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AFRIKA/027: Prioritäten für sudanesische Jugendliche und Frauen (ÖRK)


Ökumenischer Rat der Kirchen - Pressmitteilung vom 09.04.2008

Prioritäten für sudanesische Jugendliche und Frauen in einem vom Krieg zerrütteten Land


Sudanesische Jugendliche sprachen vor leitenden Kirchenverantwortlichen sehr offen darüber, welche Auswirkungen zwei Jahrzehnte des Krieges auf sie gehabt haben und was sie jetzt am meisten brauchen: Berufsausbildung, Arbeitsstellen und die Möglichkeit, die Zukunft ihres Landes mitzubestimmen. Sudanesische Frauen sprachen ihrerseits über die schwierige Lage, in der sie sich befinden und die sich durch den Krieg und kulturelle Muster noch verschärft hat.

Im Sudan werden junge Menschen "als passive Objekte und nicht als Subjekte der Gestaltung der Gesellschaft" behandelt, heißt es in einer Erklärung von etwa 30 jungen sudanesischen Christen und Christinnen, die in Juba, der Hauptstadt des Südsudan, an einer dreitägigen Konferenz von leitenden Kirchenverantwortlichen, Frauen und Jugendlichen teilgenommen haben. Die Konferenz bildete den Abschluss eines internationalen Solidaritätsbesuchs, den ein ökumenisches Team dem Land vom 26. März bis 2. April abgestattet hat.

Zwar komme den Jugendlichen nach Meinung der jungen sudanesischen Christen eine "zentrale Rolle" bei "Konfliktlösung, Friedensarbeit und nachhaltiger Entwicklung" zu, aber die Wirklichzeit sehe doch eher so aus, so die Erklärung, dass "Politiker, die ihre Ziele mit Hilfe von Kriegen und blutigen Konflikten durchsetzen wollen, viele von ihnen vereinnahmen" und sie zu "Opfern und Tätern" gleichermaßen machen.

Die Kultur des Krieges, eine hohe Analphabetenrate und weit verbreitete Armut, fehlende Beschäftigungs- und Ausbildungsmöglichkeiten sowie Stammeskonflikte und die Gefährdung durch HIV/AIDS gehören zu den Herausforderungen, vor denen sudanesische Jugendliche stehen.

Damit junge Menschen an der nationalen Integration mitwirken können, muss es Ausbildungszentren geben, in denen sie "Allgemeinbildung und Fachkenntnisse" erwerben und für Themen wir "HIV/AIDS, Konflikttransformation, Menschenrechte und Demokratie" sensibilisiert werden können. Die Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten für Jugendliche "sollte für Kirche und Regierung eine Priorität darstellen".

Die Kirchen haben die besondere Aufgabe, junge Menschen zu befähigen, einen Beitrag zur Umsetzung des umfassenden Friedensabkommens von 2005 zu leisten, sowie Heilung und Versöhnung zu fördern. Ferner müssen sie Fürsprachearbeit für die Rechte von HIV/AIDS-Infizierten leisten.

Ressourcen und Erfahrungen von Frauen

Auch die Frauen haben während des 21 Jahre andauernden Kriegs zwischen dem Nord- und Südsudan einen hohen Preis zahlen müssen, wie in dem Bericht nachzulesen ist, der von ca. 30 Frauen auf der Konferenz in Juba ausgearbeitet wurde.

Zu den Lasten, die sie tragen mussten, gehören auseinandergerissene Familien, geschlechtsspezifische Gewalt, Verlust des Ehemanns - und infolge steigender Witwenzahlen eine zunehmende Gefährdung der Frauen bis hin zu "Enteignung und Witwenvererbung", Zwangsverheiratung und zunehmender Polygamie. HIV/AIDS führte zu einer weiteren Stigmatisierung der Frauen.

In dem Bericht, der den sudanesischen Kirchenverantwortlichen vorgelegt wurde, wird unter anderem empfohlen, "Frauenrechte durch Aufklärungskampagnen über Geschlechterfragen und Ausbildung" zu stärken, "das Schweigen zu Sexualität und HIV/AIDS zu brechen", "in Erwachsenenbildung sowohl für Frauen als auch für Männer zu investieren" und "christliche Männer (Väter) zu verstärkter Teilhabe am Leben ihrer Familien zu ermutigen".

Die Kirche sollte "aufhören, in moralischen Fragen und Erwartungen mit zweierlei Maß zu messen, insbesondere wenn es um Frauen und Männer geht", erklärten die Frauen.

"Programme zu Versöhnung, Vergebung und Heilung" sollten auch weiterhin hoch oben auf der Prioritätenliste der Kirchen stehen, heißt es in dem Bericht der Frauen, und die Kirchen sollten die Frauen in die Durchführung dieser Programme einbeziehen, um ihre Ressourcen und Erfahrungen zu nutzen.

Der internationale ökumenische Solidaritätsbesuch wurde von der Gesamtafrikanischen Kirchenkonferenz (AACC) und dem Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) organisiert. Gastgeber war der Sudanesische Kirchenrat (SCC). Vier Teams von Kirchenvertretern/innen unter der Leitung von ÖRK-Generalsekretär Pfr. Dr. Samuel Kobia besuchten Khartum, Yambio, Rumbek und Darfur.


Der volle Bericht vom Jugend-Workshop in Juba steht als PDF-Datei (auf Englisch) zur Verfügung:
http://overcomingviolence.org/fileadmin/dov/files/living_letters/
sudan/sudan_LL_youth__report__final.pdf

Der volle Bericht vom Frauenseminar in Juba steht als PDF-Datei (auf Englisch) zur Verfügung:
http://overcomingviolence.org/fileadmin/dov/files/living_letters/
sudan/sudan_LL_Juba_Church_Women_report_02042008.pdf

ÖRK-Mitgliedskirchen im Sudan:
http://www.oikoumene.org/?id=4648

Der Ökumenische Rat der Kirchen fördert die Einheit der Christen im Glauben, Zeugnis und Dienst für eine gerechte und friedliche Welt. 1948 als ökumenische Gemeinschaft von Kirchen gegründet, gehören dem ÖRK heute mehr als 349 protestantische, orthodoxe, anglikanische und andere Kirchen an, die zusammen über 560 Millionen Christen in mehr als 110 Ländern repräsentieren. Es gibt eine enge Zusammenarbeit mit der römisch-katholischen Kirche. Der Generalsekretär des ÖRK ist Pfr. Dr. Samuel Kobia, von der Methodistischen Kirche in Kenia. Hauptsitz: Genf, Schweiz.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 9. April 2008
Herausgeber: Ökumenischer Rat der Kirchen (ÖRK)
150 rte de Ferney, Postfach 2100, 1211 Genf 2, Schweiz
E-Mail: ka@wcc-coe.org
Internet: www.wcc-coe.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. April 2008