus. Zum Abschied hatte ihm sein Vater ein Papier überreicht, auf dem die Worte "Namu Amida Butsu" (Verehrung dem Amida Buddha) standen. Vor diesem Mantra meditierte er täglich in seinem ärmlichen Kellerquartier. Und er gelobte, sollte er einmal zu Geld und Einfluß kommen, sich der Verbreitung des Buddhismus zu widmen. Zu seiner großen Überraschung besserte sich sein Gesundheitszustand und er konnte sein Studium fortsetzen und beenden.

1930 kehrte er in die Heimat zurück, doch fehlten ihm zunächst alle Mittel, um, wie er beabsichtigt hatte, eine eigene Firma zu gründen. Damals erschütterte eine schwere Weltwirtschaftskrise die ganze zivilisierte Gesellschaft. So nahm er eine Stelle im Finanzministerium an. Doch er hatte noch immer den Wunsch, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Freunde und Kollegen rieten ihm davon ab, den sicheren Arbeitsplatz als Staatsbeamter aufzugeben. Yehan Numata war überzeugt, seine Chance in der Herstellung von Geräten zu finden, die noch wenig erforscht und produziert wurden. Mit nur wenigen Mitarbeitern begann er 1934 in einer Scheune, die er zu einer Werkstatt umgebaut hatte, ein von ihm entwickeltes Mikrometer herzustellen, das allmählich zu einem Erfolg wurde. Bald konnte auch ins Ausland exportiert werden.

So gründete er 1938 die Mitutoyo AG., deren stellvertretender Direktor er wurde. Zahlreiche Zweigfirmen wurden im Ausland gegründet. Heute besitzt Mitutoyo vierzehn Fabriken von Asien über USA und Brasilien bis Europa. In der Firma herrscht ein vorbildlicher Geist der Zusammenarbeit. Für die Belegschaft wurden Arbeitsstätten in einer gesunden Umgebung geschaffen, wofür Mitutoyo den Umweltpreis der japanischen Regierung erhielt.

Nun konnte Yehan Numata endlich daran gehen, sein Versprechen in die Tat umzusetzen, das er einst in einer Zeit von Not und Verzweifelung gegeben hatte: die Förderung der buddhistischen Lehre. 1965 wurde Bukkyo Dendo Kyokai, die "Gesellschaft zur Förderung des Buddhismus" gegründet, die bald zahlreiche Aktivitäten entfaltete. Die Leistungen von Bukkyo Dendo Kyokai umfassen:

  • die Gründung des EKO-Tempels mit japanischem Garten, Teehaus. Bibliothek mit 17000 Bänden und einem Kindergarten in Düsseldorf-Oberkassel
  • die Errichtung eines Temepels in Washington, D.C
  • die Stiftung von Lehrkanzeln für buddhistische Philosophie an den bedeutendsten Universiäten der USA, Kanadas und Europas
  • die Gründung eines der besten Rundfunkchöre Japans
  • die Publikation des Buches DIE LEHRE BUDDHAS in 42 Weltsprachen mit der eindrucksvollen Auflage von über 5 Millionen Exemplaren!

Wie sagte doch einst ein buddhistischer Freund in Singapur, als ich meine Verwunderung zeigte, dass in einer kapitalistischen Hochburg wie der "Löwenstadt" junge Frauen und Männer in "business dress" in einem Tempel ihr Morgengebet verrichteten: "Es ist nichts Schlimmes daran, Geld zu verdienen, wenn man bereit ist, es auch für spirituelle Dinge auszugeben."

Yehan Numata, der am 5. Mai 1994 im hohen Alter von 97 Jahren starb, ist ein leuchtendes Beispiel für diese Geisteshaltung.

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Quelle:
Der Mittlere Weg - majjhima-patipada
44. Jahrgang, September - Dezember 2012/2556, Nr. 3, Seite 33-34
Herausgeber: Buddhistischer Bund Hannover e.V.
Drostestr. 8, 30161 Hannover,
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Internet: www.buddha-hannover.de
 
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. September 2012